Pflegewissenschaftlerin Prof Martina Hasseler
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Pflegemängel: Expertin beklagt strukturelles Problem

Die Pflegewissenschaftlerin Hasseler hat im Kontrovers-Interview über schwache Kontrollinstanzen und wehrlose Menschen in der Pflege ein systemisches und strukturelles Problem beklagt. BR-Recherchen haben Missstände in Seniorenheimen offengelegt.

Über dieses Thema berichtet: Kontrovers am .

Es sind gravierende Missstände in der Seniorenresidenz Schliersee, die BR-Recherchen vor knapp einem Jahr ans Licht brachten. Und nun folgt ein weiteres Heim desselben Trägers in Augsburg: vernachlässigte Menschen und falsche Medikamente. Sind dies krasse Einzelfälle oder sind sie auch Ausdruck eines fehlerhaften Pflegesystems? Zu den BR-Recherchen sagt Pflegewissenschaftlerin Martina Hasseler im Interview im BR-Politikmagazin Kontrovers: "Ich nehme an, dass es ein systemisches und strukturelles Problem ist, das wir dringend angehen müssen." Schließlich gehe es um Menschen, die abhängig seien und die sich selber nicht wehren könnten. "Ich nehme an, dass wir mehr solche Fälle haben, auch wenn diese nicht ganz so extrem sein müssen."

Schwache Kontrollinstanzen

Aus Sicht von Martina Hasseler, Professorin an der Ostfalia Hochschule in Wolfsburg, sind die Prüforgane nicht mit den richtigen Tools ausgestattet. Die gelernte Krankenschwester kennt auch die praktische Arbeit in der Pflege: "Die wahren Gründe für die schlechte pflegerische Versorgung, für die Prozesse, die dahinterstehen, die Personalmängel möglicherweise oder auch die fehlenden pflegerischen Konzepte, die sehen sie ja gar nicht richtig."

Der Medizinische Dienst im Auftrag der Pflegekassen, und die Heimaufsicht als behördliche Institution der Länder sollten bei der Prüfung zusammenwirken, um eine schlechte Pflege eigentlich zu verhindern, so Hasseler. Aber: "Sie sehen ja auch nur das, was dokumentiert ist und was sie in den ein oder zwei Tagen auch nur sehen." Sie hätten auch nicht die Instrumente, um sofort zu verhindern, dass ein Heim so weiterarbeitet wie bisher.

Kein gesellschaftliches Bewusstsein

Die Pflegeminister der Länder und auch die Bundesregierung müssten sich bewusst werden, dass es systemische und strukturelle Schwächen in der pflegerischen Versorgung gibt und dass eine gute pflegerische Versorgung unterfinanziert sei. Überdies: Die Pflegebedürftigkeit sei ein Thema, das man gern nach hinten schiebe und gerne auch nicht darüber diskutiere: "Wir haben kein gesellschaftliches Bewusstsein dafür, dass diese Vernachlässigung in den Pflegeheimen auch geschieht."

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