Sollte in Fächern wie Sport mehr als das zählbare Ergebnis zählen, diskutiert man gerade in Thüringen.
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Sollte in Fächern wie Sport mehr als das zählbare Ergebnis zählen, diskutiert man gerade in Thüringen.

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Neue Notenvergabe in den Fächern Sport, Musik und Kunst?

Thüringens Bildungsminister denkt laut darüber nach, die Notenvergabe in Fächern wie Sport umzubauen: nicht nur Leistung in Metern und Minuten, sondern auch zum Beispiel Einsatz und Motivation sollen zählen. Wäre das auch eine Idee für Bayern?

13. Klasse, ein Gymnasium in Unterfranken, Schwimmen: Die Langstrecke steht an. Und dem Autor dieser Zeilen war schon vorher klar: Er wird gefühlt die doppelte Zeit brauchen, die verlangt wäre, um auch nur die Note 5 statt 6 zu erhalten. Genau solche Leistungstabellen, die Noten nach Weiten, Zeiten und Co. vorgeben, sind in Bayerns Nachbarland Thüringen gerade in der Diskussion. In den Fächern Sport, Musik und Kunst.

Der dortige Bildungsminister Helmut Holter (Linke) wirbt für eine Veränderung der Notengebung in diesen Fächern. "Mir geht’s darum, nicht die Noten abzuschaffen, sondern die Noten als Motivation zu nutzen, damit man besser wird", sagte er dem MDR. So könnten beispielsweise nicht nur die messbaren Leitungen, sondern auch Einsatz und Antrieb bei der Benotung einbezogen werden. Während Schüler- und Elternvertreter sowie Sportärzte den Vorschlag unterstützen, sind die Oppositionspartei CDU sowie Lehrerverbände dagegen. Sie sehen die Noten als Ausdruck des Leistungsprinzips, als Motivator und Möglichkeit des Notenausgleichs für schwächere Schüler, die erhalten werden sollten.

Bayerns Schüler: Könnte Motivation steigern

Zur Frage, ob Noten in Sport, Musik und Kunst in der jetzigen Form sinnvoll sind, gibt es in Thüringen also offenbar ganz unterschiedliche Ansichten und Argumente. BR24 hat bei bayerischen Schülern, Lehrern und dem Kultusministerium gefragt, wie sie zu der thüringischen Idee stehen.

Gegenliebe kommt – ähnlich wie offenbar in Thüringen – von Bayerns Schülervertretern. Der gesamte Landesschülerrat, wo Sprecher verschiedener Schularten zusammenkommen, habe sich nur positiv zu der Idee geäußert, die Notengebung in Sport, Kunst und Musik zu erweitern. "Schüler*innen, die nicht prädestiniert für solche Fächer sind, werden durch eine Änderung der Bewertung deutlich motivierter und somit auch besser im Allgemeinen", heißt es auf BR24-Anfrage. Ein Gymnasium in Unterfranken möchte demnach beim Landesschülerrat sogar einen Antrag zum Thema an das Kultusministerium stellen.

Lehrer fordern größere Lösung

Grundsätzlich offen für eine Reform der Benotung zeigt sich auch Simone Fleischmann vom Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV). Ihr geht er jedoch nicht weit genug, erklärt sie: "Nicht nur in den Fächern Sport, Musik und Kunst gilt es, einen neuen und modernen Leistungsbegriff zu leben, sondern im gesamten Schulsystem braucht es dringend eine grundsätzlich neue Denkweise über Leistung."

Den Thüringer Vorschlag, nur in bestimmten Fächern anders zu benoten, lehnt die BLLV-Präsidentin dagegen ab: "Wenn nur Sport, Musik und Kunst anders bewertet werden, dann fällt deren Stellenwert im Fächerkanon erneut ab. Und das kann doch nicht sein! Eine Diskussion über eine veränderte Notenvergabe in Bayern würden wir nur mittragen, wenn es alle Fächer betreffen würde."

Kultusministerium verweist auf geltende Praxis

Eine Reform der Benotungspraxis ist offenbar auch für Schüler und Lehrer in Bayern durchaus ein Thema. Was sagt das zuständige Kulturministerium dazu? Dort reagiert man gelassen auf die Anfrage von BR24: "Die Berücksichtigung individueller Voraussetzungen ist an Bayerns Schulen schon immer pädagogische Praxis."

Gerade in Sport, Musik und Kunst könnten bayerische Lehrkräfte demnach beispielsweise bei der Bewertung von praktischen Leistungserhebungen auch individuelle Voraussetzungen und Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler einbeziehen und etwa Leistungsbereitschaft, Lernfortschritt, Teamfähigkeit oder Kooperationsfähigkeit bei der Notenvergabe berücksichtigen. Die begeisterte Reaktion der bayerischen Schülervertreter auf den Vorschlag auf Thüringen weist darauf hin, dass diese Vorgehensweise bei der Benotung in Sport, Musik und Kunst nicht bei jedem Schüler in Bayern auch so anzukommen scheint.

Umsetzung in Thüringen fraglich

Ob Schülerinnen und Schüler im von einer rot-rot-grünen Minderheit regierten Thüringen wirklich eine Reform der Benotung in diesen Fächern erleben werden, ist mehr als fraglich: Andere Vorschläge der Regierung zum Thema Bildung wie eine Stärkung von Gesamtschulen oder eine Abschaffung des Sitzenbleibens sorgten im Erfurter Landtag vor allem für viele Diskussionen, führten aber zu wenig zählbaren Ergebnissen.

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