Gegen den in Kasachstan geborenen Deutschen sei bereits wegen Körperverletzung und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ermittelt worden, sagte Polizeivizepräsident Herbert Wenzl vom Präsidium Oberbayern Nord heute bei einer Pressekonferenz.
Opfer erlitt Schnittverletzungen
Die von ihm festgehaltene 31 Jahre alte Sachbearbeiterin musste wegen leichter Schnittverletzungen an Hals und rechter Handfläche ärztlich behandelt werden, die sich die Frau vermutlich bei einem Fluchtversuch zugezogen hatte. Ihre Befreiung erfolgte in einem günstigen Augenblick, als das Opfer von einem Arzt medizinisch versorgt wurde. Beim Zugriff des Sondereinsatzkommandos zur Geiselbefreiung in Pfaffenhofen kam nach Angaben des Einsatzleiters ein Elektroschockgerät – ein sogenannter Taser – zum Einsatz. Das erklärte der Einsatzleiter bei einer Pressekonferenz nach der erfolgreichen Geiselbefreiung.
Sorgerechtsstreit als Auslöser
Das Motiv des Geiselnehmers war demnach ein Streit ums Sorgerecht. Er forderte, dass seine anderthalb Jahre alte Tochter, die derzeit in der Obhut einer Pflegefamilie ist, zurück in die Obhut der Mutter kommt, sagte Polizeipräsident Günther Gietl. Der 28-jährige Täter habe zudem eine scharfe Waffe, Wasser und einen Arzt für seine Geisel gefordert.
Schuldfähigkeit muss geklärt werden
Der Mann soll morgen einem Haftrichter vorgeführt werden. Dieser soll die Schuldfähigkeit des 28-Jährigen prüfen. Der Mann habe psychische Probleme, so Oberstaatsanwalt Wolfram Herrle, udn befinde sich derzeit in einer "Betreuungssituation". Daher müsse noch entschieden werden, ob er in Haft kommt oder in eine Spezialklinik.
Herrmann wirbt für Taser
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte, der Einsatz eines Elektroschockgerätes bei der heutigen Geiselnahme habe "erneut unter Beweis gestellt, dass der Einsatz von 'Tasern' in bestimmten Situationen eine sehr sinnvolle Ergänzung zu den schon jetzt vorhandenen Einsatzmitteln der bayerischen Polizei ist."
Sicherheitsvorkehrungen sollen auf den Prüfstand
Nach der Geiselnahme will Herrmann zudem die Sicherheitskonzepte für Behörden erneut auf den Prüfstand stellen.
"Wir werden natürlich auch nach diesem Vorfall noch mal überprüfen, welche zusätzlichen Sicherungsmaßnahmen gegebenenfalls noch zu treffen sind." Joachim Herrmann (CSU), bayerischer Innenminister
Gleichzeitig betonte er, dass die Verwaltungen bürgernah bleiben sollten: "Wir können nicht hinter jedem Bürger einen potenziellen Täter sehen - dann würde davon nicht viel übrig bleiben."
Mehr Aggressivität in Ämtern
Der Präsident des Bayerischen Landkreistages, Christian Bernreiter, erklärte gegenüber dem Bayerischen Rundfunk, dass schon seit längerer Zeit mehr Aggressivität und Gewaltbereitschaft in Ämtern festzustellen sei. Auch das Verständnis für den Rechtsstaat sinke in vielen Fällen. So seien in Deutschland schon Mitarbeiter im Jobcenter getötet und ein Landrat erschossen worden. Auch das Verständnis für den Rechtsstaat sinke in vielen Fällen, so der Deggendorfer Landrat im BR-Interview.