Deutschland hat beschlossen, aufzurüsten, um sich selbst verteidigen zu können. Und zwar, wie CDU-Chef Friedrich Merz betonte: "whatever it takes". Sprich: Koste es, was es wolle. Wem nutzt das, außer der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands?
Rüstungsindustrie mit Milliardenaufträgen
Profiteur Nummer eins ist die Rüstungsindustrie. Die Branche wächst, seit dem Krieg in der Ukraine steigen die Gewinne. Der größte deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall, der unter anderem den Leopard-Panzer baut, rechnet mit einem zusätzlichen Auftragsvolumen von 300 bis 400 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030.
Auch der europäische Rüstungskonzern MBDA mit Hauptsitz im oberbayerischen Schrobenhausen sieht großes Potenzial. Bereits in den vergangenen fünf Jahren hat sich der Auftragsbestand mehr als verdoppelt: von 16,6 Milliarden Euro im Jahr 2020 auf 37 Milliarden Euro im Jahr 2024.
Mindestens 20 Prozent der Investitionen nach Bayern?
Ein weiterer Profiteur könnte Bayern sein: Experten rechnen damit, dass 20 Prozent der Investitionen in den Freistaat fließen könnten. Rund ein Drittel der Rüstungskonzerne sind in Bayern angesiedelt: MBDA, KNDS Deutschland, Hensoldt, Diehl.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sagte kürzlich in der Süddeutschen Zeitung, Bayern sei "führend" bei Verteidigungstechnik: "Dieses Engagement werden wir jetzt noch stärker ausbauen." Die Staatsregierung will nach Ostern zu einem "Rüstungsgipfel" einladen.
Der Freistaat könnte vor allem durch indirekte Effekte profitieren: Steuern auf Unternehmensgewinne sowie Abgaben auf Einkommen und Ausgaben der Beschäftigten würden "irgendwann im Steuersäckel" landen, sagt Finanzminister Albert Füracker (CSU).
Weitere Profiteure - Ingenieure und Arbeiter: Rüstung als Alternative zur Autobranche
Eine starke Rüstungsindustrie würde auch Arbeitsplätze schaffen. Profitieren können Beschäftigte in der schwächelnden Automobilindustrie. Komplett kompensieren könnte der Rüstungsboom den Jobabbau zwar nicht, aber abfedern.
Rheinmetall hat bereits Beschäftigte des Automobilzulieferers Continental eingestellt, auch über eine Übernahme von 2.000 Mitarbeitern des VW-Werks Osnabrück denkt Rheinmetall-Chef Armin Papperger laut nach. Der bayerische Rüstungskonzern MBDA schreibt BR24, man bekomme "viele Bewerbungen von Mitarbeitern der bayerischen Automobilindustrie". Diese seien "gut ausgebildet und können uns weiterbringen". Noch für 2025 plant das Unternehmen, die Zahl der Beschäftigten von 1.400 auf 1.700 zu erhöhen.
Start-ups in den Startlöchern - Wissenschaft und Forschung könnten profitieren
Eine "ganz große Nachfrage" nach Rüstung und Verteidigung bei Start-ups stellt die Wirtschaftswissenschaftlerin Rafaela Kraus von der Universität der Bundeswehr München fest. Diese jungen Unternehmen sowie Wissenschaft und Forschung könnten ein weiterer Profiteur der Rüstungsmilliarden sein. Rüstung sei eng verbunden mit neuesten technologischen Entwicklungen im Bereich Software, künstlicher Intelligenz und Robotik. Hier zu investieren, könne sowohl die Bundeswehr stärken als auch zivilen Bereichen nutzen. Die Wirtschaftswissenschaftlerin fordert die Politik auf, ein "Ökosystem" für Start-ups zu schaffen - und gewohnte Beschaffungspfade zu verlassen. Experten kritisieren immer wieder die aufwändigen und langsamen Beschaffungswege in der deutschen Militärbürokratie.
Rheinmetall-Aktie: Extreme Wertsteigerung seit Ukraine-Krieg
Auch Investoren profitieren. Bestes Beispiel ist die Rheinmetall-Aktie: Ende 2020 stand sie bei 86 Euro, Ende März 2025 kostete sie mehr als 1300. Der Zulieferer Renk aus Augsburg baut unter anderem Getriebe für Panzer. Im Februar 2024 wagte er den Schritt an die Börse, eine Aktie kostete rund 17 Euro. Gut ein Jahr später steht sie bei über 40.
Geld verdienen mit Rüstung: Eine Frage der Ethik
Doch ist es moralisch richtig, mit Waffen Geld zu verdienen? Der Finanzethiker Klaus Gabriel sagt, die Debatte habe sich verändert. Rüstung sei jahrzehntelang "verpönt" gewesen. Inzwischen sei das anders. Die Allianz etwa hat erst vor wenigen Tagen Rüstungsaktien für nachhaltige Fonds erlaubt. Klaus Gabriel erklärt, man leiste mit dem Kauf einer Rüstungsaktie aber keinen Beitrag zur Landesverteidigung, sondern profitiere von Gewinnen eines Unternehmens - womöglich vom Krieg.
Und die Investments des Staates? Gabriel findet es ethisch geboten aufzurüsten für Verteidigung. Aber: "Da entstehen Kapazitäten, die dann auch ihre Märkte suchen". Sobald sich eine Volkswirtschaft von Rüstungsgütern abhängig mache, führe das zu Fehlanreizen. "Geld steuert uns sehr stark. Wenn wir davon profitieren, dass Kriege stattfinden, wäre das eine gefährliche Sache", so der Finanzethiker.
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