Auch in Oberbayern sind die Verluste der CSU deutlich zu sehen. Erreichten Wahlkreiskandidaten bei vergangen Wahlen noch zwischen 40 und 50 Prozent der Stimmen, so haben die Kandidatinnen und Kandidaten bei der gestrigen Abstimmung im Schnitt etwa zehn Prozent verloren. Einige von ihnen sind spürbar verärgert.
Enttäuschung in Rosenheim - Pandemie als Erklärung
In Rosenheim müsste die Enttäuschung groß sein. Da hat Daniela Ludwig (CSU), die Drogenbeauftragte der Bundesregierung deutlich Stimmen verloren. Im Vergleich zur Wahl 2017 hat sie fast zehn Prozentpunkte eingebüßt und kommt in ihrem Wahkreis nur noch auf 36,1 Prozent. Ihr Bundestagsmandat hat sie so trotzdem verteidigt und ist damit zumindest nicht unglücklich: "Ich für meinen Teil bin mit meinem Ergebnis durchaus zufrieden. Ich liege deutlich vor der Partei, das nehme ich als Vertrauensbeweis der Bevölkerung mit." Dennoch versucht sich Ludwig auch an einer Erklärung der eher enttäuschenden CSU-Ergebnisse in ihrem Wahlkreis: "Es ist nicht von der Hand zu weisen, wir haben hier sehr, sehr häufig Probleme mit den Corona-Maßnahmen gehabt, sehr viel Unverständnis, oftmals begründet - ich bin mir sehr sicher, dass sich das im Wahlergebnis niederschlägt."
Ingolstadt: Sieg ohne Siegerfreude
In Ingolstadt konnte CSU-Kandidat Reinhard Brandl seinen letzten Sieg wiederholen und kam auf 44,9 Prozent. Immerhin ein Verlust von nur vier Prozentpunkten. Dafür hat aber die Partei deutlich verloren: Sieben Prozentpunkte weniger gab es mit 34,6 Prozent bei den Zweitstimmen in Ingolstadt. Brandls Analyse der Verluste berücksichtigt nicht die Pandemie, sondern vielmehr die Bundes-CDU: "Wir hatten nicht sehr viel Rückenwind aus Berlin und unser Spitzenkandidat Armin Laschet hat nicht in jeder Phase des Wahlkampfes gezogen." Umso mehr bezeichnete Brandl sein persönliches 45 Prozent-Ergebnis als große Ehre.
Ramsauer trotz Verlusten wie ein Fels in der Brandung
Die heftigste Kritik am CSU-Ergebnis übt ein erfahrener Polit-Profi, Peter Ramsauer (CSU). Der 67-jährige ehemalige Bundesverkehrsminister sitzt schon seit 1990 im Bundestag. Angetreten ist er wieder im Wahlkreis Traunstein-Berchtesgadener Land. Er kommt auf 36.6 Prozent, der Einzug in den Bundestag ist wieder gelungen, aber im Vergleich zu 2017 verliert er fast 14 Prozentpunkte. Zwar bedankt er sich im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk bei seinen Wählern. Seine Analyse der Verluste ist aber harscher und länger als bei anderen Kollegen - man sei nicht mehr dran an den Wählern, sagt Ramsauer. Ihn hätten in den letzten Wochen unzählige Parteiausstrittsschreiben erreicht: "In vielen Menschen, die unser Klientel sind, ist das Urvertrauen erschüttert worden. Wir müssen wieder Politik für die Leute und nicht gegen die Leute machen." Peter Ramsauer ist sich sicher, dass schon jetzt die Zeit gekommen ist, um einen Kurswechsel einzuschlagen - denn die nächsten Wahlen sind nicht so weit weg, wie manche denken, meint Raumsauer und lacht: "Wir haben vielleicht schon viel früher wieder Landtagswahl, bis dahin haben wir viel gutzumachen."
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