Ein Mann steht vor vielen Bäumen vor einem Bagger.
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Wolfram Kudlich bewirtschaftet insgesamt 60 Hektar Energiewald. Lange Zeit war der Handel mit Hackschnitzel ein Minusgeschäft – das ändert sich.

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Mitten in der Energiekrise: Boom für Hackschnitzel-Produzenten

Lange Zeit wurden sie eher belächelt, nun spielen ihnen die hohen Energiepreise für Öl und Gas in die Karten: Die Nachfrage bei Hackschnitzel-Produzenten in Mittelfranken ist in den vergangenen Monaten enorm angestiegen. So gehen sie damit um.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Als "Herzensprojekt" bezeichnet Wolfram Kudlich seinen Energiewald, rund 60 Hektar besitzt er. Ein Teil davon, eine Fläche in Uffenheim im Landkreis Neustadt an der Aisch-Bad Windsheim wird heute geerntet: Rund zwei Hektar voller Pappeln werden mit dem sogenannten Fäller-Bündler abgeholzt, danach wird das Holz zum Trocknen beiseite geschafft. Im kommenden Sommer werden die Stämme zu Hackschnitzeln verarbeitet.

Zuerst belächelt worden, jetzt der Nachfrage-Boom

"Tatsächlich ist man die letzten fünf bis sechs Jahre belächelt worden, das hat sich überhaupt nicht gerechnet", erinnert sich Wolfram Kudlich. Doch nicht zuletzt seit der Energiekrise hat sich das Blatt gewendet: "Wir haben jetzt ungefähr 50 Prozent der Flächen, die wir für diesen Winter vorgesehen haben und einen Teil mehr, abgeerntet – und das ist tatsächlich nur nachfragegetrieben."

Ernte nach sechs Jahren Wachstum

Seit rund 15 Jahren baut Kudlich Energiewälder an und hält seitdem aus Überzeugung an dem Projekt fest – auch wenn es nicht immer lukrativ war. Als sogenannten Energiewald oder Kurzumtriebsplantage (KUP) werden Anpflanzungen von schnell wachsenden Pflanzen bezeichnet, wie Pappeln oder Weiden. Wolfram Kudlich züchtet auch sein Saatgut selbst. Als Stecklinge kommen die kleinen Pappeln in den Boden, nach etwa sechs bis acht Jahren können sie dann schon geerntet werden. Die Pappelstämme sind dann etwa acht Zentimeter dick und zwölf Meter hoch. Nun zahlt sich die Arbeit richtig aus. Den Kubikmeter Hackschnitzel produziere er für etwa zehn Euro, der Marktwert liege aktuell bei weit über 20 Euro, so Kudlich.

Holz aus der Region, für die Region

Für ihn spielt der Faktor Nachhaltigkeit eine entscheidende Rolle, denn der Rohstoff Holz wächst stetig nach. Außerdem lasse es sich mit einer Hackschnitzelheizung CO2-neutral heizen, da die Bäume während ihres Wachstums Kohlendioxid aufnehmen und im Holz einlagern. Beliebt sind die Hackschnitzel vor allem in ländlichen Gegenden, wo die Menschen viel Platz zum Lagern der Schnitzel haben und viel Holz in der Nähe. Das betont auch der Bund Naturschutz: Die Distanz zwischen Holz und Heizwerk soll maximal 40 Kilometer betragen.

Vater leistete Pionierarbeit

Dass sein Holz regional genutzt wird, spielt auch für Wolfram Kudlich eine große Rolle. Einer seiner Abnehmer lebt nur wenige Kilometer entfernt in Ulsenheim. Mit seinem Betrieb "Kister Energie" hat sich Michael Kister dort auf Wärmekonzepte spezialisiert. Angefangen hat alles mit seinem Vater, der als "Überzeugungstäter" schon vor rund 15 Jahren auf Holz als nachhaltige Biomasse setzte.

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Auf dem Gelände von Michael Kister lagern rund 5.000 Schüttraummeter Hackschnitzel.

Die Anfragen steigen stetig

Aktuell lagern auf Kisters Hof rund 5.000 Schüttraummeter Hackschnitzel. Er trocknet sie, bereitet sie auf und verkauft sie dann an Heizanlagen – Wärmenetze aus der Region, Firmen, aber auch Privatpersonen. Auch er spürt den Boom: "Die, denen man quasi jahrelang hinterhergelaufen ist und gefragt hat: 'Würdet ihr bitte umstellen auf Hackschnitzel, wir haben so viel Holz, wir müssen das losbekommen'", erzählt Kister, "die haben vor etwa einem Jahr wieder angerufen und gesagt: 'Okay wir würden uns doch dafür entscheiden.'" Mittlerweile habe er so viele Anfragen, dass er die "Zweifler", wie er sie nennt, sogar aussortiere.

  • Zum Artikel: Mit Hackschnitzeln gegen die Klimaerwärmung

Hackschnitzel fürs Nahwärmenetz

Michael Kister verkauft nicht nur die Hackschnitzel, er berät auch und betreut die Kesselanlagen. Das Interesse an Hackschnitzelanlagen sei merklich gestiegen. Auch sein Heimatort Ulsenheim wird durch ein Nahwärmenetz beheizt, auch hier kommen seine Hackschnitzel zum Einsatz. Etwa 95 Prozent des Ortes würden so mit Wärme versorgt werden, sagt er. Einen Schornstein sieht man hier auf kaum einem Dach.

Eine Überzeugung, die sich nun auszahlt

Für das Heizen mit Biomasse entscheiden sich bundesweit immer mehr Menschen. Laut dem Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie verbuchten Hackschnitzelheizungen 2021 ein Plus von 21 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Endgültige Zahlen für 2022 stehen noch nicht fest, es ist aber denkbar, dass die Energiekrise den Trend zur Biomasse verstärkt. "Das ist ein sehr gutes Gefühl", sagt Michael Kister. Auch er findet, dass man die Branche lange Zeit belächelt habe: "Jetzt zeigt sich, dass diese Überzeugung, die man jahrelang hatte und mit der man wenig oder auch gar kein Geld verdient hat, der richtige Grundgedanke war."

Hackeschnitzel in einer Scheune.
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Pappelbauer Wolfram Kudlich macht aus seinen Pappel Hackschnitzel zum Heizen. Seit der Energiekrise sind heimische Rohstoffe gefragter denn je.

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