Ein vollelektrisches Müllauto des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt Nürnberg (ASN).
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Ein vollelektrisches Müllauto des Abfallwirtschaftsbetriebs der Stadt Nürnberg (ASN).

    Anders und günstiger - Nürnbergs Müllentsorgungsmodell

    In vielen Kommunen sind die Müllgebühren nur schwer durchschaubar. Frankens größte Stadt arbeitet beim Abfall anders - und das effizient. In Nürnberg zahlen die Bürger deutschlandweit deshalb am wenigsten für die Entsorgung.

    Die Preisunterschiede bei den kommunalen Abfallgebühren sind enorm und für die Bürgerinnen und Bürger oft weder nachvollziehbar noch vergleichbar. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) in Köln, welche der Eigentümerverband "Haus & Grund" in Auftrag gegeben hat. Klarer Sieger, mit den günstigsten Gebühren und dem besten Rundum-Servicepaket, ist Nürnberg. Insgesamt sind deutschlandweit die Abfallgebühren von 125 großen und auch mittleren Städten miteinander verglichen worden. Die meisten bayerische Kommunen sind, was die Entsorgungskosten angeht, im Mittelfeld zu finden.

    In Nürnberg kostet die wöchentliche Leerung einer üblichen 60 Liter Restmülltonne nur 140 Euro im Jahr. Fast dreimal so viel müssen Bürger in München oder dem benachbarten Fürth dafür hinlegen. In Erlangen kostet die gleiche Tonne 349 Euro, dabei wir dort nur alle 14 Tage geleert. Und warum in Kempten die 14-tägige Leerung der Mülltonne 345 Euro kostet, in Regensburg aber nur 220 im Jahr, ist für die Bürger ebenfalls kaum ersichtlich.

    Was Nürnberg anders macht

    Die Müllwerker in Nürnberg würden nicht schlechter bezahlt als anderswo, um für die Bürger günstige Jahresgebühren für die Abfallentsorgung möglich zu machen, versichert Hans-Peter Kauppert, 2. Werkleiter des Abfallwirtschaftsbetriebs Stadt Nürnberg (ASN): "Unsere Müllwerker zahlen wir natürlich nach Tarifvertrag, auf Heller und Pfennig. Das macht nicht den Unterschied."

    Zumindest einen logistischen Vorteil hat Frankens größte Stadt. Die Müllverbrennungsanlage liegt sehr zentral, quasi mitten in der Stadt, und ermöglicht den Fahrzeugen damit kurze Wege. "Daneben haben wir auch eine schlanke Verwaltung etabliert", sagt Hans-Peter Kauppert vom AWN, "und versuchen da auch sehr sparsam und bei den Personalkosten minimal durch die Tür zu kommen. Und ich glaube, das gelingt uns auch recht gut."

    Preismodelle: So einfach wie möglich

    Um die völlig unterschiedlichen Preisstrukturen in Deutschland überhaupt vergleichbar machen zu können, berechnete das IW Köln die Kosten für eine vierköpfige Musterfamilie mit einem festgelegten Müllverbrauch. Eines war für Vanessa Hünnemeyer, die an der Studie mitgearbeitet hat, jedenfalls klar ersichtlich: "Es ist unerheblich, wie viele Haushalte und in welchem Radius Haushalte von den Entsorgungsbetrieben angefahren werden. Kurz gesagt, ob und wie gut Entsorgungsbetriebe und Kommunen wirtschaftlich handeln, ist am Ende für die Preisgestaltung ausschlaggebend."

    Einziger Kritikpunkt der Wissenschaftler an der Nürnberger Müllgebührenordnung: Sie könnte etwas bürgerfreundlicher formuliert sein. Ansonsten lobt Vanessa Hünnemeyer die vergleichsweise einfache Satzung der Frankenmetropole: "In Nürnberg zahlt man einen Festpreis je Liter bereitgestelltem Behältervolumen. Stellt man seine Tonne selbst an den Straßenrand, reduziert sich dieser Fixbetrag und eine Biotonne ist dabei bereits inkludiert." Komplizierte Satzungen, ergibt sich aus der Untersuchung, sind für die Bürgerinnen und Bürger nicht nur schwer nachvollziehbar, sondern dürften auch höhere Verwaltungskosten verursachen.

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    Müllgebühren: Komplex und nicht vergleichbar

    Die Gebühren für die Abholung des Mülls sind in Deutschland nicht einheitlich geregelt. Das bedeutet für die Verbraucher, dass sich die kommunalen Gebührensatzungen, was Kosten, Preisgestaltung und auch Serviceleistungen angeht, nicht vergleichen lassen. "Die Bandbreite, die wir vorgefunden haben, geht von sehr einfachen bis zu sehr komplexen Preismodellen", sagt Vanessa Hünnemeyer vom IW Köln.

    Diese mangelnde Vergleichbarkeit kritisiert auch der Eigentümerverband "Haus & Grund", der Auftraggeber des Müllgebührenrankings. "In einigen Landkreisen oder Gemeinden wird für jede Leistung eine Extragebühr erhoben. In anderen bringt man einige Sachen weg oder kann was aussuchen", moniert Ulrike Kirchhoff, Geschäftsführerin von "Haus & Grund" in Bayern, "man kann überhaupt nicht für sich entscheiden. Ist es nun günstig oder ist es teuer, was man in seinem Landkreis bezahlen muss?"

    Einheitliches Leistungspaket in Bayern?

    Allein in Bayern organisieren 71 Landratsämter und 25 kreisfreie Städte, über ihre jeweiligen Abfallwirtschaftsbetriebe oder Abfallzweckverbände, dass die Müllabfuhr regelmäßig kommt. Was es kostet, wie oft geleert wird, welche Leistungen und Tonnen bereit gestellt werden, ist völlig unterschiedlich. Ulrike Kirchhoff, von Haus & Grund Bayern, hält ein einheitliches Leistungspaket bei den Müllgebühren aber für möglich: "Dass man wirklich sagt, in die Müllgebühren werden drei oder vier Leistungen – also Restmüll, Biomüll, Papier – einbezogen. Und Sperrmüll wird eben gesondert abgerechnet - durch Abholung oder man bringt’s weg oder wie auch immer das die Gemeinde organisiert."

    Denn die günstigen Gebühren allein waren nicht ausschlaggebend für die Topplatzierung von Nürnberg im deutschlandweiten Vergleich. Auch der zusätzliche Service spielt eine Rolle, sagt Hans-Peter Kauppert vom AWN: "Bei uns ist auch die Benutzung der Wertstoffhöfe oder einmal jährlich eine Sperrmüllabholung in der Gebühr mit drin. Und insofern haben wir, glaube ich, da schon ein gutes und sehr umfassendes Servicepaket."

    Anreize könnten für weniger Restmüll sorgen

    Und noch eines hat die Gebührenstudie gezeigt: Je besser das angebotene Mülltrennungssystem der Kommune, je mehr einzelne Wertstofftonnen im Gesamtpaket enthalten sind, desto weniger Restmüll fällt an. Das kann natürlich, unterm Strich, die Tonnengröße für Restmüll und damit am Ende auch die Abfallgebühr positiv beeinflussen.

    Vor allem dann, wenn die kommunalen Tarife flexibel sind und den Verbraucher sozusagen zum Sparen einladen, sagt Ulrike Kirchhoff: "Das kann dann durch die Tonnengröße belohnt werden oder durch den Abhol-Rhythmus. Dann ist es natürlich schon gut, wenn man sich das aussuchen kann und eben durch ein sparsames Müllverursachen, auch weniger Gebühren zahlt. Das lohnt sich dann."

    Absehbar: Gebühren werden steigen

    Auch ohne die zuletzt extrem gestiegenen Energiepreise, haben sich die Abfallgebühren in Deutschland in den letzten drei Jahren stark verteuert. Im Schnitt um acht Prozent. Nur ein Fünftel der vom IW Köln untersuchten Städte konnten – gegen den Trend – die Gebühren sogar senken. Vor allem wegen der hohen Strom- und Gaspreise, müssen wahrscheinlich die meisten Abfallwirtschaftsbetriebe oder Abfallzweckverbände die Preise demnächst anheben.

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