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Stadtarchiv Nürnberg

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Nürnberger Stadtarchiv platzt aus allen Nähten

Im Nürnberger Stadtarchiv lagern tausendfach Ordner, Akten, Unterlagen. Aussortieren geht nicht wegen Archivierungspflicht der Bedeutung des kulturellen Gedächtnisses - und so stößt Nürnbergs Stadtarchiv an seine Grenzen. Von Tobias Burkert

Licht an im Keller des Nürnberger Stadtarchivs, tief unter der Erde unter der Norishalle In zwei großen Räumen, genannt Magazine, stapeln sich Akten, Boxen, Ordner und Kisten voller Papier bis unter die Decke im kalten Neonlicht. Acht Millionen Einzelunterlagen sind hier verstaut, Unordnung gibt es keine, jedes Dokument hat seine exakte Nummerierung; Regalmeter reiht sich an Regalmeter. "Hier lagert das Gedächnis der Stadt Nürnberg", sagt Stadtarchivar Michael Diefenbacher.

Behörden geben immer mehr Unterlagen ans Archiv ab

Er verwaltet dieses Gedächtnis Nürnbergs. Schon seit 33 Jahren arbeitet er im Stadtarchiv. Diefenbacher sieht so aus, wie man sich einen langjährigen Stadtarchivar vielleicht vorstellt, weißer Vollbart, schütteres Haar, gemütliches, unauffälliges Sakko mit Fischgrätmuster. Irgendwie Vertrauenswürdig. Noch fünf Jahre hat er bis zur Rente, sein Stadtarchiv wird aber wohl schon vorher voll sein. Denn: Es wächst und wächst, schneller als ursprünglich geplant, Schuld daran, sagt Diefenbacher, ist erstaunlicherweise vor allem die Digitalisierung.

"Die Umstellung auf digitale Verwaltung sorgt dafür, dass analoges Schriftgut, was bislang in Registraturen lag, vermehrt an uns abgegeben wird. Deswegen haben wir zur Zeit eine Abgabequote zwischen 150 und 200 laufenden Regalmetern pro Jahr." Michael Diefenbacher, Stadtarchivar in Nürnberg

Das heißt, andere städtische Büros und Dienststellen schaffen Platz in ihren Regalen, setzten auf digitale Datenerfassung. Kistenweise landen deren alte Ordner dann hier im Stadtarchiv und füllen es weiter an.

Hinzu kommen tausende historische Sterbe- und Traubücher zur Entlastung der Standesämter, eine Gesetzesreform aus dem Jahr 2009 ist der Grund dafür. Der Platz im Stadtarchiv reicht höchstens noch für fünf weitere Jahre, dann muss die Stadt neue, zusätzliche Räume finden - und das ist gar nicht so leicht. 

"Man braucht eine konstante Luftfeuchtigkeit, eine konstante Temperatur, die Temperatur sollte sommers wie winters irgendwo zwischen 18 und 20 Grad liegen und vor allen Dingen nicht groß schwanken und die Luftfeuchtigkeit sollte zwischen 50 und 55 Prozent sein. Dadurch, dass wir uns jetzt schon einige Stunden hier drin aufhalten, steigt die Luftfeuchtigkeit." Michael Diefenbacher, Stadtarchivar in Nürnberg

Auch seltene Originale im Keller

Unterlagen aussortieren, um Platz zu schaffen ist keine Option, vor allem wegen der Archivierungspflicht der Stadt. Ein Problem, mit dem nicht nur das Nürnberger Stadtarchiv zu kämpfen hat. In Passau beispielsweise ist das Stadtarchiv schon so voll, dass sogar die Putzkammer als zusätzlicher Lagerraum genutzt wird. 

Nürnbergs Stadtarchivar Michael Diefenbacher will sich über die wachsenden Menge an Unterlagen aber nicht beschweren. Es sei ja seine dokumentarische Pflicht. Was ins Archiv kommt, bleibt eben im Archiv. Und historische Schätze wie die Sigena-Urkunde aus dem Jahr 1050, die Nürnberg erstmals schriftlich erwähnt, werden ohnehin immer ihre Ehrenplätze im Nürnberger Stadtarchiv behalten.