Die International Osteopathic Association (IOA) hat den 22. Juni als Welttag der Osteopathie ausgerufen. Am 22. Juni 1874 begründete der US-amerikanische Arzt Andrew Taylor Still die Osteopathie als Heilmethode. In den letzten knapp 150 Jahren wurde sie stetig weiterentwickelt, gilt heute als eigenständiger Ansatz und ganzheitliches Konzept. Weltweit gibt es mittlerweile 150.000 Osteopathen und osteopathisch arbeitende Ärzte.
In Deutschland praktizieren heute rund 10.000 Osteopathen. Doch obwohl im Land sogar schon mehr als 100 Krankenversicherungen die Behandlung zumindest teilweise bezahlen, kämpfen Osteopathen hierzulande auch 20 Jahre nach der Gründung ihres Bundesverbands noch immer für eine staatliche Zulassung.
Bundesverband kämpft seit seiner Gründung für Berufsgesetz
Georg Schöner ist der Vorsitzende des Bundesverbands Osteopathie und hat diesen im Jahr 2015 von Neutraubling ins oberfränkische Bad Alexandersbad verlegt. Der Verband verfolgt ein Ziel: ein Berufsgesetz. Damit hätte der Beruf die staatliche Anerkennung. Doch dafür müsste sich der Bundestag mit dem Thema befassen. Georg Schöner hofft, dass eine Anerkennung des Berufs noch bis zum Ende der Legislaturperiode erreicht wird. Denn bislang ist der Begriff "Osteopath" nicht geschützt – theoretisch kann sich jeder so nennen, auch wenn er keine fundierte Ausbildung hat.
"Es ist unser ganz großes Argument und Ziel, den Patientinnen und Patienten eine Rechtssicherheit zu geben – wo Osteopath oder Osteopathin draufsteht, auch das drin ist, weil es leider noch viele schwarze Schafe gibt, die ausbilden, die arbeiten, ohne eine ausreichende Ausbildung zu haben." Georg Schöner, Vorsitzender Bundesverband Osteopathie
Ziel des Bundesverbands: Eine einheitliche, gründliche Ausbildung
In der Freien Akademie für Osteopathie, die an den Bundesverband angegliedert ist, werden jedes Jahr rund 1.500 Therapeutinnen und Therapeuten aus ganz Deutschland weitergebildet. Mitglied im Verband darf nur werden, wer mindestens 1.350 Stunden Ausbildung in der Osteopathie nachweisen kann. Nur so könne sichergestellt werden, dass der behandelnde Osteopath eine fundierte Ausbildung genossen hat und wirklich weiß, was er tut, wenn er einen Patienten behandelt. Die meisten, die sich an der Akademie weiterbilden, haben bereits mehrjährige Berufserfahrung als Physiotherapeut oder Heilpraktiker.
Den Körper als Ganzes begreifen
Alles im menschlichen Körper hängt miteinander zusammen, so die Lehre der Osteopathie. Gibt es Schmerzen, muss das Gleichgewicht im Körper gestört sein. Osteopathinnen und Osteopathen wollen herausfinden, wo solche Blockaden sitzen und sie mit leichtem Impuls ihrer Hände lösen.
Oft sitzt die Wurzel des Übels nicht dort, wo es wehtut
Seit mehr als zwei Jahren leidet Daniela S. aus Wunsiedel unter starken Schmerzen in der linken Schulter, kann ihren Arm kaum noch heben. Weder Hausärzte noch Orthopäden konnten helfen. Die Beschwerden wurden so massiv, dass sogar eine Operation drohte. Doch dann suchte die 46-jährige Hilfe in der Praxis von Georg Schöner, der neben seiner Tätigkeit als Vorsitzender des Bundesverbands auch selbst als Osteopath arbeitet.
"Das Grundübel saß in einer Beckenschiefstellung. Das heißt: das rechte Becken war höher eingestellt als das linke Becken. Das wurde einfach durch eine Schonhaltung ausgelöst, wahrscheinlich in den Jugendjahren durch einen Sturz bedingt und da reicht dann ein Millimeter Verschiebung des Beckens aus, um über zehn bis 20 Jahre hinweg eine Fehlstellung an der Schulter auszulösen." Georg Schöner, Osteopath
Schon nach der ersten Behandlung bei Georg Schöner berichtet die Patientin von einer deutlichen Verbesserung. Die Schmerzen klingen ab, sie kann den Arm wieder besser bewegen.
Auch bei Kindern kann Osteopathie helfen
Ein Schwerpunkt der Ausbildung in Bad Alexandersbad ist die Behandlung von Kindern. Im osteopathischen Kinderzentrum werden schwerkranke Jungen und Mädchen wie Jasmin behandelt. Die Neunjährige kam unter anderem mit etwa einem Dutzend überzähliger Rückenwirbel zur Welt. Die Kinderärzte machten Jasmins Mutter Beate Bauer wenig Hoffnung.
"Man hat mir gesagt, sie wird nicht selbstständig atmen, sie wird nie selbstständig schlucken. Man hat mir erklärt, wir werden in absehbarer Zeit ein Sauerstoffgerät brauchen. Und das brauchen wir bis heute nicht. Also, als wir diese Klinik verlassen haben, waren wir sehr am Boden zerstört und wussten auch nicht, wie es weitergehen sollte." Beate Bauer, Mutter
Von klein auf wurde Jasmin immer wieder auch osteopathisch behandelt. Trotz ihres massiven Rückenleidens kann sich die Neunjährige erstaunlich gut bewegen und springt vor ihrer Therapeutin Eva Werner auf und ab. Weil sie mitten im Wachstum steckt, hat Jasmin immer wieder Schmerzen. Eva Werner versucht in den einzelnen Sitzungen, mit leichten Bewegungen Blockaden zu lösen, Gelenke und Muskulatur des Mädchens geschmeidig zu halten.
"Wir schauen bei jeder Behandlung, was gerade ansteht. Jasmin wächst, sie wird größer. Ich spüre genau, an welcher Stelle ist gerade ein bisschen mehr Spannung. Ist es muskulär, ist es von den Gelenken her. Sie teilt uns mit, was gerade wehtut, auch wo es wehtut. Wir schauen es uns an, wir fühlen rein und behandeln dann die Struktur, die wir gefunden haben." Eva Werner, Osteopathin
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Osteopathie als Begleit-Therapie bei vielen Leiden
Auch Kindern, die an Krebs, Trisomie 21, neurologischen oder autistischen Störungen leiden, könne eine osteopathische Begleit-Therapie Linderung verschaffen, so Georg Schöner, der Vorsitzende des Bundesverbands Osteopathie. Er setzt sich weiterhin dafür ein, in Deutschland ein Berufsgesetz für Osteopathie auf den Weg zu bringen.
Weitere Infos zu den Anwendungsmöglichkeiten und Ansprechpartnern finden Interessierte auf der Website des Bundesverbands Osteopathie.
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