Eine Frau startet durch: SPD-Landesvorsitzende in Bayern, Spitzenkandidatin bei der nächsten Landtagswahl und nun auch noch stellvertretende Bundesvorsitzende. Vor wenigen Jahren wäre das noch nicht gegangen, räumt Natascha Kohnen freimütig ein:
"Ja, das ist richtig – meine Kinder sind groß, beide mit der Schule fertig, beide in Ausbildung – und jetzt ist Zeit." Natascha Kohnen, designierte SPD-Vizechefin
Späte Karriere
Die echte Münchnerin, Biologin und Redakteurin gilt als politische Quereinsteigerin – sie ist erst spät, mit über dreißig in die SPD eingetreten. Schnell machte sie dort Karriere: Zunächst Gemeinderätin in Neubiberg und schon nach wenigen Jahren Landtagsabgeordnete, dann Generalsekretärin der Bayern-SPD an der Seite des glücklosen Florian Pronold. Als ausgerechnet er sie zu seiner Nachfolgerin vorschlug, forderten einige in der SPD einen wirklichen Neuanfang. Am Ende setzte sich Kohnen in einer Mitgliederbefragung gegen fünf männliche Kontrahenten durch. Jetzt will sie auch auf Bundesebene stärker mitreden, will stellvertretende Bundesvorsitzende werden:
"In der SPD war der Süden Deutschlands bisher ein bisschen stiefmütterlich behandelt in den letzten Jahren, fast schon Jahrzehnten, und insofern wird es wirklich Zeit, dass jemand aus dem Süden in die SPD-Spitze mit hinein kann und auch mal den Blick Richtung Süden drehen und wenden kann, weil hier sind die Themen auch schon nochmal andere." Natascha Kohnen, designierte SPD-Vizechefin
Soziale Probleme in Bayern anders gelagert
Laut Kohnen ist Bayern ein wirtschaftlich sehr starkes Land, aber es hat trotzdem soziale Probleme, die sich aber von denen im Rest der Republik unterscheiden:
"Bei uns sind beispielsweise Mindestlohnhöhen, wie sie im Moment festgesetzt sind, die greifen ja hier gar nicht bei diesen Lebenskosten, die wir hier im Süden Deutschlands haben, das heißt, darüber muss man reden. Und natürlich das Riesenthema Wohnen: Bezahlbares Wohnen ist hier in Bayern eines der wichtigsten Themen, die Menschen haben immer mehr Angst, dass sie sich ihr Dach über dem Kopf nicht leisten können." Natascha Kohnen, designierte SPD-Vizechefin
Auf den Mund gefallen ist Kohnen jedenfalls nicht – allerdings nutzt sie dieses Talent zu selten, halten ihr Kritiker vor. Sie vermissen auch neue Akzente auf Landesebene. Momentan spielt für sie aber die Musik auf der Bundesebene, wo eine neue GroKo droht. Kohnen mahnt ihre Partei zur Zurückhaltung:
"Jetzt müssen wir erstmal herausfinden, ob die gegenüberliegende Seite, wie auch immer sie aussehen mag, überhaupt mit den großen Punkten von uns leben kann, und dann schauen wir mal, ob es weitergeht und wie es dann weitergeht." Natascha Kohnen, designierte SPD-Vizechefin
Noch relativ unbekannt in Bayern
In Bayern steht Kohnen vor dem Problem, dass sie außerhalb Münchens kaum jemand kennt. Innerhalb der SPD kennt man sie, zumindest ein bisschen – sie sitzt bereits im Bundesvorstand. Aber reicht das für ein gutes Ergebnis?
"Ach wissen Sie, ich bin ja Naturwissenschaftlerin. Und die geben ungern Prozentzahlen nach Kaffeesatzleserei ab." Natascha Kohnen, designierte SPD-Vizechefin
Da aber der gesamte Bundesvorstand hinter ihrer Nominierung steht, darf sie sich durchaus Hoffnungen auf ein gutes Ergebnis machen.