Geflüchtete aus der Ukraine könnten als Fachkräfte in bayerischen Kitas eingesetzt werden. Bayerns Sozialministerin Ulrike Scharf (CSU) schlägt vor, schon bei der Registrierung ukrainischer Flüchtlinge deren berufliche Qualifikation abzufragen. Das sei kaum Mehraufwand, könne später aber sehr hilfreich sein. Denn die Personalsituation an bayerischen Kitas gilt seit Längerem als schwierig. Der Ukraine-Krieg verschärft das Problem noch.
Fachkräftemangel in Kitas: Geflüchtete sollen helfen
Laut Sozialministerin Scharf sind bislang rund 45.000 Kinder und Jugendliche (bis 21 Jahre) nach Bayern geflohen (Stand 25.04.22). Davon seien 11.000 Kinder unter sechs Jahre alt. "Langfristiges Ziel ist es, diese Kinder in den Regelbetrieb zu integrieren", betonte Scharf im Sozialausschuss des Landtags. Die Sozialministerin verwies dabei allerdings auf bereits vorhandene Probleme wie mangelnde Kapazitäten und die ohnehin schon extrem hohe Belastung des pädagogischen Personals in Kindertageseinrichtungen.
Abfrage der Qualifikation schon bei Registrierung
Um in der sowieso schon schwierigen Situation zusätzlich ukrainische Kinder betreuen zu können, sind nach Ansicht der Sozialministerin auch die geflüchteten Erwachsenen gefragt: "Wir werden die ukrainischen Mütter brauchen, um die Kinder zu betreuen." Dafür sei es hilfreich zu wissen, ob eine Geflüchtete eine Qualifikation in einem pädagogischen Bereich habe.
Scharf fordert: "Ansprüche an Kitapersonal überdenken"
Um mittel- und langfristig gegen den Fachkräftemangel in den Kitas anzukämpfen – auch im Hinblick auf den Ganztagsanspruch für Grundschulkinder ab dem Schuljahr 2025/2026 – müsse man zudem über Qualifikations-Standards bei Erzieherinnen und Erziehern diskutieren. Scharf kann sich vorstellen die Anforderungen an Fachkräfte herunterzuschrauben, um mehr Betreuungspersonal zu bekommen. Es gehe nun darum, "möglichst viel und möglichst unkompliziert Menschen zu gewinnen, die uns bei der Betreuung helfen". Die Folge daraus ist für Scharf daher eindeutig: "Wir müssen auch über den Anspruch an unsere Erzieher reden."
Laut Verdi fehlen 2.000 Erzieherinnen und Erzieher
Einer Umfrage unter Kita-Leitungen zufolge hat sich die personelle Situation in deutschen Kitas noch einmal drastisch verschärft. Demnach gaben 84 Prozent der Befragten an, dass sich der Personalmangel im vergangenen Jahr verschlechtert habe. Über die Hälfte der befragten Kita-Leitungen beklagte sogar, dass sie immer wieder in Personalunterdeckung arbeiten müssten. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi geht davon aus, dass in Bayern rund 2.000 Kita-Mitarbeitende in Vollzeit fehlen.
Neue Sozialministerin Scharf: Antrittsbesuch im Sozialausschuss
Das Personalproblem an den Kitas war eines der Hauptthemen bei Scharfs erstem Besuch als Sozialministerin im Sozialausschuss des Landtags. Die Ausschussvorsitzende, Doris Rauscher von der SPD-Fraktion, forderte Scharfs Ministerium auf, konkrete Zahlen zu den ukrainischen Kindern in Kitas vorzulegen. Angesichts der schwierigen Lage in den Kitas sei es für die Steuerung wichtig zu wissen, wie viele ukrainische Kinder bereits in Kitas untergebracht sind. Dem Ministerium ist diese Zahl nicht bekannt. Die Begründung: Der bürokratische Aufwand, diese Daten bei den Kommunen und Einrichtungen nachzufragen, sei zu hoch.
Ulrike Scharf ist seit 23. Februar dieses Jahres Sozialministerin. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte die frühere Umweltministerin bei einer Kabinettsumbildung zurück in den Ministerrat geholt. Scharf löste Carolina Trautner (ebenfalls CSU) ab. Am Donnerstag war Scharfs erster Auftritt als Ministerin im Sozialausschuss des Landtags. Sie stellte klar, dass der Krieg in der Ukraine und die Corona-Pandemie große Herausforderungen für die Gesellschaft sind, für die die Sozialpolitik Lösungen anbieten müsse. Die sozialen Themen seien ihr in kurzer Zeit ans Herz gewachsen. Sie versprach, sich ehrgeizige Ziele zu stecken. Schließlich gebe es auch viel zu tun.
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