Für den Bund der Deutschen Steuerzahler ist die Sache klar: "Der Beamtenstatus gehört grundsätzlich auf den Prüfstand", sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel der "Rheinischen Post". Denn die finanziellen Folgen der "Verbeamtungswelle" träfen die Haushalte der Länder, die mit spürbar gestiegenen Pensionslasten zu kämpfen hätten. Besonders im Blick hat der Steuerzahlerpräsident dabei die Lehrer: "Im Schul- und Lehrbetrieb ist aus meiner Sicht der Beamtenstatus nicht notwendig."
Unterstützung findet Holznagels Forderung beim FDP-Bildungsexperten im bayerischen Landtag, Matthias Fischbach. "Der Vorstoß des Steuerzahlerbunds muss auch in Bayern ernsthaft mit Blick auf neue Verbeamtungen diskutiert werden", teilte Fischbach mit. Widerspruch kommt nicht nur aus der schwarz-orangen Regierungskoalition, sondern auch aus der SPD.
FDP: "Ein absoluter Motivationskiller"
Fischbach führt mehrere Gründe an, warum der Beamtenstatus von Lehrern seiner Meinung nach auf den Prüfstand gehört. Für die Pensionskosten von weit mehr als 100.000 Lehrkräften in Bayern gebe es "nicht ansatzweise" eine ausreichende Vorsorge im Staatshaushalt, beklagt er. Darüber hinaus sei das Beamtensystem ein "Hemmschuh für eine leistungsgerechte Entlohnung guter Lehrkräfte". Gerade junge Lehrerinnen und Lehrer würden aufgrund des beamtenrechtlichen Rahmens fast ausschließlich mittelmäßig bewertet - trotz hervorragender Leistungen. "Das ist ein absoluter Motivationskiller".
Genauso schrecke das Beamtensystem auch all diejenigen ab, die nicht vom Kultusministerium zur Stellenbesetzung im ganzen Land herumgeschickt werden wollten. "Wir brauchen uns nicht über den Lehrkräftemangel wundern", betonte der FDP-Politiker. "Deshalb müssen wir unseren Lehrkräften endlich anbieten, dass sie sich direkt bei einer Wunschschule für ein finanziell gleichwertiges Angestelltenverhältnis ohne Kettenbefristungen bewerben können."
SPD: Vorschlag "vollkommen absurd"
Die FDP-Linie ist auch innerhalb der Opposition umstritten. Die parlamentarische Geschäftsführerin und Bildungsexpertin der SPD-Fraktion, Simone Strohmayr, sagte auf BR24-Anfrage: "Uns in Bayern fehlen 4.000 Lehrerinnen und Lehrer - die Klassen sind zu voll, Unterricht fällt aus, Schulleitungen müssen mit Vertretungsstunden jonglieren." Leidtragende seien die Kinder und Jugendlichen. "Es wäre vollkommen absurd, in dieser Situation den Lehrberuf unattraktiver zu machen, indem die Verbeamtung abgeschafft wird."
Nötig sei stattdessen eine bessere Bezahlung für Lehrkräfte an Grund- und Mittelschulen. "Vor allem muss sofort der Unsinn aufhören, dass befristete Lehrkräfte über die Sommerferien entlassen werden." Junge Menschen müssten motiviert werden, nach dem Abitur Lehrerinnen und Lehrer werden zu wollen.
CSU verweist auf Erfahrungen anderer Länder
Auch die schwarz-orange Regierungskoalition hält wenig von der Debatte über den Beamtenstatus von Bayerns Lehrern. "Tatsache ist, dass unser Schulsystem so gut funktioniert, weil es für unsere Schüler und Eltern genauso verlässlich ist wie für die Lehrer", sagt CSU-Bildungsexperte Gerhard Waschler im BR24-Interview. Und um diese Verlässlichkeit weiter zu gewährleisten, bekenne sich die CSU-Landtagsfraktion ganz klar zum Berufsbeamtentum für Lehrer. "Wir planen hier keine Änderungen, sondern gehen unseren erfolgreichen Weg weiter."
Waschler verweist dabei auch auf Erfahrungen anderer Bundesländer. "Die Versuche in Sachsen und Berlin, den Beamtenstatus abzuschaffen, haben gezeigt, dass es kein erfolgsversprechender Ansatz ist, weshalb beide Länder nun wieder verbeamten", erläutert der CSU-Abgeordnete. Nach 18 Jahren Auszeit hatte sich Berlin als letztes Bundesland entschlossen, Lehrkräfte wieder zu verbeamten - um den Personalmangel zu mildern.
Die in Berlin regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, rief am Montag abgewanderte Lehrerinnen und Lehrer zur Rückkehr in die Hauptstadt auf. "In den letzten Jahren gab es massive Abwanderungen von jungen, gut ausgebildeten Lehrkräften in andere Bundesländer. Deshalb haben wir die Rückkehr zur Verbeamtung beschlossen", twitterte die SPD-Politikerin. "Ich kann nur sagen: Kommt nach Hause - hier ist es am schönsten." Ähnlich äußerte sich Giffey beim Gewerkschaftstag des Beamtenbundes dbb in Berlin.
Waschler: Angestellte Lehrer "deutlich teurer"
CSU-Bildungsexperte Waschler betonte, aus den anderen Ländern komme dabei auch die Rückmeldung, der Stopp des Beamtenstatus sei zu teuer: Denn die angestellten Lehrer seien für den Staat wegen der Anteile zur Sozial-, Renten- und Krankenversicherung "zunächst deutlich teurer als die verbeamteten". Kurzfristige Einsparungen seien durch die Abschaffung des Beamtenstatus also nicht möglich.
Mögliche Effekte würden sich laut Waschler erst in 30 oder 35 Jahren mit dem Start der Lehrerinnen und Lehrer in den Ruhestand zeigen. Aber auch hier sei nicht unumstritten, dass es ein Einsparpotenzial gäbe. Der FDP wirft der CSU-Politiker vor, ein "Zerrbild" der schulischen Wirklichkeit in Bayern zu haben. Jeder verbeamtete Lehrer könne von einem Tag auf den anderen das Beamtenverhältnis zum Freistaat Bayern kündigen und "dorthin gehen, wo er meint, dass er als angestellter Lehrer dann eine bessere Zukunft findet".
Kultusministerium sieht keinen Handlungsbedarf
Das bayerische Kultusministerium verweist auf Anfrage darauf, dass der Beamtenstatus von Lehrkräften im Freistaat in der Verfassung verankert sei. Laut Artikel 133 hätten die Lehrer an öffentlichen Schulen grundsätzlich die Rechte und Pflichten der Staatsbeamten, erläutert ein Ministeriumssprecher. "Anders als viele andere Bundesländer hat Bayern stets an der Verbeamtung für voll ausgebildete Lehrkräfte mit zwei Staatsexamina festgehalten."
Die bayerischen Lehrerinnen und Lehrer hätten dabei im Freistaat Bayern einen guten und verlässlichen Arbeitgeber. "So haben mehr als 95 Prozent der Lehrkräfte in Bayern eine Planstelle als Beamte. Dazu stehen wir auch weiterhin", betonte der Sprecher. Dass dieser Weg der Richtige sei, zeige sich nicht zuletzt daran, "dass die Bundesländer, die eine Verbeamtung ausgesetzt oder abgeschafft hatten, nun zur Verbeamtung des Lehrpersonals zurückgekehrt sind, bzw. dies angekündigt haben".
Lehrerverband warnt
Zuvor hatte auch der Deutsche Lehrerverband die Kritik an Verbeamtungen im Schul- und Lehrbetrieb zurückgewiesen. "Wer den Beamtenstatus abschaffen will, nimmt einen noch größeren Lehrkräftemangel bewusst in Kauf", sagte Verbandspräsident Heinz-Peter Meidinger den Zeitungen der Funke Mediengruppe. In Zeiten des massiven Lehrkräftemangels sei die Verbeamtung auch ein Gesichtspunkt, der bei der Berufswahl junger Menschen den positiven Ausschlag geben könnte.
Mit Informationen der dpa.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!