Es klingt wie ein Alptraum: Ein Dalmatiner hat in München im September 2021 einem vierjährigen Buben ein Stück Ohr abgebissen. Jetzt hat die Hundehalterin dafür eine Bewährungsstrafe erhalten. Für die Frau – übrigens eine Münchner Ärztin – war es nicht das erste Verfahren dieser Art. Ihr Hund "Dalmi" ist nämlich schon öfter auffällig geworden.
Warum konnte so etwas trotz Auflagen passieren?
Die Frau hat sich offenbar nicht an Auflagen der Stadt München gehalten. Nachdem ihr Dalmatiner ja schon mehrfach auf Menschen losgegangen war, hatte sie eigentlich nicht nur eine Geldstrafe bekommen, sondern auch einen Bescheid von der Stadt: Demnach durfte sie ihren "Dalmi" nur noch ausführen, wenn sie nüchtern ist. An jenem Abend, an dem der Hund dann dem damals Vierjährigen ein Stück vom Ohr abgebissen hat, hatte sie aber offenbar rund zwei Promille Alkohol im Blut – und den Hund wohl nicht im Griff.
Zeugen haben erzählt, dass sie sogar hingefallen sei. Die Mutter des Buben hat vor Gericht auch geschildert, wie aggressiv der Hund war, wie er an der Leine gezerrt und die Zähne gefletscht hat. Man hat ihr deutlich angemerkt, wie sehr ihr die Erinnerung an die Ereignisse damals noch immer zusetzt.
Kann man das Anleinen verlangen?
In München zum Beispiel gibt es keine generelle Anleinpflicht. Aber innerhalb des Altstadtrings müssen zumindest große Hunde an die Leine. Und es gibt natürlich auch Orte, wo Hunde definitiv ganz draußen bleiben müssen: nämlich Kinderspielplätze in den Parks. Das erklärte ein Sprecher des Münchner Kreisverwaltungsreferats.
Ungefähr hundertmal im Jahr werden der Behörde Vorfälle mit Hunden gemeldet. Die Sache wird geprüft, und dann gibt es verschiedene Möglichkeiten: schriftliche Belehrungen der Hundehalter zum Beispiel. Oder es werden Auflagen formuliert, wie etwa das Anlegen eines Maulkorbs. Wer sich nicht daran hält, dem kann die Hundehaltung sogar untersagt werden. Die Besitzerin des Dalmatiners hatte am Donnerstag vor Gericht übrigens gesagt, dass sie ihren Hund inzwischen verkauft hat.
Gibt es Zahlen über ernsthafte Verletzungen?
In Bayern gibt es dazu keine Statistik. Aber in Berlin: Im Jahr 2021 wurden knapp 460 Menschen leicht und 70 schwer verletzt. Dass es gerade Kinder oft schlimmer erwischt, liegt auf der Hand – schon weil ihr Gesicht eher auf Höhe des Hundekopfes ist. Außerdem kommt es schon mal vor, dass sie quietschen, schnelle Bewegungen machen oder unerwartete Reaktionen zeigen. Wenn ein Hund ihnen dann nachrennt oder zuschnappt, muss das nicht unbedingt böse gemeint sein. Das betont auch die Tierärztin Constanze Pape von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Sie ist auf Verhaltenstherapie von Hunden spezialisiert.
Hundeführerschein nur in Niedersachsen Pflicht
Umso wichtiger ist es natürlich, dass "Frauchen" und "Herrchen" in solchen Situationen angemessen reagieren. Vielleicht könnte auch eine Art Hunde-Führerschein helfen. Einen solchen "Sachkunde-Nachweis" gibt es bisher nur in Niedersachsen verpflichtend für alle Hunderassen. In Bayern kann das aber die jeweilige Ortspolizei verfügen. In fast allen übrigen Bundesländern gilt die Nachweispflicht bei als gefährlich geltenden oder manchmal auch bei groß gewachsenen Rassen.
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