Gustav-Adolf-Gedächtnis-Kirche
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Die vier Kandidierenden für den Posten des evangelischen Landesbischofs haben sich heute in Nürnberg vorgestellt.

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Nachfolge für Landesbischof: Kandidierende stellen sich vor

Wer wird Nachfolger des evangelischen Landesbischofs in Bayern, Heinrich Bedford-Strohm? Den oder die Neue wählen die 108 Mitglieder der Landessynode. In Nürnberg haben sich die vier Kandidierenden heute vorgestellt.

Es ist eine umtriebige Stimmung in der Gustav-Adolf-Gedächtnis-Kirche, als die Präsidentin der Landessynode, Annekathrin Preidel, um Aufmerksamkeit bittet. Die Wahl der neuen Bischöfin oder des neuen Bischofs, die oder der am 31. Oktober ins Amt eingeführt werden soll, sei "auch ein geistlicher Prozess", sagt sie. Deshalb treffe man sich nach der ersten Vorstellung der vier Kandidierenden vor einigen Wochen im Münchner Presseclub nun in einer Kirche. Nach einer kurzen Andacht geht es dann los. Und als sich die Kandidierenden jeweils zehn Minuten lang selbst vorstellen, gleicht das im Stil ein wenig einer Predigt.

Gabriele Hoerschelmann für krisenfeste Kirche

Gabriele Hoerschelmann bezeichnet zu Beginn ihrer Rede Rituale als "Schatz der Kirche". Die Kirche könne aber noch mehr, sagt die derzeitige Direktorin von Mission EineWelt aus Neuendettelsau. Als Beispiel nennt Hoerschelmann den Aufbruch in aussichtslosen Lebenslagen und bezieht das auch auf die heutige Zeit. "Krisen flattern gerade wie Vögel um den Kopf", sagt die promovierte Theologin. Hoerschelmann empfiehlt, die Kirche müsse sich bewusst sein, dass die Kraft gerade in den Schwachen mächtig sei. Die Kirche werde von der Gesellschaft gebraucht. Was das Handeln innerhalb der Kirche betrifft, setze sie sich ein für Vertrauen, Inspiration und eine Fehlerkultur.

Christian Kopp: Echte Begegnung macht Kirche zukunftsfähig

Für Christian Kopp ist der Satz "Es geht nur gemeinsam" der rote Faden seines Handelns, sagt der Regionalbischof von München und Oberbayern. Alle seien vor Gott genau gleich. Er stehe für eine mutige und kreative Kirche. Es brauche Orte, an denen echte Begegnung entsteht, denn dort entstehe Glaube. Und es brauche eine Kirche, die sich nicht weggeduckt, aber auch "eine Kirche, die über sich selbst lachen kann", findet der gebürtige Regensburger Kopp. Wie Kandidatin Hoerschelmann plädiert auch er für eine demütige Kirche, "die das, was sie macht, gut macht".

Nina Lubomierski setzt auf viele Schlüsselkompetenzen

Nina Lubomierski wählt den Begriff des Schlüssels als Sinnbild ihrer Vorstellungsrede. So habe ein Bischof die Schlüsselgewalt. Doch könne er mit dem Schlüssel nur Probleme lösen, wenn alle Menschen in der Kirche ihre Schlüsselkompetenzen und Schlüsselerfahrungen einbringen. In der Kirche möchte sie Tradition und Innovation miteinander verbinden. Sie verweist dabei unter anderem auf ein von ihr initiiertes und öffentlich beachtetes Projekt "Pop-Up Kirche". Lubomierski ist seit 2020 Dekanin im Dekanatsbezirk Landshut. Die promovierte Theologin wirkte zuvor mehrere Jahre als Pfarrerin in Würzburg.

Klaus Schicker: "Die Jugend ist Kirche"

Der Dekan des Dekanatsbezirks Windsbach im Landkreis Ansbach, Klaus Schlicker, erklärt, er möchte den Mangel in der Kirche als Chance begreifen. Er bezieht sich damit auf die schwindenden Mitgliederzahlen und auch die wachsende Knappheit finanzieller Mittel. Er wirbt für mehr Kontakt zu den Kirchenmitgliedern, eben auch jenen, die nicht in Gottesdienste kämen. Als große Herausforderung nennt er den Glaubwürdigkeitsverlust der Kirche. Dem müsse die Kirche mit Ehrlichkeit und Selbstkritik begegnen, fordert Schlicker. Der Vater von vier Kindern wirbt dafür, die Kompetenz und den Aufbruchswillen der Jugend zu nutzen und mahnt: "Die Jugend ist nicht Zukunft der Kirche, sie ist die Kirche".

Geteilte Meinungen zu Waffenlieferungen an die Ukraine

Nach den Selbstvorstellungen fühlte ein von der Landeskirche eingesetzter Moderator den Kandidierenden in Einzelinterviews auf den Zahn. So fragte er nach der Haltung zum Krieg Russlands gegen die Ukraine und zu den Waffenlieferungen aus Deutschland. Man müsse um die beste Lösung ringen und den Diskurs offenhalten, erklärte Nina Lubomierski. Klaus Schlicker nannte den Krieg ein Ereignis, das hilflos macht. Er bete jeden Tag dafür, dass die Waffen schwiegen und Frieden einkehre. Ein Frieden, auf den zuvorderst die UN mit Initiativen hinarbeiten müsse. Gabriele Hoerschelmann sagt klar, zu Waffenlieferungen gebe es keine andere Wahl. Denn es gehe um die Sicherheit in ganz Europa. Christian Kopp stellt den Kirchenslogan "Frieden schaffen ohne Waffen" als oberste Maxime für alle Christen heraus. Doch "bei einem so krassen Völkerrechtsbruch, müssen wir der Ukraine helfen" findet Kopp, weshalb man der Ukraine Unterstützung gegen den Aggressor geben müsse.

Auch zu assistiertem Suizid keine einhellige Meinung

Weniger stark geteilt ist das Bild unter den Kandidierenden in der Frage zum assistierten Suizid. Gabriele Hoerschelmann spricht sich gegen ein entsprechendes Gesetz aus, über das der Bundestag aktuell debattiert. Man müsse stattdessen mehr auf Prävention und schmerzlindernde Behandlungen setzen, meint sie. Nina Lubumierski betont: "Auch assistierter Suizid ist ein Suizid". Selbstmord sei ansteckend. Die Kirche habe da eine große Verantwortung. Klaus Schlicker findet, die Kirche müsse sich für den Lebensschutz einsetzen. Extreme Ausnahmesituationen mögen allerdings einen assistierten Suizid rechtfertigen. Dafür brauche es eine gesetzliche Regelung. Doch könne eine solche Regelung eine Gewissensentscheidung nicht erleichtern. Christian Kopp bekennt sich zur jetzigen Position der bayerischen Landeskirche, einen Denkraum zu eröffnen, in dem man nicht zu stark in eine Polarisierung gerate.

Am 27. März wählt die Landessynode der bei ihrer Tagung in München die neue Bischöfin oder den neuen Bischof. Die Amtseinführung ist für den 31. Oktober 2023 geplant.

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