Was!? Zwei Wochen weniger Sommerferien in Bayern? Wegen Corona? Um die Ausfälle nachzuarbeiten? Eine auf den ersten Blick ernstzunehmende Meldung einer Nachrichtenseite für Jugendliche sorgt für Entsetzen. Aber eben nur auf den ersten Blick. Nick, Leah, Nele und Luis entlarven die Meldung sehr schnell als falsch, als Fake News. Sie suchen dafür nach Quellen, Querverweisen und prüfen die Meldung so auf ihren Wahrheitsgehalt.
Stutzig gemacht haben sie als erstes Anzeichen die Rechtschreibfehler im Text, dann die fehlende Quellenangabe. Dieses Prüfen haben die Schülerinnen und Schüler der Realschulen Ebrach und Burgkunstadt schon im Unterricht geübt. Jetzt trainieren sie das zusammen mit anderen Schülern aus 16 oberfränkischen Realschulen in der Uni Bayreuth. Sie wollen Mebionauten werden. "Mebio" steht für Medienbildung Oberfranken. Mebionauten sind Jugendliche, die jüngere Schülerinnen und Schüler durch die Welt des Internets lotsen.
Peer to Peer, Aufklärung auf Augenhöhe
Die Idee ist, dass Nick, Leah und die anderen nach dem Seminar in ihren Schulen in die unteren Klassen gehen und ihr Wissen den jüngeren Schülerinnen und Schülern weitergeben. Denn, so erklärt es Projektleiterin Tanja Renner, die Jugendlichen glauben nachweislich den etwa Gleichaltrigen eher als den Erwachsenen. Es ist schlicht authentischer, wenn 13-, 14-, 15- Jährige über Inhalte aus den sogenannten sozialen Medien oder dem Internet sprechen, als wenn es Eltern oder Lehrer tun. Die zudem oft gar nicht wissen, was da gerade angesagt ist. Also welche Kanäle, Tik Tok, Insta, Snapchat und so weiter, welche Videos, Memes, Trends und natürlich welche Musik gerade beliebt sind.
Die Mebionauten sind Lotsen im Netz. In der Gruppe von Nick und Leah geht es um Fake News, in anderen Gruppen werden die Themen Cybermobbing und die Selbstdarstellung im Netz behandelt. Außerdem berichtete eine Jugendkontaktbeamtin des Polizeipräsidiums Oberfranken von ihren Erfahrungen mit Kriminalität von Jugendlichen im Internet.
Verunsicherung durch zu viel Information
Ohne Tablet, ohne Internet, ohne soziale Kanäle geht in der Schule und auch in der Freizeit gar nichts mehr. Sich zurechtzufinden wird bei steigendem Angebot immer schwerer und auch die Gefahren wachsen. Tanja Renner, die an der Realschule Pegnitz unterrichtet, erzählt von Cybermobbing und -stalking. Von Schülerinnen und Schülern, die immer wieder hilfesuchend zu ihr kämen und Aufklärung bräuchten. Dazu komme die Vielzahl an Fake News im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg, die momentan für Ängste und Verunsicherung sorgen würde. Das Programm der Mebionauten zielt darauf ab, dass sich die Jugendlichen weitgehend sicher im Netz bewegen können. Die Schulen seien hier gefordert.
Das Netz überfordert oft Eltern und Lehrende
"Unsere Kinder nehmen wir an die Hand und zeigen ihnen, wie man über die Straße geht. Stellen Sie sich das Internet als sechsspurige Autobahn vor und sagen Sie dann Ihrem Kind: 'Sieh zu, wie Du da drüber kommst'!“ So beschreibt Michael Hohberger, Konrektor an der Hofer Realschule und Mebionauten-Coach, den oft hilflosen Umgang von Eltern und Lehrern mit den Verlockungen und Gefahren im Netz. Hohberger trainiert mit den Schülerinnen und Schülern, darunter Nick und Leah, in Gruppen, wie sie später in ihren Schulen Vorträge halten und mit den anderen die Themen erarbeiten sollen. Das sei anfangs ziemlich ungewohnt, die Seite zu wechseln und plötzlich vor der Klasse zu stehen. Dabei ist es ja nicht so, dass alle Jugendlichen quasi völlig naiv im Internet unterwegs sind. Nele Bayer aus Ebrach erzählt, dass sie oft bei Freunden und Bekannten nachfrägt oder selber recherchiert, wenn ihr Neuigkeiten oder Meldungen zu ihren Lieblingsbands komisch vorkommen.
Kooperation zwischen Realschulen und der Uni Bayreuth
Das Digitale Labor der Uni Bayreuth wertet das Programm und die Seminare für die Mebionauten aus. Außerdem werden diese ständig weiterentwickelt. Dazu kommen die Berater für digitale Bildung an den Realschulen, federführend Tanja Renner aus Pegnitz und Clemens Pfefferle aus Bayreuth. Auch die Lehrerinnen und Lehrer erhalten Schulungen, um im Unterricht die künftigen Mebionauten auf ihre wichtige Aufgabe vorzubereiten.
Am Ende des langen Seminartages sitzen dann 200 Realschülerinnen und –schüler und ihre Lehrerinnen und Lehrer in einem Hörsaal der Uni Bayreuth. Sie kommen aus Ebrach, Bamberg, Coburg, Marktredwitz, Kronach, Pegnitz, Helmbrechts, Burgkunstadt, Neustadt bei Coburg und Wunsiedel. Jetzt sind sie bereit, ihr Wissen weiterzugeben und in ihren Schulen Workshops über Fake News, das "Ich im Netz" und Cybermobbing zu halten.
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