CSU-Chef Markus Söder (Archivbild)
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CSU-Chef Markus Söder (Archivbild)

    Nach Mayer-Rücktritt: Druck auf CSU-Chef Söder wächst

    Nach dem Rücktritt von Generalsekretär Mayer sehen mehrere CSU-Politiker dringenden Handlungsbedarf. Die Position müsse schnell neu besetzt werden, betonen Sozialministerin Scharf und Landtagspräsidentin Aigner. Ex-Parteichef Huber schlägt Alarm.

    Weniger als eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl in Bayern sucht die CSU einen neuen Generalsekretär oder eine Generalsekretärin – und ringt um den richtigen Kurs. Die Landeschefin der Frauen-Union und bayerische Sozialministerin, Ulrike Scharf, forderte im BR24-Interview: "Die Position muss schnell neu besetzt werden." Ex-Parteichef Erwin Huber mahnte "breite interne Abklärungen und zügige personelle Entscheidungen" an – und attestierte der Partei einen schlechten Zustand. Auch Landtagspräsidentin Ilse Aigner zeigte sich besorgt.

    Parteichef Markus Söder wollte sich am Vormittag zunächst nicht zur Nachfolge von Stephan Mayer äußern, der am Dienstagabend nach heftigen Vorwürfen zurückgetreten war. Mit der Neubesetzung des Postens wird innerhalb der nächsten Tagen gerechnet, möglicherweise schon diesen Freitag.

    Scharf sieht große Aufgaben

    Scharf sieht die neue Generalsekretärin oder den neuen Generalsekretär vor großen Herausforderungen: "Die Partei muss gut für die Landtags- und Bezirkswahlen im kommenden Jahr aufgestellt werden und ein neues Grundsatzprogramm entwickeln."

    Aigner, die auch Chefin des einflussreichen CSU-Bezirksverbands Oberbayern ist, forderte, der "neue General sollte den ländlichen Raum repräsentieren und stärken". Ob es eine Frau oder ein Mann werde, sei nicht entscheidend, sagte Aigner der Deutschen Presse-Agentur. Vielmehr müsse die Person Erfahrung mitbringen, die Partei und ihre Strukturen gut kennen und gegen bundespolitische Größen in Fernseh-Diskussionen wortgewandt und intelligent bestehen können. "Es muss jemand sein, der Themen setzt und damit unsere Wählerschaft abholt."

    Aigner: CSU muss Probleme in den Griff bekommen

    Schon mit der Berufung Mayers zum Generealsekretär im Februar hatte Parteichef Söder versucht, die Rückbesinnung der CSU auf die konservative Stammwählerschaft im ländlichen Raum voranzutreiben. Mayer trat aber nach nicht einmal zehn Wochen im Amt zurück – offiziell aus "gesundheitlichen Gründen", aber auch weil er einen Journalisten wegen dessen Berichterstattung über Mayers Privatleben verbal bedroht haben soll.

    An den Spekulationen über die Nachfolge will sich Aigner nicht beteiligen. Söder müsse jetzt schnell handeln, und sie sei davon überzeugt, dass er dies auch tun werde. Mit dem aktuellen Zustand ihrer Partei zeigte sich die Landtagspräsidentin unzufrieden. "Die CSU regiert Bayern sehr gut – aber die Probleme in der Partei lenken den Fokus davon ab. Das müssen wir schnell in den Griff bekommen." Die CSU stehe für Respekt, Rücksicht, Augenmaß. Diese Werte seien in jüngster Zeit an mancher Stelle abhanden gekommen. "Das müssen wir wieder ändern. So wie es in der Vergangenheit gelaufen ist, dürfen wir nicht weitermachen."

    Huber fordert "schonungslose Aufklärung"

    Deutlichere Worte kamen vom früheren Parteichef Erwin Huber. "Der gewaltige Stimmenverlust bei der Bundestagswahl, das Pandemiemanagement, vor allem aber indiskutable moralische Fehltritte von Mandatsträgern und zuletzt der Blackout des Generalsekretärs haben die CSU in eine dramatische Situation gebracht", sagte Huber mit Blick auf den Fall Mayer und die Verwicklung von CSU-Politikern in die Maskenaffäre.

    Die Substanz der Volkspartei CSU sei stark – und man habe es auch bei Krisen in der Vergangenheit immer geschafft, "reinen Tisch" zu machen. "Aber das setzt große Standfestigkeit und erkennbare Klärungen voraus, die breit anzugehen sind", verlangte Huber. "Zu diesen Problemen gehören die Einbrüche im Stammwählerbereich, die zu geringe Attraktivität für die junge Generation, die schonungslose Aufklärung des Fehlverhaltens einzelner Mandatsträger, die glaubwürdige Durchsetzung der Transparenzregeln und insgesamt die absolute Konzentration auf Bayern."

    JU-Landeschef: Vertrauen zurückgewinnen

    Der Landesvorsitzende der Jungen Union, Christian Doleschal, warnte dagegen davor, den Wirbel um Mayers Rücktritt "überzubewerten". Die Lagebeschreibung Hubers bezeichnete er "als ein bisschen übertrieben". Dem BR sagte Doleschal: "Wir dürfen nichts unterschätzen, wir sind uns der Verantwortung auch bewusst. Aber als dramatisch würde ich die Lage der CSU aktuell noch nicht bezeichnen."

    Zugleich räumte Doleschal ein, dass durch Handlungen Einzelner immer auch etwas Vertrauen verlorengehe. Entscheidend sei dann, wie die Partei reagiere. So habe die CSU im Zuge der Maskenaffäre ihre Compliance-Regeln verschärft. "Letztendlich geht's auch darum, beim Personal darauf zu achten, dass wir Leute haben, die Vertrauen wieder zurückgewinnen können."

    Politologin: Söder hat nicht viel Auswahl

    Nach Meinung der Politikwissenschaftlerin Ursula Münch ist die Personaldecke der CSU "ausgesprochen knapp bemessen". Söder habe im Grunde gar nicht mehr viel Auswahl, sagte sie dem BR. Er brauche jemanden, der ein großes Organisationstalent habe, nach außen souverän wirke und auch die "nötige Bissigkeit" habe.

    Wichtig sei, dass sich der Parteichef klar von den Fehlern von CSU-Politikern distanziere. "Da ist jetzt ganz viel Vertrauen zerstört worden." Neues Vertrauen müsse Söder aufbauen, indem er nun die "richtigen Personen" finde und sich vor allem wieder Inhalten widme. "Was die Leute überhaupt nicht mögen, ist, wenn man sich zu sehr als Partei mit sich selbst beschäftigt."

    Der CSU stehen schwierige Woche bevor

    Derweil steht die CSU möglicherweise vor weiteren turbulenten Tagen. Zunächst muss die Entscheidung über den neuen Generalsekretär getroffen werden. Mit Spannung erwartet wird darüber hinaus die Sitzung des Masken-Untersuchungsausschusses im Landtag nächste Woche: Dort sollen wichtige Zeugen befragt werden – überwiegend prominente noch aktive oder ehemalige CSU-Politiker sowie Angehörige bekannter CSUler.

    Geladen sind unter anderem Ex-Justizminister Alfred Sauter, der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete Georg Nüßlein sowie Andrea Tandler, Tochter des früheren CSU-Generalsekretärs Gerold Tandler. Sie sollen durch Provisionen für von ihnen eingefädelte Maskengeschäfte viel Geld verdient haben – Tandler hat mit einem Partner offenbar 48 Millionen Euro erhalten.

    Kühnert: CSU-Skandale häufen sich

    Schwere Vorwürfe an die Adresse Söders formulierte SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert: Die CSU-Skandale häuften sich spürbar, sagte er der "Rheinischen Post". "Markus Söder ist mehr damit beschäftigt, seine CSU zu managen, und führt den Freistaat nur noch im Nebenjob". Mayers Rücktritt sei "nur der neue traurige Höhepunkt einer langen Liste von personellen Fehlbesetzungen durch Markus Söder".

    Kühnert erinnerte an die Maskendeals von Unionspolitikern zu Beginn der Corona-Krise sowie an Ex-Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), "der als Verkehrsminister den Steuerzahlern ein skandalöses Milliardengrab hinterlassen hat und von Söder trotzdem nicht aus der Regierung abgezogen wurde". Am Dienstag war bekanntgeworden, dass die Berliner Staatsanwaltschaft gegen Scheuer ermittelt.

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