FSA 12.9.22 - Corona Altenpflege
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Wegen der noch immer in Pflegeheimen geltenden Corona-Einschränkungen regt sich Widerstand.

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Pflegeheimbetreiber fordern Ende der Masken- und Impfpflicht

In vielen Bereichen des Alltags gibt es kaum noch Coronamaßnahmen. Anders in Pflegeheimen: Dort gilt Maskenpflicht für Besucher und Mitarbeiter, Impfpflicht für Personal. Mehreren Würzburger Betreibern stößt das sauer auf. Sie stellen Forderungen.

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Die Betreiber mehrere Würzburger Pflegeheime fordern ein Ende der Maskenpflicht in ihren Einrichtungen. (Symbolbild)

Wie gefährlich das Coronavirus ist, zeigte sich an kaum einem Ort so deutlich wie in Senioren- und Pflegeheimen. Allein das Würzburger Seniorenheim St. Nikolaus zählte in der ersten Welle der Pandemie 25 Todesopfer. Doch die Situation sei inzwischen eine andere, bekräftigen die Betreiber mehrerer Würzburger Pflegeeinrichtungen. Im Verbund wenden sie sich nun an Bundes-, Landes- und Kommunalpolitiker. In einem Positionspapier fordern sie die Abschaffung der meisten Coronamaßnahmen in Pflegeheimen.

Pflegeheim-Netzwerk gegen Coronamaßnahmen

Das Schreiben liest sich eindringlich. Verfasst hat es das "Netzwerk Pflegeheime". Darin sind die Betreiber verschiedener Pflegeeinrichtungen im Raum Würzburg organisiert, darunter AWO, Caritas, Rotes Kreuz, Bürgerspital, Juliusspital, Diakonie und das Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg. Sie alle ärgern sich darüber, wie seitens der politischen Entscheidungsträger mit ihnen umgegangen wird. Neun Forderungen haben sie an Bund, Freistaat und Kommunalpolitik formuliert. Unter anderem: die Abschaffung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht, ein Ende der Testpflicht und der Maskenpflicht für Personal und Besucher.

Betreiber: Bewohner haben oft nur noch milde Symptome

"Es kann nicht sein, dass unsere Mitarbeiter immer noch agieren müssen wie vor zwei Jahren – und alle anderen in der Gesellschaft müssen sich nicht mehr daranhalten", sagt Ulrike Hahn, Bereichsleiterin Senioren und Reha bei der AWO Unterfranken. Die Coronaausbrüche im vergangenen halben Jahr seien deutlich milder verlaufen als damals – durch mehrfache Impfungen, durchlaufene Infektionen und neue Virusvarianten. "Wir merken, dass die überwiegende Anzahl der Bewohnerinnen und Bewohner nur noch leichten Schnupfen, leichten Husten und leichtes Fieber haben", sagt Eva von Viettinghoff-Scheel, Vorständin beim Kommunalunternehmen des Landkreises Würzburg.

Forderung: Abschaffung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht

Konkret fordern die Betreiber etwa, dass die Bewohner selbst entscheiden dürfen, ob sie nur von geimpften oder getesteten Personen besucht werden wollen. Auch die Maskenpflicht für Personal soll aus Sicht des Netzwerkes abgeschafft werden, mit Ausnahme etwa bei körpernahen Tätigkeiten.

Mit einer Reihe anderer Forderungen richtet sich das "Netzwerk Pflegeheime" gegen die Personalnot in der Branche. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht beispielsweise sorgte bereits bei ihrer Einführung für Kritik. Betreiber befürchteten mögliche Kündigungen. Die habe es vereinzelt auch gegeben, berichtet Georg Sperrle, Geschäftsführer für 14 Caritas Pflegeeinrichtungen in Unterfranken. Auch wenn bislang keiner ihrer ungeimpften Mitarbeiter ein Bußgeld erhielt, wie die Würzburger Betreiber sagen.

Außerdem will das Würzburger Bündnis, dass coronainfizierte Mitarbeiter ohne Symptome weiterhin arbeiten dürfen. Die notwendigen Schutzmaßnahmen sollte in solchen Fällen die jeweilige Pflegedienstleitung übernehmen, finden die Betreiber.

Ministerium will pflegebedürftige Personen schützen

Das Würzburger Gesundheitsamt wollte sich auf BR-Anfrage nicht zu den Forderungen äußern. Das Bayerische Gesundheitsministerium wiederum verweist auf den kürzlich vom Bund beschlossenen Gesetzesentwurf. Dieser soll ab dem 1. Oktober gelten. Bis Anfang April 2023 ordnet der Bund darin eine Masken- und Testpflicht in voll- und teilstationären Einrichtungen an.

Eine Ministeriumssprecherin in München hält fest: "Sowohl die Maskenpflicht als auch die einrichtungsbezogenen Testerfordernisse stellen effektive Infektionsschutzmaßnahmen dar, um besonders vulnerable Personengruppen zu schützen." Mit Blick auf eine mögliche neue Coronawelle im Herbst ist es aus Sicht des Ministerium erforderlich, "vulnerable Personen bestmöglich mithilfe bewährter Schutzmaßnahmen vor schweren Krankheitsverläufen und einer Verbreitung des Coronavirus zu schützen".

Bayern will keinen Booster-Nachweis fordern

Mit Blick auf die kürzlich verschärfte Pflege-Impfpflicht will Bayern jedoch einen Sonderweg gehen. Ab Oktober fordert der Bund einen Booster-Nachweis – oder den Nachweis einer durchgemachten Infektion und zwei Impfungen. Doch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kündigte am Wochenende an: Von den aktuell im Gesundheitswesen Beschäftigten will der Freistaat einen solchen Nachweis nicht verlangen.

Dem Würzburger "Netzwerk Pflegeheime" wiederum geht das nicht weit genug. Denn anders als das bisherige Personal, sollen neue Mitarbeiter den Nachweis ab 1. Oktober bringen müssen. Und schon jetzt zeige sich, etwa an der Zahl der Auszubildenden: Neues Personal ist in der Pflege schwer zu finden.

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