Seit 1. Januar ist Susanne Kaiser aus Altrandsberg im Ruhestand. Die langen Nachtschichten als Hebamme im Kreißsaal sind damit vorbei. Rund 4.500 Babys hat Kaiser in München, in der Schweiz und zuletzt im Krankenhaus in Cham auf die Welt geholfen und jedes war anders, vom ersten Moment an: "Man erkennt schon in den ersten zwei Stunden, wie unterschiedlich die Kinder vom Charakter sind: Ob sie in sich ruhen oder energisch sind", erzählt sie.
Vom Kaiserschnitt zur natürlichen Geburt und wieder zurück
In den 70er-Jahren, als Susanne Kaiser auf die Hebammenschule in München ging, wurde gerade der Wehentropf erfunden, mit dem man Geburten erstmals steuern konnte. In den 80er-Jahren ging der Trend zurück zur natürlichen Geburt. Und heute? "Da wollen viel zu viele Frauen einen Kaiserschnitt, oft nicht aus medizinischen Gründen", findet die 64-Jährige.
"Mit diesen vagen Terminen, wann das Kind kommt, können Frauen und Männer heute schwer umgehen. Sie wollen es planen, damit der Mann auch dabei ist. Das ist mir unbegreiflich, weil wir wissen, dass es unglaublich gut für die Frau ist, natürlich zu entbinden", sagt Susanne Kaiser.
Die Haftungsfrage
Jede Geburt wird heutzutage genau überwacht, jede Hebamme haftet für mögliche Fehler, noch Jahrzehnte nach der Geburt. Das bringt manche Eltern auf dubiose Gedanken, sagt Kaiser.
"Ich habe eine Nachfrage aus München gehabt, weil der Bub das Abitur nicht gemacht hat, ob eventuell im Kreißsaal was nicht gut gelaufen ist." Susanne Kaiser
In ganz Deutschland herrscht Hebammenmangel. Susanne Kaiser hofft, dass sich wieder mehr junge Frauen für den Hebammen-Beruf entscheiden, auch wenn die Arbeitsbedingungen schwieriger geworden sind. Sie selber ist nach dem Abitur eher zufällig über ein Praktikum dazu gekommen, aber es war über 40 Jahre lang ihre große Leidenschaft:
"Es ist kein normaler Beruf, es ist was Besonderes, ein Geschenk, das man in so einem tollen Moment dabei sein darf." Susanne Kaiser