Passanten in der Nürnberger Innenstadt
Bildrechte: BR / Olga Henich

Ende 2022 machen sich viele Franken Sorgen wegen des Kriegs und steigender Preise. In das neue Jahr wollen sie aber gerade deshalb feiernd gehen.

  • Artikel mit Video-Inhalten

Mit welcher Stimmung feiern Franken den Jahreswechsel 2022?

Das Jahr 2022 wurde nach zwei Jahren Pandemie mit viel Hoffnung herbeigesehnt. Doch der Krieg in der Ukraine, die Inflation und die Energiekrise besorgen viele. Wie wirken sie sich auf die Feierstimmung aus? Und wie geht man positiv ins neue Jahr?

Das Jahr 2022 – geprägt von Corona-Beschränkungen in den ersten Monaten und Nachrichten über den Krieg in der Ukraine. Die Flucht tausender Menschen aus den Kriegsgebieten hat bei vielen Franken eine Hilfs- und Spendenbereitschaft ausgelöst. Prognosen zu möglichen Energieengpässen und steigende Preise in allen Lebensbereichen verstärkten Zukunftsängste. All das trübe die Stimmung zum Jahresende, meinen viele Passanten bei einer Umfrage in der Nürnberger Innenstadt, aber feiern möchten sie trotzdem. Gerade die positiven Erlebnisse im persönlichen Umfeld seien wichtig für das Wohlbefinden, meint auch Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel und da gehört Feiern einfach dazu.

  • Zum Jahresrückblick für Mittelfranken

"Wir haben heutzutage eh immer weniger Gründe, ausgiebig zu feiern und deshalb sollte man Feste wie Silvester dafür nutzen", sagt der Nürnberger Andreas Reis. "Lieber an anderen Ecken und Enden sparen, um dann die Feiertage wie gewohnt zu verbringen", findet die Passantin Kerstin Wilde.

Konsumstimmung: Es wird weiter eingekauft, aber bedacht

Laut Handelsverband Bayern lässt die Kauflust auch nach Weihnachten nicht nach. Die privaten Konsumausgaben haben sich im Vergleich zum Vorjahr erhöht. Das spiegeln auch die vollen Läden in der Nürnberger Innenstadt wider. Da für dasselbe Geld durch die Inflation weniger in den Taschen landet, geben einige Befragten auch zu, so manche Kaufentscheidung mittlerweile zu hinterfragen. "Wir haben heuer auf die Geschenke verzichtet an Weihnachten, aber dafür gab es ein paar Spenden mehr", sagt Stefan Hain. Wegen der hohen Strompreise verzichte die Rentnerin Edith Jungel diesen Winter auf die Außenbeleuchtung und verwende drinnen nur LED-Lampen. Manche überdenken diesmal auch das Silvestermenü und greifen bei der Fleischauswahl für das Fondue nicht mehr zum teuersten Steak.

Thema Böller und Raketen spaltet Nürnberger

Beim Thema Feuerwerk gibt es ganz unterschiedliche Meinungen. "Ich denke, in der jetzigen Situation sollte sich jeder gut überlegen, ob er das Geld in die Luft ballert oder auf seine Strom- und Gaspreise schaut", so die Spaziergängerin Christine Kuhndorfer. Während die einen behaupten, sich nach zwei Jahren Böllerverbot davon entwöhnt zu haben und die dadurch entstehenden Umweltschäden kritisieren, freuen sich andere auf ein traditionelles Silvester mit Raketen. Einige wünschen sich statt des Verkaufs an Privatpersonen lieber ein zentral organisiertes Feuerwerk von der Stadt. "Das würde für weniger Müll auf den Straßen und für mehr Sicherheit sorgen", erklärt eine junge Frau.

Bildrechte: BR / Olga Henich

Das Thema Feuerwerk spaltet Franken: Viele finden, private Böllerei sollte abgeschafft werden. Aber: Der Verkauf an Raketen legt zu.

Feuerwerksverkauf boomt trotz höherer Preise

Trotz der Bedenken und steigender Preise sprechen Fachhändler von einer riesigen Nachfrage für Feuerwerkskörper. "Die Endverbraucher möchten nach Corona mal wieder Spaß haben und Feuerwerk zünden. Das gehört für viele an Silvester genauso dazu wie der Christbaum an Weihnachten", sagt Dieter Koller, Händler für Feuerwerksartikel in Neumarkt. Im Schnitt müssen seine Kunden mit einem Preisaufschlag von etwa 20 bis 30 Prozent rechnen. Die etwa vierfach gestiegenen Transportkosten für importierte Ware müsse er auch an die Verbraucher weitergeben, so Koller.

  • Zu Artikel: Böllern an Silvester – Wo ist was erlaubt in Mittelfranken

Auch Christian Mann von Feuerwerke.de spricht von einem enormen Ansturm. Die Verluste aus den zwei Pandemie-Jahren könne man vermutlich nicht komplett kompensieren, aber man sei zuversichtlich, dass die Lust an Raketen und Böllern in der Bevölkerung nicht sinken wird. "Klar, bemerken manche, dass es teurer geworden ist, aber der Wunsch nach Licht, Feuerwerk und Feierstimmung ist größer als der Wunsch zu sparen", sagt Mann.

Sehnsucht nach Frieden, Gesundheit und Normalität

Für das kommende Jahr wünschen sich die Franken vor allem Frieden und Gesundheit. Viele heben auch den Zusammenhalt und zwischenmenschliche Kontakte als wichtig hervor. Andere wünschen sich die Freiheit und die Mittel zum Reisen wie vor Corona zurück. Materielles stellen die meisten hinten an, während der Wunsch nach Normalität und Stabilität wächst. Nach dem SKL Glücksatlas, der im November 2022 von der Deutschen Post herausgegeben wurde, habe sich die Lebenszufriedenheit in Bayern nach dem starken coronabedingten Rückgang zwar erholt, liege aber noch unter den Werten von 2019.

Glücksforscher rät zu Konzentration auf nahes Umfeld

Für das psychische und körperliche Wohlbefinden empfiehlt der Nürnberger Glücksforscher Karlheinz Ruckriegel, sich auf das Positive im unmittelbaren Umfeld zu konzentrieren. Laut dem Professor für Volkswirtschaftslehre von der Technischen Hochschule Nürnberg machen vor allem gute soziale Beziehungen, Gesundheit und eine erfüllende Aufgabe bei der Arbeit glücklich. Dabei gehe es nicht um möglichst viel Geld, sondern um "genug Einkommen zur Befriedigung der wesentlichen materiellen Bedürfnisse", erklärt Ruckriegel.

Dankbarkeitstagebuch als Hilfe

Um die Glücksgefühle zu stärken, rät der Forscher zu einem Dankbarkeitstagebuch. "Darin schreibt man die Geschehnisse des Tages auf, für die man dankbar ist und was man selbst dazu beigetragen hat." Sobald dieser Vorgang zur Gewohnheit wird, ändere sich nach und nach auch die Sichtweise auf die Realität, so Ruckriegel. "Es geht nicht um ein Verdrängen negativer Gefühle oder um den Zwang, immer positiv zu denken, sondern um ein Bewusstmachen des Positiven um uns herum."

Häufig auftretende negative Gefühle sollte man wiederum hinterfragen und gegebenenfalls darauf reagieren, indem man seine Entscheidungen oder sein Verhalten ändert und sich zum Beispiel einen neuen Arbeitsplatz sucht.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht's zur Anmeldung!