Kriseninterventionsteams (KIT) betreuen Menschen in Extremsituationsn psychologisch. Jede Situation ist anders für die ehrenamtlichen Einsatzkräfte, eine detaillierte Vorbereitung auf den Einsatz oft nicht möglich. Die Ehrenamtlichen kümmern sich um Menschen vor Ort – quasi als Erste Hilfe für die Seele.
Ein Psychologe der Katholischen Universität (KU) Eichstätt entwickelt deshalb eine App, die die Einsatzkräfte unterstützen soll: Robert Steinhauser ist neben seinem Job an der KU ehrenamtlich auch fachlicher Leiter des Eichstätter KIT und kann bei der App-Entwicklung auf seine eigenen Erfahrungen zurückgreifen. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und verschiedene bundesweite Hilfsorganisationen und Fachverbände bringen ihre Expertise laut KU mit ein. Im Dezember soll ein erster Prototyp der App fertig sein.
Auch Krisenhelfer brauchen Hilfe
HEiDi heißt die App, kurz für Hilfeapp für Einsatzdienste. Mit ihr sollen die Einsatzkräfte der psychosozialen Notversorgung sich vorbereiten und Einsätze dokumentieren können – oder sich um die eigene Psychohygiene kümmern. Je nachdem, wie eine Organisation sich die App einrichtet. Die ist nämlich individuell anpassbar.
Das KIT Eichstätt bündelt speziell ausgebildete ehrenamtliche Kräfte von Hilfsorganisationen und Kirchen, die Menschen nach Unfällen, Katastrophen oder plötzlichen Todesfällen unterstützen. Die wenigsten von ihnen sind auch beruflich im psychologischen Bereich tätig. Sie erhalten vorher eine umfassende Ausbildung. Trotz dieser habe er sich oft gewünscht, bereits auf der Anfahrt anhand des Einsatzstichwortes zu wissen, worauf er sich bei der Betreuung konzentrieren müsse, so Steinhauser.
Spezialwissen schnell anwendbar
Vor Ort habe man entsprechende Fachinformationen nicht parat, um nachzuschlagen. Jede Situation bringe individuelle Anforderung an die psychosoziale Versorgung mit sich: So müsse man beispielsweise an einer Unfallstelle mit einem Unfallverursacher, der zur höchsten Risikogruppe für Suizid gehöre, anders umgehen, als mit den Betroffenen der Flutkatastrophe im Ahrtal. Dort war das KIT Eichstätt erst einige Tage nach den Vorfällen im Einsatz, weshalb die Menschen ganz andere psychische Prozesse durchliefen. Zudem gebe es immer wieder Einsatzlagen, die selten angewandtes Spezialwissen erforderten - wie etwa interkulturelle Aspekte zum Umgang mit Verstorbenen oder die Kommunikation mit Gehörlosen am Einsatzort.
Um dem breiten Spektrum an Anforderungen gerecht zu werden, soll die HEiDi-App flexibel anpassbar sein: Organisationen, die die App nutzen, sollen selbst entscheiden können, welche Informationen sie ihren Einsatzkräften bereitstellen wollen und wie sie diese aufbereiten wollen. Ob sie die App auch zur Dokumentation der Einsätze nutzen wollen, oder für die Psycho-Hygiene der Einsatzkräfte.
Prototyp für Dezember geplant
Bis Dezember wird eine Testversion programmiert – finanziert durch einen Innovationsfonds der KU, in den auch Mittel des Bundesbildungsministeriums fließen. Auf lange Sicht soll das Projekt „HEiDi – Die Hilfeapp für Einsatzkräfte“ in Form eines gemeinnützigen Vereins ausgegründet werden. Für die Zeit nach der Anschubfinanzierung ist Steinhauser laut KU schon in Gesprächen mit potenziellen Förderern. Für den dauerhaften Betrieb der App, die für die Nutzenden kostenlos sein soll, seien mehrere Hunderttausend Euro erforderlich.
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