Lebensretter in der Schulklasse
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Bereits schon Schüler zu Ersthelfern auszubilden, das ist das Ziel des Projekts "Nürnberg drückt".

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"Nürnberg drückt" – Schüler werden zu Lebensrettern ausgebildet

Bereits Schüler zu Ersthelfern auszubilden, das ist das Ziel des Projekts "Nürnberg drückt". Dazu hat der Nürnberger Notärzte-Verein 1.600 Übungspuppen angeschafft. Das Ziel: Die Reanimation in den ganz normalen Schulunterricht einzubauen.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Rund 50.000 Menschen erleiden jedes Jahr in Deutschland außerhalb von Krankenhäusern einen Herzstillstand. Dann geht es um Sekunden – Laien müssen helfen, doch die fühlen sich dazu oft nicht in der Lage. Deshalb hat der Nürnberger Notärzte e.V. das Projekt "Nürnberg drückt" ins Leben gerufen, mit dem schon Schülerinnen und Schüler zu Lebensrettern ausgebildet werden sollen.

1.600 Übungspuppen für Nürnberger Schulen

Mit Spendengeldern und Unterstützung der ADAC-Stiftung hat der Verein 1.600 Übungspuppen gekauft. Diese wurden an die weiterführenden Schulen in Nürnberg verteilt und auch die Lehrerfortbildung wird von dem Verein ehrenamtlich übernommen. Das ist in dieser Größenordnung bisher einmalig in Bayern. Nur durch das Projekt der Notärzte können hier bereits flächendeckend Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse jährlich zwei Schulstunden in Erster Hilfe unterrichtet werden.

"Prüfen, rufen, drücken" – Erste Hilfe ist ganz einfach

An der Geschwister-Scholl-Realschule in Nürnberg steht "Leben retten" schon regelmäßig auf dem Lehrplan. Mathelehrer Christoph Eder war von Anfang an begeistert von dem Projekt, denn vor seiner Lehrerausbildung war er selbst Krankenpfleger. An der Tafel der Klasse 8a stehen heute nur drei Worte, die ausreichen, um Leben zu retten: "Prüfen, rufen, drücken". So einfach sei es, erklärt Eder den Jugendlichen: "Prüfen, ob jemand noch atmet; Notruf absetzen; Herz-Druck-Massage durchführen." Dann bekommen alle 20 Schülerinnen und Schüler eine Übungspuppe, an der sie selbst ausprobieren, wie das geht. Und schon nach wenigen Minuten merken sie: Es ist anstrengend, aber eigentlich ganz einfach.

Hemmschwelle bereits bei jungen Menschen abbauen

Je früher mit der Ausbildung zu Erst-Helfern begonnen wird, desto geringer ist die Hemmschwelle, das hätten die Nürnberger Notärzte erkannt, sagt der Koordinator des Projektes, Dr. Christian Engelen. Er arbeitet selbst seit Jahren als Notarzt und erklärt: "Die meisten Herzstillstände passieren zu Hause. Wenn es sich dann noch um einen nahen Angehörigen handelt, ist das eine sehr belastende Situation." Trotzdem sofort mit der Reanimation zu beginnen, sei extrem wichtig, denn bereits nach drei Minuten schlechter Sauerstoffversorgung können irreversible Schäden auftreten. Ein Rettungswagen kommt meist erst nach rund acht Minuten. Je jünger ein Mensch ist, desto geringer ist meist auch die Hemmschwelle. Bei Älteren steige die Angst davor, einer Frau den Oberkörper freizumachen oder dem Patienten eine Rippe zu brechen, so Engelen.

Lebensretter-Quote lässt sich deutlich steigern

In Skandinavien hingegen ist die Zahl derjenigen, die sofort helfen deutlich höher. In Dänemark steht die Erste Hilfe beispielsweise schon seit 2005 auf dem Lehrplan, "die Laienreanimationsrate konnte so um 30 Prozent gesteigert werden", schreiben die Nürnberger Notärzte auf ihrer Webseite und weiter: "Für Deutschland würde eine solche Steigerung die Rettung von 10.000 Menschenleben pro Jahr bedeuten!" Auch in Deutschland laufen nun Bemühungen, Erste Hilfe in den Schulunterricht aufzunehmen.

Nürnberger Projekt bisher einmalig in Bayern

Das bayerische Kultusministerium hat zwar auch eine Bekanntmachung herausgegeben, in der es heißt: "Dem Staatsministerium ist es ein besonderes Anliegen, dass die Schülerinnen und Schüler bereits während ihrer Schulzeit altersgemäß an das Thema Erste Hilfe herangeführt werden." Doch um die Umsetzung müssen sich die Schulträger selbst kümmern.

Nürnberg ist dank des Projektes "Nürnberg drückt" die einzige größere Stadt in Bayern, in der an nahezu allen weiterführenden Schulen Reanimationskurse stattfinden, sagt Notarzt Engelen. Der finanzielle Aufwand ist mit rund Tausend Euro pro Schule und Jahr vergleichsweise gering, der Nutzen wäre hingegen enorm. Denn schließlich kann ein Herz-Stillstand jeden überall treffen. Und dann "ist dir für diese Massage jeder recht, denn nur die Fähigkeiten zählen", so heißt es auf einem Werbeplakat des Projekts.

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Werbeplakat des Projekts "Nürnberg drückt"

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