In der Schaltzentrale des Netzbetreibers Tennet in Dachau steht Bayerns Energieminister Hubert Aiwanger von den Freien Wählern mit dem Tennet-Chef zwischen all den Monitoren – und lässt sich erklären, was die neue Gleichstromleitung durch Ostbayern bringen würde. Aiwangers Erkenntnis: "Der Südostlink würde in etwa abdecken, was künftig durch Kernkraft fehlt."
Staatsregierung unterstützt jetzt demonstrativ den Netzausbau
Der Besuch des Energieministers bei Tennet in Dachau reiht sich ein in eine Reihe ähnlicher Gelegenheiten, bei denen Mitglieder der Staatsregierung jetzt ihre Unterstützung für den Netzausbau demonstrieren.
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat vor ein paar Wochen symbolisch eine Steckdose in die Kamera gehalten, als Tennet bei Hof den ersten Abschnitt des neuen Ostbayernrings unter Strom gesetzt hat. Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) ist zur großen Freude von Tennet dabei, wenn in Essenbach (Lkr. Landshut) die Planung für den ersten Abschnitt des Südostlinks offiziell abgeschlossen wird.
Tennet-Chef Tim Meyerjürgens konstatiert erfreut, dass sein Unternehmen jetzt Rückenwind von den bayerischen Behörden und der Landespolitik bekommt – was nicht immer so war: "Wir sehen heute eine ganz andere Unterstützung für unsere Aufgabe, als wir sie noch vor zwei Jahren gesehen haben." Der Krieg in der Ukraine habe vielen vor Augen geführt, wie wichtig der Netzausbau sei.
Aiwanger hat seine Meinung zu Südostlink geändert
Und jetzt auch Hubert Aiwanger. Er war seit dem Rückzug des früheren Ministerpräsidenten Horst Seehofer der härteste Stromleitungs-Skeptiker in der Staatsregierung. Solidarisierte sich immer wieder mit protestierenden Trassengegnern und positionierte sich noch 2020 deutlich gegen den Südostlink: "Meine Aussage ist, ich will keine dieser Trassen. Wir müssen andere dezentrale Energiesysteme entwickeln und nicht diese großen Stromtrassen quer durch Bayern verlegen", sagte Aiwanger damals. Bei seiner Regierungserklärung zur Energiepolitik im Bayerischen Landtag im Mai vermied Aiwanger das Thema weitgehend.
Aber nun, während des Besuchs in der Tennet-Schaltzentrale, bekennt sich Aiwanger deutlich zu der umstrittenen Tennet-Gleichstromtrasse durch Ostbayern: "Südostlink wird gebaut und wenn er da ist, ist es besser, als wenn er nicht da ist."
Der Bau von Stromleitungen durch Bayern hat sich gegenüber den ursprünglichen Plänen teils deutlich verzögert.
Verzögerungen beim Stromleitungsbau bleiben
Inzwischen geht es recht zügig voran bei Planung und Bau der großen Stromleitungen, durch Bayern, sagt Tennet-Chef Meyerjürgens: "Aber wir haben natürlich viele wichtige Jahre auch mit Diskussionen verloren. Die uns jetzt ein Stück weit auf die Füße fallen."
Nach heutigem Stand soll der Südostlink 2027 in Betrieb gehen, die Gleichstromtrasse Südlink, die von Norddeutschland nach Unterfranken führt, 2028. Ursprünglich sollten eigentlich beide 2023 fertig sein – um nach dem Ende der Kernkraft in Deutschland das Stromnetz zu stabilisieren. Die Netzeingriffe, die wegen fehlender Leitungen zwischen Nord- und Süddeutschland erforderlich waren, haben vergangenes Jahr laut Tennet 1,5 Milliarden Euro gekostet. Heuer wird es wegen des gestiegenen Strompreises noch deutlich teurer werden.
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