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Zugunglück in Aichach

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Nach Zugunglück von Aichach will Bahn Stellwerke modernisieren

Nach dem Zugunglück von Aichach im Mai will die Bahn mit einem Großprojekt ihre alten mechanischen Stellwerke modernisieren. Ein elektronisches Warnsystem soll verhindern helfen, dass Weichen falsch gestellt werden können. Von Anton Rauch

Ab dem nächsten Jahr will die Bahn gut die Hälfte ihrer mechanischen Stellwerke mit der modernen Technik ausrüsten. In diesen Stellwerken bedient ein Fahrdienstleiter Weichen und Signale per Hand – mithilfe großer eiserner Hebel, mechanischer Drahtzüge oder elektrischer Schalter. Das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" hat zuerst über das Investitionsprogramm berichtet, für das die Bahn in den nächsten Jahren rund 90 Millionen Euro veranschlagt.

Computergesteuerte Warnanlage soll künftig Fahrdienstleiter unterstützen

Eine Bahnsprecherin bestätigte dem Bayerischen Rundfunk das Nachrüstprogramm. Demnach sollen Warnanlagen eingebaut werden, die über Sensoren im Gleis und an den Schalthebeln einem Computer melden, wenn ein Zug auf ein Gleis gelenkt werden könnte, wo bereits ein anderer Zug steht. In einem solchen Fall werden eine Warnsirene und ein blinkendes Warnlicht aktiviert.

Regionalzug war bei Aichach auf stehenden Güterzug aufgefahren

Eine solche Anlage hätte womöglich auch den Zusammenstoß zweier Züge im schwäbischen Aichach verhindern können. Im Mai waren bei dem Zugunglück ein Lokführer und eine Frau gestorben, drei Passagiere wurden teilweise schwer verletzt, insgesamt gab es 14 Verletzte. Der von Augsburg nach Ingolstadt fahrende Regionalzug war wenige Hundert Meter vor dem Bahnhof Aichach frontal auf die Lok eines stehenden Güterzuges aufgefahren.

Sohn der getöteten Frau fordert technische Nachrüstung

Der Sohn der getöteten Passagierin hatte nach dem Unglück von der Bahn technische Nachrüstungen gefordert. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen gegen den Fahrdienstleiter auf. Gegen den 24-jährigen Mann aus dem Raum Augsburg wurde ein Haftbefehl erlassen. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Der Haftbefehl wurde aber gegen Auflagen wieder aufgehoben, weil die Augsburger Staatsanwaltschaft keine Fluchtgefahr sah.

Pro Bahn: Bedienungsfehler hat zu Zugunglück geführt

Errol Yazgac vom Fahrgastverband Pro Bahn (Bezirksgruppe Schwaben) will sich an den Spekulationen, ob der zuständige Fahrdienstleiter kurz vor dem Zugunglück in Aichach die Gleise verwechselt hat, nicht beteiligen. Fakt sei, so Errol Yazgaz, ein Bedienungsfehler habe zu dem Unfall in Aichach geführt, alles Weitere müssten die Untersuchungen zeigen. Yazgac betonte aber: "Wünschenswert ist in jedem Falle mehr Unterstützung durch Technik. Dadurch können Fehler reduziert werden."

Stellwerk in Aichach ist im Modernisierungsprogramm der Bahn

Das Aichacher Stellwerk soll eines der neuen Warnsysteme erhalten. Allerdings wird auch dieses Investitionsprogramm mehrere Jahre dauern und nur gut die Hälfte der mechanischen Stellwerke umfassen.

Laut Bericht sind rund 600 von 1.178 Stellwerken der Bahn für das Warnsystem vorgesehen. Bei der Auswahl habe sich die Bahn zunächst offenbar auf Strecken konzentriert, auf denen 40 Stundenkilometer oder schneller gefahren werde und auf denen Personenzüge in hoher Frequenz verkehrten. Der Einbau der Warnanlagen soll demnach im Januar 2019 beginnen und bis 2024 abgeschlossen sein.

Veraltete Signaltechnik auch beim Zugunglück von Bad Aibling

Auch beim Zugunglück von Bad Aibling im Februar 2016 waren zwei Meridian-Regionalzüge wegen falsch gestellter Weichen und Signale frontal zusammengestoßen. Dabei starben zwölf Menschen. 89 wurden schwer verletzt. zu einer Freiheitsstrafe von dreieinhalb Jahren verurteilt.

Kein Urteil über fehlende Technik

Bekannt wurde in dem Verfahren auch, dass die Bahn auf der Unglücksstrecke seit mehr als 30 Jahren veraltete Signaltechnik einsetzt. Eine Vorschrift von 1984, zusätzliche Anzeigen zu installieren, war nicht umgesetzt worden, wie ein Unfallexperte des staatlichen Eisenbahnbundesamtes aussagte. Die Bahn muss dies nur im Rahmen ihrer finanziellen Möglichkeiten tun.

Technik aus zwei Jahrhunderten bei der Eisenbahn im Einsatz

Tatsache ist, dass alle Technik der Bahn erprobt ist und von der Zulassungsbehörde, dem Eisenbahnbundesamt geprüft und genehmigt ist. Allerding sind im komplexen Bahnsystem technische Systeme unterschiedlicher Bauzeit nebeneinander im Einsatz. Die Nachrüstung auf neuesten Stand dauert da oft Jahrzehnte.