Banu Büyükavci (rechts) und Sinan Aydin
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Die Nürnberger Ärztin und bekennende Kommunistin Banu Büyükavci (rechts) wird Deutschland wohl verlassen. (Archivfoto)

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Nach Kommunismus-Vorwürfen: Ärztin soll ausgewiesen werden

Nach Kommunismus-Vorwürfen: Ärztin soll ausgewiesen werden

Banu Büyükavci lebt seit fast 20 Jahren in Deutschland und arbeitet am Klinikum in Nürnberg. Schon vor Jahren drohte ihr die Ausweisung, jetzt soll sie endgültig das Land verlassen – das würde die 52-Jährige inzwischen wohl auch freiwillig machen.

Über dieses Thema berichtet: regionalZeit - Franken am .

Schon 2020 drohte der türkischstämmigen Ärztin Banu Büyükavci die Ausweisung aus Deutschland. Damals setzte sich ein großes Bündnis für die heute 52 Jahre alte Frau ein. Die Kampagne "BanuMussBleiben" war erfolgreich, wöchentlich gab es für sie zum Beispiel Mahnwachen, die Stadt Nürnberg setzte das Ausweisungsverfahren gegen sie aus. Zu prominenten Unterstützern zählten zum Beispiel die ehemalige Bundesfamilienministerin Renate Schmidt (SPD) oder Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU). Anfang August dieses Jahres bekam sie nun aber einen Ausweisungsbescheid, dieses Mal von der Landesbehörde für "Asyl und Rückführung" (LfAR) aus München. Für die Psychiaterin war es ein Schock, sie will das Land jetzt wohl freiwillig verlassen.

Vorwurf: Unterstützung einer Terror-Vereinigung

Die Geschichte von Banu Büyükavci ist nervenaufreibend. Im Jahr 2015 wurde sie von der Polizei in Nürnberg festgenommen. Der Vorwurf durch die Bundesanwaltschaft lautete: "Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland", laut Paragraf 129b. Sie saß drei Jahre in Untersuchungshaft in München-Stadelheim, 2018 wurde sie daraus entlassen und im Jahr 2020 verurteilt. Das Oberlandesgericht sah es als erwiesen an, dass sie Mitglied der kommunistischen Organisation "TKP/ML" ist, eine Gruppe in der Türkei, die in den 1970er-Jahren gegründet worden ist. Die insgesamt zehn Angeklagten sollen Geld beschafft, Veranstaltungen organisiert und Mitglieder geworben haben, heißt es in dem Urteil. Mit dem Geld sei auch der bewaffnete Arm der Gruppierung in der Türkei unterstützt worden. In Deutschland ist die Gruppe nicht verboten, in der Türkei aber schon. Ihr Anwalt Yunus Ziyal teilte mit, dass ihr keine Gewalttaten vorgeworfen wurden.

Umstrittener Paragraf 129b

Der Paragraf 129b (Unterstützung einer terroristischen Vereinigung im Ausland) wurde im Jahr 2002 von der damaligen Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) eingeführt, unter anderem deshalb, um Mitglieder des sogenannten Islamischen Staats, kurz IS, auch in Deutschland verurteilen zu können. Anwalt Yunus Ziyal kritisiert den Paragrafen 129b. Dieser umfasse, salopp gesagt, jede Organisation, die bewaffnet gegen ihre Regierung kämpft, so Ziyal. Davon wäre zum Beispiel auch die "Freie Syrische Armee" oder der "African National Congress" von Nelson Mandela damals betroffen, so der Anwalt. In dem Prozess in München habe er deshalb auch kritisiert, dass dieser Paragraf Rechtsstaaten schützen sollte – aus seiner Sicht sei die Türkei das aber nicht.

Revision abgewiesen

Gegen das Gerichtsurteil von 2020 des Oberlandesgerichts in München hatte der Anwalt Revision gestellt, diese wurde aber in diesem Juni abgewiesen. Es seien keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten festgestellt worden, heißt es in der Begründung.

Kurz darauf im August hatte die Ärztin nun den Ausweisungsbescheid vom Landesamt für Asyl und Rückführungen erhalten. Dieses teilte dem BR unter anderem schriftlich mit, dass ein Ausländer, der die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik gefährdet, ausgewiesen wird. Insbesondere, wie hier im Fall von Frau Büyükavci, sei das Interesse einer Ausweisung besonders groß, wenn die Person wegen einer vorsätzlichen Straftat rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist, heißt es vom Landesamt.

Büyükavci will Deutschland verlassen

Auch wenn Banu Büyükavci laut ihrem Anwalt Yunus Ziyal gute Chancen hätte, durch einen Antrag auf Asyl in Deutschland bleiben zu können, hat sie sich dazu entschieden, das Land zu verlassen. Denn zum einen wäre unklar, ob sie während ihres Asylantrags weiter am Klinikum Nürnberg arbeiten könnte, so der Anwalt. Zum anderen, sagte sie am Rande einer Lesung eines Buches über ihren Fall, dass sie glaube, dass der deutsche Staat sie niemals in Ruhe lassen würde.

Kampagnenmitglieder wollen weitermachen

Ulli Schneeweiss, Gewerkschaftsführer von Verdi, der die Kampagne "BanuMussBleiben" mit ins Leben gerufen und geleitet hat, hat eine Petition gestartet. Darin werden die Mitglieder des Bundestags aus Bayern als auch Nürnbergs Oberbürgermeister Marcus König (CSU) dazu aufgefordert, Stellung zu Paragraf 129b zu nehmen. Auch an Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) sei ein Brief verfasst worden, dass die Verfolgungsermächtigung gegen Banu Büyükavci zurückgezogen werden soll. Schneeweiss zeigte sich betroffen, dass die Ärztin nun Deutschland verlassen soll.

Ihren Pass musste sie bereits abgeben, außerdem muss sie sich wöchentlich bei der Polizei melden. Derzeit liegt ihre Klage gegen den Ausweisungsbescheid beim Verwaltungsgericht in Ansbach, sollte diese abgelehnt werden, muss Banu Büyükavci innerhalb von 30 Tagen Deutschland verlassen.

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