Ein kalter Januarmorgen. Simone Winter lenkt ihren Dienstwagen in einen Feldweg, hin zur Lech-Staustufe 23. Die Mitarbeiterin des Wasserwirtschaftsamts Donauwörth ist die Frau, die den Lech zwischen dem Mandichosee und dem Augsburger Hochablass befreien will von all den Staustufen, Mauern, Wehren und Spundwänden, die seinen Fluss einengen.
Millionen-Projekt zur Renaturierung des Flusses bei Augsburg
"Licca Liber" nennt sich das 60-Millionen-Euro-Unterfangen zur Renaturierung des Lechs, das Simone Winter seit Jahren plant. "Licca Liber" ist lateinisch und bedeutet freier Lech. "In seiner Dimension ist es ein bayernweit einzigartiges Projekt", sagt Winter und bremst den Wagen an der Staustufe 23. Der Lech ist hier begradigt. Zwischen der Böschung aus aufgeschichteten Steinbrocken hat sich der Fluss ins Bett gegraben. Lockerer Kies wurde weggeschwemmt. "Aus ökologischer Sicht ist es eigentlich schrecklich, weil wir brauchen ein lockeres Kiesgefüge, wo die Fische ablaichen können und wo auch Nahrungstiere der Fische leben können."
Der Lech droht zum toten Gewässer zu werden
Kurzum: Der Lech droht zum toten Gewässer zu werden. Was könnte helfen? Simone Winter zieht ein Bild des alten Lechs heraus und erklärt: "Ein Kilometer breit, ein weitverzweigtes Flussbett. Der Lech hat sich bei jedem Hochwasser einen neuen Lauf geschaffen, und wir sehen auch hier die Auen, die intakt waren und regelmäßig überschwemmt wurden."
Das ist das Ziel, sich wieder dem alten Lech annähern. Dafür steht eine unglaubliche Baggerarbeit bevor. Zum Beispiel ein paar Kilometer weiter flussabwärts. "Genau jetzt kommen wir in den Bereich, wo man das ganz gut sehen kann. Der Lech ist hier etwa zwei Meter unterhalb des Niveaus des Uferwegs, auf dem wir jetzt stehen", sagt Winter.
Zwei Meter unterhalb des Uferwegs liegt hier der Lech. Die Uferfläche soll abgebaggert werden, damit sich der Fluss wieder ausbreiten kann.
Baggerarbeiten auf 95 Hektar Fläche
Künftig sollen Lech und Umgebung wieder auf ein Höhen-Niveau gebracht werden. Zwei Meter Erdreich müssen dafür abgebaggert werden. Nicht nur hier, sondern auf einer Fläche von insgesamt 95 Hektar. Das entspricht etwa 130 Fußballfeldern. "Das Gelände wird erst einmal abgetragen. Das schaut sehr brachial aus, das muss man wissen", sagt Winter.
Übrig bleibt erst mal eine Art Mondlandschaft. Winter und ihr Team hoffen, dass möglichst viel Kies in dem abgetragenen Erdreich zu finden ist. Denn diesen Kies können sie dem Lech wieder zuführen. Das hilft dem Ökosystem des Flusses, aber auch den Planern, die dann weniger Aushub deponieren müssen.
Teil der neuen Lech-Aue wird geschützt
Doch schon bald wird der Fluss die Aue überschwemmen und die Natur die Fläche zurückerobern. Die Anwohner des Lechs wurden vom Amt übrigens mit in die Planung einbezogen. Ein Teil der renaturierten Fläche wird zugänglich, ein Teil wird geschütztes Gebiet. Für Simone Winter ist es fast schon ein Lebensprojekt. Einen Großteil ihres Arbeitslebens wird sie damit verbringen, den Lech zu befreien.
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