Der Passauer Bischof Stefan Oster hat für eine offene Diskussion über das Priesterzölibat in der katholischen Kirche plädiert. Bei der Abstimmung über die Lockerung des Zölibats auf der Synodalversammlung in Frankfurt, bei der eine Mehrheit dafür plädiert hatte, Papst Franziskus um eine Überprüfung dieser Vorschrift zu bitten, habe er sich enthalten. "Es ist die Lebensform Jesu", sagte Oster jetzt in einem Interview der "Passauer Neuen Presse", das am Wochenende erschienen ist. "Aber wenn es in unserer Gesellschaft zu viele gibt, die daran scheitern und die Beispiele derer, die es gelingend und erfüllt leben können, weniger werden, dann müssen wir nachdenken."
Umfeld der Pfarrer hat sich geändert
Oster, der betonte, dass er selbst große Wertschätzung für das Zölibat habe, wies im Interview auch auf das geänderte Umfeld für Pfarrer hin. Vor 40 Jahren habe ein Pfarrer im Durchschnitt eine Pfarrei mit einem Kaplan und einer Haushälterin gehabt und "in einer Gemeinschaft gelebt, die seine Lebensform mitgetragen und unterstützt hat", so der Bischof. Und damals habe es auch nicht "den technologischen Fortschritt mit allem, was an Internet-Versuchungen ins Haus kommt" gegeben. Heute dagegen habe "mancher Pfarrer fünf Pfarreien, keine Haushälterin und Kaplan mehr, aber die ganze technologische Revolution. Und die Gemeinde findet oft alle Lebensformen angemessen, nur seine irgendwie komisch."
Das Zölibat sei nicht konstitutiv für die Priesterweihe, so Oster weiter. Es gebe evangelische Pfarrer, die katholisch wurden und "bei uns dann zum Priester geweiht wurden. Die bleiben natürlich verheiratet." Auch in den mit Rom verbundenen Ostkirchen gebe es verheiratete Priester.
Kritischer Blick auf Diakonweihe für Frauen
Beim Thema Diakonweihe für Frauen sieht der Passauer Bischof den Vatikan am Zug. Sollte sich der Papst dafür entscheiden, würden aber wahrscheinlich Diskriminierungsvorwürfe im Hinblick auf die Priester- und Bischofsweihe noch stärker. Der Hintergrund: Bisher habe man immer gesagt, dass der Ordo - also die Weihe in den drei sakramentalen Stufen Diakon, Priester, Bischof - berufenen Männern vorbehalten sei. Wenn nun das Diakonat, also die niedrigste Stufe, geöffnet, könnte es heißen: "Wo es wirklich um Macht geht, das behalten sie sich vor."
Annäherung in Synodalversammlung
Insgesamt zog Oster im "PNP"-Interview ein "gemischtes" Fazit der Synodalversammlung. Aber man habe in den vergangenen Jahren so etwas wie eine Annäherung auf persönlicher Ebene erlebt. Die Auseinandersetzung sei nicht mehr so angespannt gewesen wie zu Beginn. Auch seien die Dinge, die beschlossen worden seien, "in Teilen überaus vernünftig." Das gelte für das Thema der Aufarbeitung des Missbrauchs in der Kirche: "Ich glaube, dass da ein großes Bewusstsein geschaffen worden ist, dass betroffene Menschen sich auch wahrgenommen, gehört fühlen."
Mit Informationen von dpa
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