Blick in den Gang einer Justizvollzugsanstalt. (Symbolbild)
Bildrechte: BR/Sylvia Bentele

Weil zwei Insassen der JVA Hof einen Häftling über Wochen misshandelt haben sollen, stehen Anstaltsleitung und Freistaat in der Kritik.

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Misshandlungen: Ministerium sieht JVA Hof nicht verantwortlich

Weil zwei Insassen der JVA Hof einen Häftling über Wochen misshandelt haben sollen, stehen Anstaltsleitung und Freistaat in der Kritik. Das Justizministerium will keine Fehler beim Personal sehen. Auch das Wachpersonal treffe offenbar keine Schuld.

Über dieses Thema berichtete Frankenschau aktuell am .

Im Falle des offenbar über Wochen von Mithäftlingen in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Hof misshandelten Gefangenen haben sich Anstaltsleitung und Wachpersonal nach Meinung des bayerischen Justizministeriums nichts zu Schulden kommen lassen. Wie es auf Nachfrage von BR24 aus München heißt, gebe es derzeit keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten. Der Gefangene hätte sich jederzeit an das Personal wenden können, beispielsweise über die Haftraumkommunikationsanlage. Er habe dies aber nicht getan. Ein derart schwerer Übergriff wie der in der JVA Hof sei insofern als ein "sehr seltener Einzelfall" zu behandeln.

Insasse soll während Corona-Maßnahmen verletzt worden sein

Inzwischen hat sich auch ein Vertreter der Gefängnisleitung vor dem Landgericht als Zeuge zu dem Fall geäußert. Demnach habe das Wachpersonal sofort reagiert, als sich der Häftling ihnen nach mehreren Wochen anvertraute. Sie hätten das Opfer medizinisch behandeln lassen und aus der Gemeinschaftszelle verlegt. Diese Schilderungen der JVA-Beamten vor Gericht wurden auch von mehreren Mitgefangenen bestätigt.

Vor dem Landgericht Hof müssen sich derzeit zwei Insassen wegen gefährlicher Körperverletzung und Nötigung verantworten. Die beiden Männer sollen den Mithäftling mit Faustschlägen und Tritten unter anderem in den Genitalbereich teils schwer verletzt, ihn nackt zum Schlafen auf der Toilette gezwungen und gegen seinen Willen tätowiert haben. Im Prozess vor dem Landgericht Hof gaben die beiden Angeklagten die Vorwürfe zum Teil zu. Die beiden Männer belasteten sich aber auch gegenseitig.

Tätowierer wurde angeblich mit Tabak und Tabletten bezahlt

Bei ihren Zeugenaussagen gaben die beiden Mithäftlinge auch Einblick, wie es zu Tablettenmissbrauch im Gefängnis kommt. Ein Angeklagter schilderte, dass er zum Beispiel seine Schlaftabletten gesammelt und dann dafür andere Utensilien wie Tabak von anderen Gefangenen eingetauscht habe. Außerdem sei er von anderen Gefangenen mit Tabak und Tabletten für seine Tätowierarbeiten "bezahlt" worden.

Die Taten sollen Ende 2021 stattgefunden haben, als alle Häftlinge der Hofer JVA wegen eines größeren Corona-Ausbruchs ihre Zellen nicht verlassen durften. Knapp einen Monat lang durften deshalb alle Gefängnisinsassen ihre Zellen nicht verlassen. Durch das Wachpersonal gab es nur eine Kontrolle am Morgen durch eine geöffnete Luke in den Zellentüren, durch diese wurde auch das Mittag- und Abendessen ausgeteilt.

Ministerium widerspricht Vorwürfen gegen Gefängnispersonal

In den Kommentarspalten unter den entsprechenden BR24-Internetartikeln werfen Menschen dem Freistaat und der Anstaltsleitung Versagen vor. Derart schwere Misshandlungen über einen so langen Zeitraum hätte nur durch kollektives Wegsehen geschehen können. Von "Berliner Verhältnissen" ist die Rede und davon, dass man in bayerischen Gefängnissen Freiwild für Straftäter sei.

Aus dem Justizministerium heißt es dazu, Sicherheit und Ordnung in den bayerischen Justizvollzugsanstalten sei selbstverständlich gewährleistet. Auf Gewaltprävention unter Gefangenen werde seit jeher ein besonderes Augenmerk gelegt, so eine Sprecherin. Es herrsche eine Kultur des aktiven Hinsehens. Gefangene würden ermutigt, den Bediensteten Übergriffe auf sich oder andere zu melden. Besonders auf ungewöhnliche Geräusche aus den Hafträumen werden bei den regelmäßigen Kontrollgängen geachtet. Täter und Opfer würden im Falle eines Übergriffs konsequent voneinander getrennt. Übergriffe unter Gefangenen ließen sich dennoch nicht immer verhindern.

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