Uferschnepfe, Kiebitz und Wachtelkönig sind vom Aussterben bedroht. Das mittelfränkische Altmühltal ist eines der letzten großen Gebiete in ganz Deutschland, in dem noch alle Wiesenbrüter-Arten vorkommen. Neun Vogelarten bauen ihre Nester auf dem Boden. Doch sie haben Schwierigkeiten, ihre Brut durchzubringen. "Inzwischen gibt es in ganz Bayern nur noch 19 Brutpaare der Uferschnepfe", sagt Biologe Dietmar Herold. "Sieben dieser Paare sind bei uns im Altmühltal zu Hause."
Naturschutz-Fördergelder in Millionenhöhe
Weil das Altmühl-Gebiet zwischen Colmberg und Treuchtlingen in Mittelfranken für die Wiesenbrüter bundesweit bedeutsam ist, investieren Bund und Freistaat in den nächsten Jahren viele Millionen Euro. Seit zwei Jahren arbeiten Biologen an konkreten Plänen. "Es werden enorme Mittel in die Region fließen", sagt Herold. Was den Wiesenbrütern hilft, könnte auch andere Probleme verbessern helfen. Das Altmühltal leidet unter Algen, Graugänsen, Mücken und belastetem Altmühlwasser. "Wir brauchen stabile Ökosysteme, um unsere Probleme in den Griff zu kriegen", so Herold.
Wiesenbrüter brauchen Schutzräume
Die Wiesenbrüter verstecken ihre Nester hinter Grasbüscheln auf dem Boden. Doch nur wenige bringen ihre Jungvögel auch durch. Denn es gibt zahlreiche Feinde. Es lauern Raubvögel und Füchse, die sich über die Jungvögel hermachen. Spaziergänger mit Hunden stören die Brut. Und Landwirte haben mit großen Mähmaschinen schon Nester erwischt. Dementsprechend sei die Zahl an Wiesenbrütern in den letzten Jahren dramatisch zurückgegangen, sagt Verena Auernhammer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz.
Konkrete Maßnahmen zum Schutz der Wiesenbrüter
Biologen haben sich im Rahmen des Projektes "chance.natur Lebensraum Altmühltal" die Region genau angesehen. Auf zahlreichen Karten haben sie eingezeichnet, was an welchen Stellen am meisten Sinn machen würde. So sollen künftig Bäume gekürzt werden, auf denen Raubvögel nach Kiebitz-Jungen Ausschau halten. Landwirte sollen in bestimmten Bereichen die Wiesen erst dann mähen, wenn die Jungvögel ausgeflogen sind. Zudem ist geplant, neue Spazierwege anzulegen. Hundebesitzerinnen könnten dann um die Nester der Wiesenbrüter einen großen Bogen machen.
Von Mücken geplagte Bürger machen sich Sorgen
"Wir müssen mehr Focus auf das Wasser legen", sagt Projektleiter Dietmar Herold, "und nasse Flächen erhalten". Das allerdings alarmiert Bürgerinnen und Bürger, die in den letzten Jahren in Windsfeld unter einer Mückenplage an der Altmühl litten. Hier wurden bereits viele Unterschriften gegen die Pläne für noch mehr feuchte Wiesen gesammelt. "Die Gleichung, mehr Wasser bedeutet auch mehr Mücken, stimmt so nicht", sagt Biologe Dietmar Herold. "Die Gewässer bei Windsfeld sind in einem erbärmlichen Zustand", meint er. Das Projekt könnte die mückengeplagten Bürgerinnen und Bürger eher unterstützen, wirbt er.
Herausforderung: die meisten Flächen sind in Privatbesitz
Die Herausforderung für die Umsetzung der Pläne ist, dass sich 70 Prozent der betroffenen Flächen in Privatbesitz befinden. Um einen Bach zu renaturieren oder eine Wiese länger stehen zu lassen, braucht es das Einverständnis der Eigentümerinnen und Eigentümer. In den nächsten zehn Jahren sollen Landwirte und andere Grundstücksbesitzer dafür gewonnen werden, ihre Wiesen und Äcker wiesenbrütergerecht zu gestalten. Mit Hilfe von Fördergeldern können Flächen angekauft, Ausgleichszahlungen geleistet oder kleinere Baumaßnahmen bezahlt werden.
Neue Geschäftsideen für Landwirte: Heumilch und Kaninchenfutter
"Der Landwirt kann mitgenommen werden, wenn er Wertschöpfung sieht", sagt Landwirtin Christina Beckler, die für den Bund Naturschutz arbeitet. Landwirte wollten nicht nur die Landschaft pflegen, sagt sie, sondern erleben Wertschätzung, wenn sie Lebensmittel herstellen und verkaufen. So gibt es bereits Ideen, künftig Altmühltaler Weiderind oder Heumilch zu vermarkten. Oder exklusives Heu von ungedüngten Wiesen als Kaninchenfutter zu verkaufen.
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