Am Münchner Hauptbahnhof nehmen Hilfsorganisationen Geflüchtete in Empfang, in einem abgegrenzten Bereich, mit Sicherheitsleuten, Dolmetschern und einem Willkommens-Tee. Als die ersten Frauen und Kinder vor ein paar Wochen aus der Ukraine ankamen, war das noch anders. "Es war alles offen, da konnte jeder ran", berichtet Monika Cissek-Evens von Jadwiga, der ökumenischen Beratungsstelle für Frauen.
Jetzt stehe die Bundespolizei Spalier, sagt Cissek-Evens. "Damit sich nicht jeder drauf stürzt und die Leute gleich überfällt, wenn sie aus dem Zug raus kommen. "Die Hilfsbereitschaft der Bevölkerung ist groß. Das schätzen Hilfsorganisationen wie die Diakonie sehr. Aber nicht jeder meint es gut, der Geflüchteten seine Hilfe anbietet.
Unterkunft nur gegen Leistung: "Gilt bei uns als Ausbeutung"
Alleinreisende Frauen und Kinder sind hochgefährdet, sagt Maria Loheide von der Diakonie Deutschland. Die Fälle spielen sich in Privathaushalten ab. "Dass sie für eine Unterkunft Leistungen erbringen müssen, putzen, jemanden betreuen und so weiter. Und das gilt bei uns auch als Ausbeutung und Menschenhandel."
Die Diakonie geht davon aus, dass schon bald auch Fälle von sexualisierter Gewalt und Zwangsprostitution öffentlich werden. "Das ist für uns nur eine Frage der Zeit" sagt Loheide, "deshalb legen wir großen Wert darauf, dass Frauen informiert werden, dass sie auf Beraterinnen treffen."
Diakonie: Privatunterkünfte sollen kontrolliert werden
Die Diakonie fordert neben Schutzräumen an Bahnhöfen eine Registrierung der Ehrenamtlichen, der Unterkünfte sowie eine Kontrolle von Privatunterkünften. Nur so könne man Geflüchtete zuverlässig schützen und auch vor Zwangsprostitution und sexualisierter Gewalt bewahren.
Man habe aus der Flüchtlingskrise von 2015 gelernt, sagt Isabel Schmidhuber vom Evangelischen Hilfswerk München. "Damals sind mehr junge Männer gekommen, aber den Frauen, die damals kamen, ist es auch so gegangen." Vieles sei damals nicht an die Öffentlichkeit gekommen, etwa, dass "versucht wurde, sie in die Prostitution zu bringen, zum Putzen zu zwingen".
Schutz nicht nur für Geflüchtete
Die Mitarbeiter der ökumenischen Beratungsstelle Jadwiga verteilen jetzt an den Bahnhöfen und in den Unterkünften Flyer an geflüchtete Frauen, auf Ukrainisch und Englisch. Mit Hilfsangeboten und ganz praktischen Tipps: "Passen Sie auf ihren Pass auf, fotografieren sie ihn, schicken sie ihn Bekannten, halten Sie Kontakt zu Verwandten und Mitreisenden", sagt Monika Cissek-Evens.
Sich beschützen, füreinander da sein, aufmerksam sein – das rät die Frauenorganisation Jadwiga nicht nur den Geflüchteten selbst. Jeder in der Gesellschaft könne einen Beitrag dazu leisten, hilflose Kinder und Frauen in Notlagen zu schützen – durch genaues Hinschauen.
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