Menschen in Tracht sitzen am 19. September 2020 auf der Theresienwiese unterhalb der Bavaria. Ein Polizist trägt Mundschutz.
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O'zapft is: So lief der erste "Koa-Wiesn"-Samstag

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O'zapft is: So lief der erste "Koa-Wiesn"-Samstag

Ein Wiesn-Samstag ohne Oktoberfest. Doch angezapft wurde trotzdem - wenn auch nicht auf der Theresienwiese. Angesichts steigender Coronazahlen ist die "Wirtshaus-Wiesn" umstritten, Gastwirte betonen, dass die Corona-Regeln streng eingehalten würden.

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Ein herrlicher Spätsommertag, Menschen im Dirndl und in der Lederhose, Blasmusik in den Biergärten: Manches war heute in der Münchner Innenstadt wie immer am ersten Wiesn-Samstag.

Auf der Theresienwiese bot sich hingegen ein ganz anderes, ungewohntes Bild: Keine Festzelte, keine Fahrgeschäfte, und vor allem: keine Menschenmassen. Gegen Mittag, als eigentlich der traditionelle Anstich hätte sein sollen, befanden sich rund 250 Menschen auf dem Wiesngelände, so eine Schätzung der Polizei.

Testzelt statt Festzelt

Um wilde Wiesn-Ersatzfeiern mit hohem Infektionsrisiko zu verhindern, hatte die Stadt München ein Alkoholverbot auf der Theresienwiese verhängt. Es gilt seit 9 Uhr. Polizeibeamte überwachten das Alkoholverbot mit Dutzenden Kräften, doch zu Zwischenfällen sei es nicht gekommen.

Nebenan ließen sich auch heute Menschen auf das Coronavirus testen. Auf dem Wiesngelände steht heuer zwar kein Festzelt, dafür ein Testzelt. "Koa Wiesn" 2020.

"Wirtshaus-Wiesn" soll für Oktoberfeststimmung sorgen

Fleißig angestoßen wurde hingegen in der Innenstadt bei der sogenannten "Wirtshaus-Wiesn": Münchens ehemaliger Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) hat im Bahnhofsviertel ein 20-Liter-Fass angezapft - mit zwei Schlägen. Ex-Wiesn Chef Josef Schmid stach im Augustiner am Platzl das erste Fass Bier an und Wiesn-Wirt Peter Inselkammer vom Ambrüstenschützenzelt im Ayinger am Platzl.

Mit der "Wirthaus-Wiesn" wollen Wirte in mehr als 50 Gasthäusern bis zum 4. Oktober das typische Oktoberfest-Lebensgefühl in die Stadt bringen. Es gibt Wiesn Schmankerl wie Brathendl, Haxn oder Kaiserschmarrn, Oktoberfest-Bier und Festzeltmusik.

Schon jetzt zeigt sich: Die alternative Wiesn hilft nicht nur den angeschlagenen Gastwirten, sie kommt auch bei den Leuten gut an. Teilweise waren die Wirtshäuser schon vorher bis zum letzten Platz ausreserviert.

Kritische Stimmen zur "Wirtshaus-Wiesn" mehren sich

Münchens amtierender Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der eigentlich das 200-Liter-Fass auf der Wiesn angezapft hätte, hielt sich heute zurück.

Reiter hatte vorab gemahnt, sich strikt an die Coronaregeln zu halten, und darauf hingewiesen, dass engmaschig kontrolliert werde. München hatte am Freitag mit 50,7 die kritische 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner überschritten. Am Samstag stieg der Wert auf 54,2.

Auch Ärzte zeigten sich skeptisch. "Angesichts steigender Zahlen an Neuinfektionen mit Covid-19 sehe ich eine "Wiesn light" eher skeptisch bis sorgenvoll", sagte beispielsweise der Chefarzt der Klinik für Infektiologie in der München Klinik Schwabing, Clemens Wendtner.

In den sozialen Netzwerken gab es ebenfalls Unmut bei manchem Zeitgenossen: "Tom" twitterte zum Beispiel: "#WirtshausWiesn wird definitiv zum Wirt der Viren!" Und "Nina M." kommentierte einen Tweet von BR24: "Die Kinder müssen sich einschränken, die doofe WirtshausWiesn darf stattfinden". Anne Hübner, SPD-Fraktionsvorsitzende im Rathaus, plädierte auf dafür, dass "dieses Spektakel" bald ein Ende finde - "entweder durch Regen oder durch eine Regelung".

Wirte: Coronaregeln werden streng eingehalten

Gregor Lemke, der Sprecher der Münchner Innenstadtwirte, hat in der Rundschau im BR Fernsehen die Münchner Wirtshaus-Wiesn trotz steigender Corona-Infektionszahlen verteidigt. Es sei sehr verantwortungsvoll, weil die Wirte es unter Kontrolle hätten, so Lemke.

"Es geht nicht ums Feiern, es geht ums Genießen, es geht darum, die Tracht anzuziehen, die Lederhose und ein fesches Dirndl rauszuholen, dass man einfach wieder mal Lebensmut fasst. Wir wollen Mutmacher sein." Gregor Lemke, Sprecher der Münchner Innenstadtwirte

Wenn die Leute sich an der Isar versammelten, in den Wald gingen oder daheim mit 30 oder 40 Mann feierten, sei das gefährlicher. Die Wirte hätten es besser unter Kontrolle, mit allen Hygieneschutzauflagen, die sie erfüllten, so Lemke.

Verhaltenscodex: "Nicht singen, nicht tanzen, Maske tragen, registrieren"

Um den Spagat zwischen Schutz und Spaß zu schaffen, gebe es einen Verhaltenskodex für die Gäste, so Gregor Lemke: "Nicht singen, nicht tanzen, nicht springen, Masken tragen, registrieren. Das unterschreiben die Leute auch. Und, ich glaube, ihnen wird bewusst, dass das schon eine andere Situation ist, und die sind wahnsinnig vernünftig. Ich kann nur sagen, sie haben ihren Spaß, aber sie wissen im Hinterkopf schon, es ist anders als eine normale Wiesn."

Es gehe, so der Sprecher der Münchner Innenstadtwirte, nicht darum, eine Wiesn darzustellen, sondern es gehe darum, bayerisches Lebensgefühl zu vermitteln. 

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