Der Münchner Kulturanthropologe, Musiker und Performancekünstler Warner wird das Festival für die nächsten drei Jahre leiten.
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Julian Warner ist der neue Leiter des Brechtfestivals in Augsburg.

    Mit KI und Trachtlern: Neue Ausrichtung für Brechtfestival

    Vom 10. bis 19. Februar soll es in Augsburg um Brechts künstlerisches Erbe gehen – passend zum 125-jährigen Geburtstag des Dichters 2023. Heute hat der neue Brechtfestival-Leiter Julian Warner das aktuelle Programm vorgestellt.

    Unter dem Motto "Brecht’s People" sollen sich Künstler - zum 125. Geburtstag des Dichters - mit Brechts Rebellentum, seinem Theaterverständnis und seinen politischen Theorien auseinandersetzen. "Wir wollen Brecht und Augsburg neu entfalten, neue Seiten auffalten, weniger von den Werken her, sondern über das Wie, die Art und Weise, wie er produziert hat", so Festivalleiter Julian Warner. Der Münchner Kulturanthropologe, Musiker und Performancekünstler Warner hat die Festivalleitung übernommen und wird die Veranstaltungsreihe für die nächsten drei Jahre verantworten. Und er hat viel vor.

    Hinaus aus der Stadt - hinein ins Viertel

    Zunächst einmal: Das Festival verlagert sich: Erstmals finden Aufführungen, Konzerte und Lesungen nicht allein im Augsburger Zentrum statt, sondern schwerpunktmäßig im Stadtteil Lechhausen. Die Festivalzentrale befindet sich heuer etwa im Saalbau Krone, dem Sitz des Oberbayrischen Volkstrachtenvereins Augsburg-Lechhausen e.V., der zum "Hoigarten" lädt. Im großen Saal der Alevitischen Gemeinde in der Bozener Straße, wo sonst Hochzeitspaare feiern, finden gleich mehrere Veranstaltungen des Brechtfestivals statt. Eine leerstehende Sparkassenfiliale wird zur Festivalbühne, ebenso wie die Stadtteilbücherei oder eine Saunawelt mitten im Lechhauser Wohngebiet.

    Für Julian Warner gehört das zum Programm: "Wir verabschieden uns von der gut eingeübten Frage nach der Aktualität des Brecht'schen Werkes und widmen uns stattdessen der Erforschung Brecht'scher Welten. Wir finden sie in den Nischen unserer Städte. Dort, wo die Kämpfe der Gegenwart stattfinden und die Grenzen von Ästhetik und Politik verschwimmen: Dort treffen wir auf Brecht's People", so Julian Warner. Und wieso gerade Lechhausen? Julian Warner schmunzelt: "Brecht ist gern nach Lechhausen zur Kirchweih gegangen. Und hat wohl oft am Lech abgehangen, Klampfe gespielt. Und hier ist viel Migration, ein Arbeiterviertel." Das habe den Autor inspiriert.

    Künstliche Intelligenz erfindet Brecht neu

    Das Staatstheater Augsburg ist diesmal nicht Bühne, wohl aber Kooperationspartner des Brechtfestivals. Es soll mit Hilfe seiner Digitalsparte "Brecht in die Zukunft katapultieren", in der "Brechtmaschine", so Warner: "Man kann einen Algorithmus dazu trainieren Brecht-Texte zu schreiben. Er kann auch als Brecht antworten. Wir werden ihn antworten lassen auf die Klimakrise, auf Probleme hier in Augsburg. Das zwingt uns dazu, herauszufinden, was wir eigentlich an ihm gut und erhaltenswert finden".

    Zum weiteren Programm gehören Gastspiele des Theaters Bremen und des Berliner Ensembles, eine Ausstellung zu verdrängten Stadt-Geschichten, dazu kommen Events wie eine Wrestling-Show, bei der Augsburger Stadtkonflikte im Ring ausgetragen werden. Bei der "Langen Brechtnacht" will Kurator Girisha Fernando mit Musiker Markus Archer (The Notwist) ungewöhnliche Hörerlebnisse schaffen.

    "Say Their Names": Gedenken an die Morde in Hanau

    Das Festival startet am 10. Februar 2023, Brechts 125. Geburtstag. Geplant ist dabei eine Parade, die vom Goldenen Saal im Augsburger Rathaus nach Lechhausen führt. Ende der Veranstaltungsreihe ist am 19.02.2023 - dem dritten Jahrestag der rassistisch motivierten Morde in Hanau, mit "Say Their Names", einem kollektiven Erinnern an die Opfer Ferhat Unvar, Hamza Kurtović, Said Nesar Hashemi, Vili-Viorel Păun, Mercedes Kierpacz, Kaloyan Velkov, Fatih Saraçoğlu, Sedat Gürbüz und Gökhan Gültekin.

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    Brecht´s People

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