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André E.

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NSU-Prozess: Jetzt droht Verzögerung in Sachen André E.

Dem seit bald fünf Jahren laufenden NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München droht eine weitere, gravierende Verzögerung. Einer der Angeklagten hat völlig überraschend beantragt, dass ihm ein weiterer Pflichtverteidiger zugeordnet wird.

Eigentlich sollten im NSU-Prozess diese Woche die Plädoyers der Verteidigung beginnen – sozusagen die letzte Etappe vor einem Urteil. Doch der Angeklagte André E., der bereits im vergangenen Herbst das Verfahren mit zahlreichen Befangenheitsanträgen über Monate blockiert hatte, will nun erreichen, dass ihm ein weiterer, dritter Pflichtverteidiger zugeteilt wird. Nach Informationen des Bayerischen Rundfunks handelt es sich dabei um den Düsseldorfer Anwalt Björn Clemens.

Erweiterter Tatvorwurf

Begründet wird der Antrag unter anderem damit, dass André E. im vergangenen September noch im Gerichtssaal in Untersuchungshaft genommen worden war, nachdem die Bundesanwaltschaft in ihrem Plädoyer überraschend den Tatvorwurf gegen ihn deutlich erweitert und eine Strafe von zwölf Jahren gefordert hatte. Zudem stünden den beiden Angeklagten Beate Zschäpe und Ralf Wohlleben, die ebenfalls hohe Strafen zu erwarten haben, vier beziehungsweise drei Pflichtverteidiger zur Verfügung.

Anwalt Clemens hat André E. diese Woche offenbar bereits in Haft besucht und ist dabei, Anträge auszuarbeiten, die demnächst im NSU-Prozess gestellt werden sollen. Ob sich der Strafsenat darauf einlässt, ist unklar.

Verteidiger aus dem rechten Spektrum

Nebenklage-Vertreter fürchten nun weitere Verzögerungen, äußerten jedoch auch die Hoffnung, dass André E., der bislang keine Aussage im Prozess gemacht hat, nun sein Schweigen brechen könnte. Allerdings deutet schon die Wahl seines Anwaltes auf keinen grundsätzlichen Sinneswandel des Neonazis hin, denn bei dem möglichen neuen Verteidiger handelt es sich um den langjährigen Vize-Vorsitzenden der rechtsextremen Partei "Die Republikaner".