Oberbayern vor der Bundestgaswahl
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Oberbayern vor der Bundestagswahl

Die Bundestagswahl am 26. September läutet eine neue Ära ein. Wie stellt sich Deutschland politisch "nach Merkel" auf? Wir sagen Ihnen, welche Themen und welche Kandidaten in Oberbayern eine besondere Rolle rund um die Wahl spielen.

Welche oberbayerischen Themen spielen in diesem Wahlkampf eine Rolle, welche Kandidatinnen und Kandidaten sollten Sie auf dem Schirm haben? Unsere oberbayerischen Korrespondentinnen und Korrespondenten haben alles Wichtige aus ihren Regionen zusammengetragen. Ein Überblick.

Bundestagswahl-Thema: Der Wolf

Ein Thema, an das man nicht sofort denkt, wenn es um die Bundestagswahl geht. Aber eines, das die Rosenheimer und Traunsteiner beschäftigt - und vermutlich sogar den ganzen bayerischen Alpenraum. Denn: Der Wolf steht unter strengem Schutz, für die Bauern passt er aber so gar nicht in die bäuerliche Kulturlandschaft und sie fordern „Wolfsfreie Gebiete", was einem de facto Abschuss gleichkäme. Eine Diskussion, die sowohl von Seiten der Bauern, als auch der Naturschützer hochemotional geführt wird.

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und ihr Koalitionspartner Hubert Aiwanger waren sich Anfang August auf einer Alm-Begehung in Unterwössen einig, dass die Bergweide Vorrang vor der Wolfsansiedlung hat. Sie fordern sogar eine Rückstufung des Schutzstatus des Wolfs auf EU-Ebene.

Eine Haltung, die den Grünen, Naturschützern und anderen Interessensgruppen, darunter auch Almbauer und Schäfer, zu extrem erscheint. Grüne und SPD hingegen plädieren für besseres und schnelleres Wolfsmanagement und höhere Förderung der Bauern anstelle "Wolfsfreier Zonen".

Vorbild dafür ist der Opposition die Schweiz, wo die öffentliche Hand unter anderem Schutzhunde für die Bergbauern bezuschusst. Die Grünen-Landtagsabgeordnete Gisela Sengl, die auch vor Ort war, fordert „echte Wolfsmanager“, die den Bauern nach Wolfsrissen schnell und unbürokratisch helfen.

Der Brenner Nordzulauf

Ein großes Thema im Landkreis Rosenheim ist der Brenner Nordzulauf. Dieses Mega-Verkehrs- und Bauprojekt beschäftigt die Region seit Jahren. Die betroffenen Gemeinden und Bürgerinitiativen im Inntal wehren sich vehement gegen die Auswirkungen der Bahntrasse, auf der in Zukunft sowohl der Personenverkehr, als auch besonders der Güterverkehr durch das bayerische und Tiroler Inntal und schließlich durch den Brenner-Basistunnel Richtung Italien und Mittelmeer laufen soll. Als Alpentransversale hat der Brenner-Basistunnel – und damit auch seine Zulaufstrecken – eine große Bedeutung für den Warenverkehr in Europa.

Seit diesem Frühjahr steht die endgültige Planungstrasse durch das Inntal fest. Der am 26. September zu wählende Bundestag wird über den Bau des Brenner-Nordzulaufs endgültig entscheiden müssen. Entsprechende Bedeutung hat für die Region Rosenheim die Bundestagswahl.

Der Fliegerhorst Penzing und die Fuchstalbahn

In Landsberg ist ein bundespolitisch relevantes Thema der Fliegerhorst Penzing mit einer möglichen Nachnutzungen. Auch die mögliche Reaktivierung der Fuchstalbahn könnte eine Rolle spielen. Eine Bürgerinitiative, aber auch anliegende Gemeinden, kämpfen seit Jahren für die Reaktivierung der Fuchstalbahn, auf der zur Zeit ausschließlich Güterverkehr läuft. Um den Personenverkehr wieder aufnehmen zu können muss vor allem in die Schienen und Brücken investiert werden. Haupthindernis einer Reaktivierung war bisher – neben den hohen Kosten - die angeblich zu geringe Anzahl der möglichen Passagiere.

Flutpolder an der Donau

Der geplante Polder bei Bertoldsheim, der zum Teil im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen liegen soll (der andere Teil liegt im schwäbischen Landkreis Donau-Ries), ist sehr umstritten. Eigentlich ist der Bau der Flutpolder eine Sache der bayerischen Landespolitik, doch spielt er natürlich vor dem Hintergrund der Klimaveränderung und der Flutkatastrophe in Westdeutschland auch im Bundestagswahlkampf eine Rolle.

E-Mobilität und Digitalisierung der Wirtschaft

In Oberbayern steht insbesondere Ingolstadt mit Audi und vielen Zulieferbetrieben ganz im Zeichen der Autoindustrie. Die Automobilwirtschaft steht in dieser Region deshalb auch im Fokus der Bundestagswahl. Hier spielt unter anderem die E-Mobilität eine große Rolle – für Audi, aber auch für die hier ansässigen Zulieferfirmen. Welche Entscheidungen werden auf bundespolitischer Ebene in Sachen E-Mobilität getroffen, welche Auswirkungen haben sie für Audi und vor allem für den Audi-Standort Ingolstadt?

Daneben ist auch die Digitalisierung der Wirtschaft ein wichtiges, wirtschaftspolitisches Thema im Raum Ingolstadt. Besonders die Gewerkschaften, allen voran die IG-Metall, beschäftigt das Thema, wie die Digitalisierung die Anzahl und die Qualität der Arbeitsplätze in der Automobilindustrie - aber nicht nur dort - beeinflussen wird.

Frustrierte Landwirte: wenig Anerkennung, hohe Anforderungen

Viele Landwirte im Wahlkreis Traunstein sind frustriert über die Außenwahrnehmung: Traunsteins Kreisobmann Sebastian Siglreithmayer sagte in einer Diskussionsrunde im Sommer 2021, die Öffentlichkeit habe über den „potenziellen Umweltverschmutzer Landwirtschaft“ eine vorgefasste Meinung. Dabei gingen lediglich sieben Prozent des CO2-Ausstosses auf das Konto der Landwirtschaft. „Aber wir sind scheinbar an allem Schuld“, stellte er frustriert die Stimmung in der Landwirtschaft fest.

Landwirte sorgen sich um ihre Zukunft, vor allem die Zukunft der Neben-Erwerbs-Landwirte, da große Discounter wie Aldi und Lidl bis 2030 nur mehr Fleisch der Haltungsstfufe 3 anbieten. Außerdem fürchten sie hohe Investitions-Kosten (drei bis vier Milliarden Euro) für den Neubau von Ställen, um strengere Tierwohl-Vorgaben zu erfüllen, der Verbraucher sei aber an der Theke nicht bereit für das Tierwohl höhere Preise zu zahlen.

Im Wahlkreis Traunstein / Berchtesgadener Land gibt es gut 4.000 landwirtschaftliche Betriebe unterschiedlichster Größe. Damit betreut das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Traunstein nach eigenen Angaben die meisten aktiven Landwirte aller bayerischer ÄELF.

Wohnungsnot in München

München ist die was Mieten und Eigentumswohnungen betrifft, teuerste Stadt Deutschlands. Um die Wohnungsnot zu lindern, werden unter anderem die letzten Reste freien Baulands an den ländlich geprägten Rändern des Stadtgebiets verplant. Doch die Ausweitung des urbanen Raums ruft Konflikte in den ländlichen Randgebieten, wie Feldmoching, Daglfing oder Johanneskirchen hervor. Zusätzlich steht immer wieder die Frage im Raum, wie sich Münchnerinnen und Münchner mit kleinem Geldbeutel die immer teurer werdende Stadt überhaupt noch leisten können. An erster Stelle werden hier oft Pflegekräfte genannt.

Diese Kandidaten sollten Sie kennen:

Im Wahlkreis Traunstein / Berchtesgadener Land steht ein "alter Hase" für die CSU zu Wiederwahl: Peter Ramsauer. Der 67 -jährige, ehemalige Bundesverkehrsminister aus Traunwalchen bei Traunreut sitzt seit 1990 für die Bürger in der Region im Bundestag. Peter Ramsauer hat bei der Bundestagswahl 2017 eines der besten Zweitstimmenergebnisse für die CSU geholt. Der Wahlkreis wird somit wahrscheinlich auch bei der kommenden Wahl eine wichtige CSU-Hochburg in Bayern bleiben. Auch die SPD schickt eine erfahrene Politikerin ins Rennen: die 53-jährige Bärbel Kofler aus Freilassing. Seit 2016 ist sie die Beauftragte der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe. Die Informatikerin und Sprachwissenschaftlerin (Russisch und Spanisch) ist seit 2004 im Bundestag. Bärbel Kofler ist bisher stets über die Landesliste Bayern in den Bundestag eingezogen. Eine neue, schillernde Personalie taucht bei den Freien Wählern auf: Andrea Wittmann aus Truchtlaching. Die 48-jährige studierte Kirchenmusik am Mozarteum in Salzburg, ist Touristikfachwirtin, Biersommelière und Weltmeisterin im „Dauerjodeln“. Sie ist neu in der Politik und möchte sich im Bundestag u.a. für die regionale Wertschöpfung und bäuerliche Landwirtschaft einsetzen. Den jüngsten Kandidaten stellt im Wahlkreis 225 die FDP: Patrick Weiß ist 25 Jahre alt, am Waginger See aufgewachsen. Der Volkswirt will den Schwerpunkt auf ein Aufstiegsversprechen für Jedermann legen. Außerdem: Ein Digitalministerium, in dem zentral alle digitalen Aufgaben zusammengefasst werden, sei notwendig. Hierzu gehöre auch, endlich digitale Behördengänge zu ermöglichen.

Im bayerischen Oberland kommt an dem CSU-Politiker Alexander Dobrindt keiner vorbei. In den Landkreisen Garmisch-Partenkirchen und Weilheim konzentriert sich das Interesse deshalb auf Berlin – in welcher Konstellation wird weiter regiert, und welche Rolle würde Dobrindt in einem künftigen Kabinett einnehmen. In der Region hat Dobrindt bei vielen Wählern hohes Ansehen, weil ihm die Umsetzung vieler Verkehrsprojekte in der Region zu Gute gehalten wird. Zum Beispiel die Tunnel im Loisachtal (Kramertunnel und Tunnel-Oberau) die beide gerade für viele hundert Millionen Euro gebaut werden und zur Verkehrsentlastung des Loisachtales beitragen sollen. Und in Garmisch-Partenkirchen hofft man, dass vielleicht auch noch der ausstehende Wanktunnel (Ortsumgehung von GAP Richtung Mittenwald-Zirler Berg-Innsbruck-Brenner) Realität werden könnte.

Für Ingolstadt sitzt seit drei Wahlperioden der CSU-Politiker Reinhard Brandl per Direktticket im Bundestag. Der 43-jährigen aus dem Landkreis Eichstätt gilt auch jetzt als klarer Favorit. Für DIE LINKE will Roland Meier diesmal die Fünf-Prozent-Hürde überspringen. Bei der vergangenen Bundestagswahl war der 56 Jahre alte gebürtige Ingolstädter mit Ingenieurs-Diplom schon nahe dran.

Für Altötting und Mühldorf hat die CSU Stephan Mayer nominiert. Er ist bereits seit 2002 Mitglied des Deutschen Bundestages und seit dem Jahr 2018 Parlamentarischer Staatsekretär beim Bundesminister des Inneren, für Bau und Heimat. Zu seinen Projekten zählte unter anderem die Fertigstellung der A94 in Richtung München. Weiter soll bis 2030 der zweigleisige Bahnausbau plus Elektrifizierung stattfinden, heißt es von Seiten des Ministeriums. Mayer will zudem die Ortsumgehungen Garching und Reischach fördern und sich für Lärmschutz einsetzen. Die Grünen schicken für Altötting/Mühldorf einen besonders jungen Kandidaten ins Rennen: den 24-jährige Politikwissenschaftler und gebürtige Waldkraiburger Christoph Arz. Er setzt vor allem auf Baum-und Waldschutz, Jugendpolitik und ökologisch-nachhaltige Verkehrsinfrastruktur. Als weiteren Punkt nennt der 24-Jährige eine gerechte Gesellschaft und die Verteilung der Macht zur Hälfte an die Frauen.

In Rosenheim haben die Freien Wähler den ehemaligen Kreishandwerker Gerhard Schloots nominiert. Er könnte in der vom Mittelstand geprägten Region Rosenheim viele Stimmen für sich gewinnen. Die AfD schickt Andreas Kohlberger ins Rennen - der Wahlkreis Rosenheim gilt mit als regionale Hochburg der Partei. Bei der Bundestagswahl 2017 gab es in manchen Kolbermoorer Stadtteilen über 20 Prozent Zustimmung für die AfD. Es wird spannend, ob die Zustimmung vier Jahre später ähnlich hoch ausfällt.

In München wird es spannend, ob die Grünen, ähnliche wie bei der Landtagswahl 2018 punkten können: 2018 eroberten die Grünen zum ersten Mal in ihrer Geschichte fünf der neun Stimmkreise, die bei Landtagswahlen in München existieren, und zogen mit ihren fünf Direktkandidaten in den Bayerischen Landtag ein. Ob sich dieser Erfolg für die Grünen bei der Bundestagswahl wiederholt, entscheiden die Wähler.

Im Münchner Osten kandidiert mit Vaniessa Rashid für die Grünen eine der wenigen Frauen mit Migrationshintergrund in aussichtsreicher Position. Auf einem gut abgesicherten Listenplatz tritt dazu, ebenfalls im Münchner Osten noch Margarete Bause an. Der langjährigen Grünen-Landtagsabgeordneten gelang 2017 überraschend der Sprung in den Bundestag. Inwiefern es den Grünen tatsächlich gelingt, dem CSU-Bundestagsabgeordneten Wolfgang Stefinger das Direktmandat für den Münchner Osten abzunehmen, bleibt abzuwarten. Stefinger lieferte der Münchner CSU bei der Bundestagswahl 2017 das beste Erststimmenergebnis. Für die Bundestagswahl 2021 verzichtete der CSU-Direktkandidat sogar auf die Absicherung durch einen guten Listenplatz und bat seine Partei, diesen einer weiblichen Kandidatin zur Verfügung zu stellen. Für die SPD tritt hier Claudia Tausend an. Sie ist seit 2013 über die Landesliste im Bundestag.

Der Wahlkreis München-Nord ist traditionell der am härtesten umkämpfte Wahlkreis in München. Wenn die SPD in den vergangenen Jahren Chancen hatte gegen die CSU in Bayern zu gewinnen, dann dort. Florian Post (SPD) arbeitet seit 2013 über die Landesliste im Bundestag. Nun tritt er als Direktkandidat an gegen Bernhard Loos (CSU), der den Wahlkreis seit 2017 vertritt. Über die jeweiligen Landeslisten sind aus diesem Wahlkreis bisher auch Daniel Föst (FDP) und Petr Byston (AfD) im Bundestag vertreten.

Der Münchner Süden ist der kleinste der vier Wahlkreise, gemessen an der Zahl der Wahlberechtigten. Villen und ehemalige Arbeiterviertel reichen sich hier quasi die Hand. Seit 1976 ging München Süd immer an die CSU, mit einer Ausnahme 1998. Da gewann Christoph Moosbauer. Von 2002 an war München-Süd der Wahlkreis von Peter Gauweiler. 2015 gab dieser das Direktmandat aus Ärger über seine Partei zurück. Daraufhin war das Mandat für zwei Jahre verwaist. Das Rennen ist derzeit offen. Bisher wird der Wahlkreis von der CSU vertreten - von Michael Kuffer. Die größten Chancen gegen ihn dürften Sebastian Roloff (SPD) oder Jamila Schäfer (Die Grünen) haben.

Beim Wahlkreis München West/Mitte handelt sich um den größten der vier Münchner Wahlkreise. Eigentlich war es hier spannend, weil es nach einem Duell zwischen dem Grünen Janecek und Amtsinhaber Pilsinger (CSU) aussah. Nun könnte aber auch Seja Knorr-Köning (SPD) Chancen haben.

Die Bundestagswahl 2021 in Bayerns Regionen

  • Mittelfranken vor der Bundestagswahl
  • Oberfranken vor der Bundestagswahl
  • Unterfranken vor der Bundestagswahl
  • Niederbayern vor der Bundestagswahl
  • Oberpfalz vor der Bundestagswahl
  • Schwaben vor der Bundestagswahl

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