"Alpine Flüsse mit krautiger Ufervegetation" – so wird der Lebensraum am Rappenalpbach in der Nähe von Oberstdorf im Umweltministerium offiziell bezeichnet. Und dieser Lebensraum ist durch die mutmaßlich illegalen Baggerarbeiten auf rund 1,6 Kilometern Länge "vollständig zerstört". Das geht aus einer Antwort von Umweltminister Thorsten Glauber (FW) auf eine Anfrage der Grünen im Bayerischen Landtag hervor.
Alpensalamander wurden wohl bei Arbeiten getötet
Es sei davon auszugehen, "dass die Lebensräume von Amphibien wie dem Alpensalamander, von Fischen und Insekten, darunter die stark gefährdete Rotflügelige Schnarrschrecke, durch die Maßnahmen beeinträchtigt bzw. zerstört wurden", heißt es in dem Schreiben, das dem BR vorliegt, weiter. Außerdem sei davon auszugehen, dass bei den Arbeiten Alpensalamander getötet wurden. Zudem seien dessen Lebensräume an den Gewässerrändern mit Kies überschüttet worden.
Wiederherstellung dürfte laut Ministerium Jahre dauern
In dem achtseitigen Antwortschreiben geht Glauber auch auf die Frage ein, welche Maßnahmen aus Sicht der Staatsregierung erforderlich sind, um den ökologischen Schaden wieder zu beheben. Vorgesehen sei die Erstellung eines Konzepts für die umfassende Wiederherstellung des Rappenalpbachs, das anschließend umzusetzen sei. Dieser Prozess dürfte voraussichtlich mehrere Jahre dauern.
Kosten muss Verursacher tragen
Auf die Frage, wer für die Kosten dieser Arbeiten aufkommen muss, verweist Glauber darauf, dass der Verursacher für die Kosten aufkommen müsse, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt seien. Das sei gesetzlich vorgesehen. Welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen, schreibt der Umweltminister nicht. "Ob diese Voraussetzungen vorliegen, ist derzeit Gegenstand gerichtlicher Verfahren", heißt es in dem Antwortschreiben.
Alpgenossenschaft dürfte erlaubte Arbeiten gekannt haben
Glauber legt in seinem Schreiben auch dar, dass die Alpgenossenschaft gewusst haben müsse, was in einem solch stark geschützten FFH Naturschutzgebiet erlaubt sei. Dies sei den "Vertretern der Alpwirtschaft" bei "Runden Tischen zum Managementplan Allgäuer Hochalpen", bei Veranstaltungen in Bad Hindelang, Oberstdorf und Sonthofen, erläutert worden. Damals seien der Alpwirtschaftliche Verein und die Alpgenossenschaften eingeladen gewesen. Außerdem sei es in einem zusätzlichen Termin "ausschließlich für Vertreter der Alpwirtschaft" auch speziell um die Wildbäche gegangen. "Fragen von Seiten der Anwesenden zu möglichen Eingriffen in Wildbäche wurden nicht gestellt", so Glauber in dem Antwortschreiben.
Reaktion des Grünen-Abgeordneten Gehring: "Wir sind schockiert"
Auf die Antwort von Umweltminister Thorsten Glauber reagierte der Grünen-Abgeordnete Thomas Gehring, der die Anfrage mitinitiiert hatte, laut einer Mitteilung mit den Worten: "Wir sind schockiert über das enorme Ausmaß der Schäden. In seinem Bericht gegenüber dem Umweltausschuss des Landtags hat Minister Glauber das nicht so deutlich ausgesprochen." Erst die Anfrage der Grünen habe diese verheerenden Erkenntnisse zu Tage gebracht, so Gehring.
"Die Schäden sind jetzt bekannt. Wir gehen davon aus, dass die Renaturierung – soweit sie überhaupt möglich ist – komplett von den Verursachern bezahlt wird", so Gehring weiter. Außerdem betonte Gehring laut Mitteilung: "Ein Umweltminister muss seine Behörden im Griff haben. Er muss jetzt für lückenlose Aufklärung sorgen. Damit der Verdacht, die Alpgenossen hätten einen Freibrief von den Behörden bekommen, ausgeräumt wird."
Naturzerstörung wurde im November bekannt
Im November waren die Baggerarbeiten am Rappenalpbach bekannt geworden. BR-Reporter hatten zuerst darüber berichtet. Auf 1,6 Kilometern Länge ist aus einem wilden Gebirgsbach ein Kanal geworden, wertvoller Lebensraum wurde zerstört. Wie es dazu kommen konnte und wer die Verantwortung dafür trägt, ist derzeit Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens. Gleichzeitig laufen die Vorbereitungen dafür, den Bach wiederherzustellen. Umweltminister Glauber hatte im Umweltausschuss des Landtages angekündigt, dass diese Arbeiten im Frühjahr beginnen sollen.
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