Trotzig und triumphierend: Die Junge Union hat sich entschieden. Eine deutliche Mehrheit stimmt für einen Antrag, der den Rücktritt Horst Seehofers fordert. Die CSU-Jugend will einen „glaubwürdigen personellen Neuanfang“ für die Landtagswahl 2018 – ohne Seehofer. In der sogenannten Erlanger Erklärung heißt es nun:
„Bei allen Verdiensten, die sich Horst Seehofer zweifellos in vielen Jahrzehnten für die CSU-Bayern und Deutschland erworben hat, muss er jetzt den Weg bahnen für einen geordneten Übergang an der Spitze der Staatsregierung.“ Auszug aus der Erlanger Erklärung
Seehofer unter Druck
Nach dem Fiasko bei der Bundestagswahl steht Seehofer massiv unter Druck. Einzelne Stimmen aus der Partei hatten bereits in den vergangenen Wochen seinen Rücktritt gefordert. Nun wendet sich mit der Jungen Union erstmals ein großes Gremium öffentlich gegen den Parteichef. Der Chef der Jungen Union, Hans Reichhart, sieht diesen Schritt als gerechtfertigt an.
„Unsere überwältigende Zahl unserer Mitglieder sieht das genauso, wenn man in die Bezirksverbände hineinhört, insofern war das jetzt auch Ausdruck dieses Grummelns an der Partei-Basis.“
Seehofer ist nicht zur JU-Landesversammlung gekommen
Gegrummelt hat es auch aus einem anderen Grund bei der Landesversammlung der Jungen Union. Kurzfristig hatte Horst Seehofer seine Teilnahme abgesagt. Der Grund: die Sondierungsgespräche in Berlin. Die Enttäuschung darüber - deutlich zu spüren. Kritik ließ nicht aus sich warten.
„Horst Seehofer habe nach der Wahl 2013 immer von einer Koalition mit dem Bürger gesprochen Wer eine Koalition mit dem Bürger führt, der darf auch vor der Basis keine Angst haben… wenn er sich der Kritik stellen wollte, hätte es eine Möglichkeit gegeben, zu kommen.“ David Stiegeler, der Kreisvorsitzender der Jungen Union
„Ich persönlich finde es sehr schade, und sehr enttäuschend, dass er nicht gekommen ist. Wir sind die Nachwuchskräfte für die Zukunft. Natürlich sind die Sondierungsgespräche sehr wichtig, weil es um die Zukunft von Deutschland geht, aber wir sind hier die Basis.“ Stefani Dippl vom Bezirksverband Oberpfalz
Weber zeigt Verständnis für die Junge Union
CSU-Vize Manfred Weber, der Seehofer bei der Landesversammlung vertrat, zeigt Verständnis für die Stimmung unter der Jugend. Die Junge Union wollte eigentlich Seehofer persönlich mit ihrer Kritik konfrontieren und eine ehrliche und offene Diskussion führen.
"Ich kann die Enttäuschung der Jungen Union verstehen. Aber die Debatte ist nicht aufgehoben, sie ist nur aufgeschoben. Horst Seehofer hat deutlich gemacht, dass, wenn es uns in Berlin gelingt, die Koalitionsgespräche so abzuschließen, dass wir unsere CSU-Inhalte durchsetzen, dass dann auch die Phase kommt, wie wir uns für die Landtagswahl 2018 als CSU aufstellen." CSU-Vize Manfred Weber
Spätestens beim Parteitag der CSU im Dezember wird die Personaldebatte das große Thema. Die Junge Union will aber nicht nur einen Neuanfang bei der CSU-Spitze. Sie fordert eine spürbare Verjüngung auf allen politischen Ebenen.