Neue Regeln an Bayerns Schulen - Wirbel Ende der Maskenpflicht.
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Archivbild: Eine Schülerin hält eine FFP-Maske in der Hand in einem Klassenraum.

    Neue Regeln an Bayerns Schulen: Wirbel um Ende der Maskenpflicht

    In den Klassen 1 bis 6 wurde sie schon gelockert, am Montag entfällt die Maskenpflicht an Bayerns Schulen komplett – zum Unmut der Lehrerverbände. Das Kultusministerium empfiehlt die Maske weiter. Schon jetzt zeichnet sich Konfliktpotenzial ab.

    Unterricht ohne Maske – insbesondere für ältere Schülerinnen und Schüler in Bayern gab es das wegen Corona seit Monaten nicht mehr. Zwar sind die Infektionszahlen weiterhin sehr hoch, dennoch fällt die Maskenpflicht mit dem Start der neuen Schulwoche für alle weg. So sieht es das geänderte Infektionsschutzgesetz des Bundes vor, das Bayern nun umsetzt. Was genau gilt künftig an Bayerns Schulen? Was sagen Lehrkräfte, Schülerinnen und Schüler dazu? Ein Überblick.

    Maskenpflicht fällt für alle im gesamten Schulgebäude weg

    Am 21. März hatte Bayern die Maskenpflicht am Sitzplatz im Unterricht zunächst für Grundschulkinder gelockert, mittlerweile auch für die 5. und 6. Jahrgangsstufe. Jetzt entfällt sie komplett – im gesamten Schulgebäude, wie das Kultusministerium im seinem jüngsten Elternbrief schreibt. Somit müsse "sowohl im Unterricht als auch auf den Begegnungsflächen und in Räumen, die von schulischen Ganztagesangeboten und der Mittagsbetreuung genutzt werden", keine Maske mehr getragen werden. "Dies gilt für die Schülerinnen und Schüler, das schulische Personal sowie alle Besucherinnen und Besucher gleichermaßen."

    Piazolo rät: Außerhalb des Klassenzimmers Maske tragen

    Das Ende der Maskenpflicht im Klassenzimmer ist nach Meinung von Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) "auf der einen Seite sicher eine Erleichterung" für viele Schülerinnen und Schüler, auf der anderen "auch für den Unterricht förderlich". Überall dort, wo sich Klassen mischen, rät Piazolo aber dazu, freiwillig eine Schutzmaske zu tragen - also auf Gängen, in Treppenhäusern oder Pausenhallen.

    Das Kultusministerium betont, dass auch im Unterricht selbstverständlich freiwillig eine Maske getragen werden könne. Nach einem bestätigten Infektionsfall in einer Klasse empfehle man ausdrücklich, fünf Tage lang auch am Sitzplatz eine Schutzmaske. Per Hausrecht anordnen können Schulen die Maske laut Piazolo übrigens nicht – möglich sei nur eine Empfehlung.

    Testpflicht bleibt vorerst

    Trotz des Wegfalls der Maskenpflicht werde es trotzdem ein "hohes Schutzniveau" in den Schulen geben, versicherte der Kultusminister – insbesondere durch die regelmäßigen Tests, die es weiter geben werde. Mindestens bis zu den Osterferien soll es bei der Testpflicht an Schulen bleiben.

    Piazolo selbst plädierte am Dienstag nach der Kabinettssitzung für eine Fortführung der Tests auch über das Ferienende am 24. April hinaus: "Meine Position ist, dass wir sie gerade nach den Osterferien noch mal weiter machen sollten." Mit dieser Frage werde sich nächste Woche das bayerische Kabinett intensiv beschäftigen. "Das hängt sicher auch an der Entwicklung der Zahlen, die wir uns dann noch mal anschauen werden."

    In Bayern werden Schülerinnen und Schüler dreimal pro Woche getestet. In den Jahrgangsstufen eins bis sechs sind zwei PCR-Pooltests darunter, die als viel zuverlässiger gelten als Schnelltests. Nach einem Infektionsfall in einer Klasse werden dem Ministerium zufolge weiterhin zusätzliche Tests vorgenommen.

    3G für Besucher und grundlegende Hygienemaßnahmen

    Wegen der hohen Inzidenzen bleiben laut Kultusministerium die grundlegenden Hygieneregeln "von großer Bedeutung". Dazu gehöre das regelmäßige Lüften der Klassenräume genauso wie das regelmäßige Händewaschen und das Einhalten der Husten- und Niesetikette.

    Für Besucherinnen und Besucher gilt beim Zutritt zum Schulgebäude die 3G-Regel: Besucher müssen also einen gültigen Impf- oder Genesenennachweis oder einen aktuellen negativen Test vorlegen.

    Lehrerverbände fürchten um Präsenzunterricht

    Lehrerverbände zeigen sich sehr besorgt angesichts des Wegfalls der Maskenpflicht. Die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands (BLLV), Simone Fleischmann, beklagte am Dienstag, Tests allein reichten nicht aus. Gerade bei Kindern und Jugendlichen gebe es "immens hohe Inzidenzen". Viele seien krank oder in Quarantäne, häufig falle wegen fehlender Lehrer Unterricht aus. "Jetzt zu lockern, heißt zu riskieren, dass Schülerinnen und Schüler noch weniger Unterricht haben", sagte Fleischmann.

    Auch die Arbeitsgemeinschaft Bayerischer Lehrerverbände sieht durch das Ende der Maskenpflicht den Präsenzunterricht "akut in Gefahr". Zwar wünschten sich alle Beteiligten eine Schule ohne Masken. "Aber ein noch höheres Infektionsgeschehen mit Krankheitsausfällen und Quarantänen können die Schulen nicht stemmen, dann geht es irgendwann an die Substanz – den Präsenzunterricht." Die Maske sei ein sehr effektives und gleichzeitig einfach handhabbares Mittel, um Infektionen zu minimieren. "Deshalb sehen wir diese Lockerung an den Schulen zum jetzigen Zeitpunkt als sehr kritisch."

    Freilich gibt es auch Lehrer, die die neue Regelung begrüßen. Ein Lehrer aus dem Landkreis Augsburg beispielsweise twitterte: "Freue mich schon darauf, meinen Schülern ab Montag wieder maskenfrei ins Gesicht schauen zu dürfen."

    Landesschülerrat: "Viel zu verfrüht"

    Der Landesschülerrat in Bayern sieht das Ende der Maskenpflicht zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch. Fabia Klein, stellvertretende Landesschülersprecherin für die Gymnasien, sagt auf BR-Anfrage, grundsätzlich befürworte der Landesschülerrat ein Auslaufen der Maskenpflicht - allerdings schrittweise. Sie jetzt komplett abzuschaffen, sei aus Sicht der Schülervertreter "viel zu verfrüht".

    Die Lockerung in den für die fünften und sechsten Klassen hält Klein angesichts der PCR-Pooltestungen in diesen Jahrgangsstufen für vertretbar. Das Ende der Maskenpflicht in den höheren Klassen dagegen kritisiert die Nürnberger Schülerin - insbesondere mit Blick auf die in weniger als vier Wochen anstehenden Abiturprüfungen an Gymnasien, die im schlimmsten Fall gefährdet seien. Der Landesschülerrat appelliert daher an die Schülerinnen und Schüler, weiterhin freiwillig Maske zu tragen. Schließlich sei das Infektionsgeschehen an vielen Schulen derzeit sehr hoch.

    "Viel Potenzial für Streitigkeiten"

    Fabia Klein befürchtet darüber hinaus, dass es rund um das Tragen von Schutzmasken zu Spannungen und Konflikten in den Schulen kommen kann. "Ich glaube schon, dass das viel Potenzial für Streitigkeiten birgt", sagt sie. Denn es seien nun die Schülerinnen und Schüler, die entscheiden müssten, ob sie Maske tragen oder nicht. "Es kann nicht sein, dass die Verantwortung auf Kinder und Jugendliche abgeschoben wird, wo doch Bund und Länder eine gemeinsame Lösung finden sollten."

    Bereits jetzt zeigt ein Blick in die sozialen Netzwerke, welches Konfliktpotenzial die Maskenpflicht birgt. Mehrere Nutzer berichten schon über Diskussionen unter Schülern: Die einen drängen darauf, die Maske abzulegen - andere mahnen ihre Mitschüler zum weiteren Maske-Tragen. Wieder andere beklagen, dass von Lehrkräften durch dringende Masken-Empfehlungen Druck auf Kinder und Jugendliche ausgeübt werde.

    Keine Hotspot-Regelung = keine Maskenpflicht

    Die einzige Möglichkeit zur Verlängerung der Maskenpflicht an Schulen wäre gewesen, von der sogenannten Hotspot-Regelung Gebrauch zu machen. Dafür hätte der Landtag für bestimmte Regionen oder ganz Bayern die "Gefahr einer sich dynamisch ausbreitenden Infektionslage" feststellen müssen. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte aber schon am Montag mitgeteilt, dass die Staatsregierung sich darum nicht bemühen werde, da die Rechtsgrundlage des Bundes zu schwammig sei. Das Auslaufen der Maskenpflicht in vielen Innenräumen ist aus Sicht der CSU aber falsch.

    Die Grünen forderten am Mittwoch im Landtag per Dringlichkeitsantrag die Einführung der Hotspot-Regelung - und damit die Verlängerung der Maskenpflicht "in öffentlich genutzten Innenräumen". Der Antrag wurde abgelehnt.

    Dagegen begrüßte die AfD-Landtagsfraktion Mitte der Woche das Ende der Maskenpflicht als "mehr als überfällig". AfD-Jugendsprecher Jan Schiffers forderte zudem, "das sinnlose und massenhafte Testen von gesunden Kindern sofort zu beenden".

    Der FDP-Gesundheitsexperte im Landtag, Dominik Spitzer, rechnet zwar mit weiter hohen Infektionszahlen bei Schülern. Es sei aber illusorisch zu glauben, dass man mit einer FFP2-Maskenfplicht in der Schule die Kinder und Jugendlichen dauerhaft vor einer Infektion schützen könne, sagte er BR24. "Wie sieht's denn auf dem Schulhof oder nach der Schule aus? Da stecken die Schülerinnen und Schüler die Köpfe zusammen." Zudem habe Corona bei Kindern und Jugendlichen in der Regel "keinen bedeutsamen Verlauf". Er halte ein Ende der Maskenpflicht in der Schule daher für "absolut" vertretbar, sagte der FDP-Politiker, der auch Arzt ist. Mehrere Wissenschaftler hatten dagegen für eine Verlängerung der Maskenpflicht geworben.

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