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Leihfahrräder der Firma Obike liegen an der Theresienwiese in München am Boden.

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Obike-Rückzug reißt Lücke in Münchens Leihräderangebot

Die Firma Obike aus Singapur will ab 4. April den Großteil ihrer gelben Leihräder in München abziehen. Für die meisten Münchner wohl kein allzu großer Verlust. Trotzdem schrumpft nun das Leihräderangebot in der Stadt empfindlich. Von Steffi Wagner

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Ob Marienplatz, Stachus, Hauptbahnhof – an allen öffentlichen Plätzen sahen die Münchner im vergangenen August quasi über Nacht plötzlich gelb – und ärgerten sich:

"Unglaublich, wie dieses Unternehmen uns total aggressiv mit diesen Fahrrädern überschüttet hat. – Ich kenne niemanden, der damit fährt, die stehen nur rum, verrosten. Und ich glaube, qualitativ sind die auch nicht so hochwertig." Zwei Münchnerinnen

Viele demolierte Räder

Offenbar konnten sich viele Münchner nie so recht mit den gelben Drahteseln anfreunden. Manche störten sich zuletzt so sehr daran, dass sie handgreiflich wurden: Über die Wintermonate landeten viele Räder in der Isar, hingen an Bäumen, manch einer zerschnitt die Bremskabel oder das Polster des Sattels.

Obike, ein Unternehmen aus Singapur, spricht von Vandalismus und reagiert nun auf die Anfeindungen – mit der Entscheidung zum Rückzug. Eine Sprecherin in Berlin versichert, der Schritt habe rein wirtschaftliche Gründe. Die steigende Zahl kaputter Räder würde schlicht das Budget für die Reparatur sprengen.

Bis Ende April will die Firma rund 6.000 Räder in München einsammeln und zwischenlagern, bis klar sei, auf welche Städte diese umverteilt werden. Knapp 1.000 gelbe Räder bleiben in München.

Radbeauftragter: längst überfälliger Schritt

Bei der Stadt ist man vom Rückzug von Obike nicht unbedingt überrascht. Die Reduzierung sei ein längst überfälliger Schritt, sagt Florian Paul, der Beauftragte für den Radverkehr:

"Das System hatte einfach einen wahnsinnig schlechten Ruf innerhalb kürzester Zeit, wofür das Unternehmen auch einigen Vorschub geleistet hat. Insofern ist es ganz gut, dass die Flotte jetzt reduziert wird. Obike zieht sich ja nicht ganz zurück." Florian Paul, Beauftragte der Stadt München für den Radverkehr

Paul sieht keine Kampagne gegen Obike vonseiten der Mitbewerber. Das Negativimage habe sich vor allem über sozialen Medien verbreitet.

BR deckte Probleme mit dem Datenschutz auf

Auch in Sachen Datenschutz standen die Asiaten immer wieder in der Kritik. Recherchen des Bayerischen Rundfunks hatten ergeben, dass mit sensiblen Daten der Kunden fahrlässig umgegangen wurde. Im Netz konnten Nutzerdaten frei eingesehen werden: Die Daten waren weder verschlüsselt noch anderweitig geschützt. Sogar exakte Bewegungsdaten von Fahrten mit den Leihrädern lagen nach BR-Informationen offen. Das Datenleck ist mittlerweile behoben, der schlechte Ruf blieb.

Da half es wohl wenig, dass das Unternehmen eine Charme-Offensive startete: Ein schnelleres Einsammeln der Räder und verbesserter Service sollten die Münchner mit den gelben Rädern versöhnen.

Stadt schafft gestecktes Ziel nicht

Trotz aller Kritik schmerzt der Rückzug die Stadtverwaltung doch auch. Denn München hatte sich das Ziel gesteckt, dass bis zum Jahresende 12.000 Leihräder in der Stadt bereitstehen. Ohne Obike bleibt es mit den Rädern von MVG und Deutscher Bahn wohl vorerst bei gut der Hälfte.