Symbolbild: Kiste mit medizinischen Schutzmasken
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Masken-Ausschuss: "Amigo-Sumpf" oder "schäbige" Vorwürfe?

Zum Abschluss des Untersuchungsausschusses zur Maskenaffäre fällt die Bewertung der Landtagsfraktionen höchst unterschiedlich aus: Die Opposition beklagt Vetternwirtschaft, die CSU hält die Vorwürfe für klar widerlegt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Sie saßen rund 240 Stunden im selben Raum, studierten dieselben Akten, befragten dieselben Zeugen - und doch kommen die Mitglieder des Untersuchungsausschusses des Bayerischen Landtags zur Maskenaffäre teilweise zu völlig gegenteiligen Ergebnissen. Nach Meinung von Ausschusschef Winfried Bausback (CSU) wurden die Vorwürfe der Günstlingswirtschaft gegen die Staatsregierung klar widerlegt. Vertreter von Grünen, SPD und FDP sehen dagegen eindeutige Beweise für ein "Amigo-System", die AfD wirft der Staatsregierung Vertuschung vor.

So werden von diesem Ausschuss, der am Nachmittag noch einmal tagt, auch gleich drei Abschlusspapiere bleiben: Der stolze 528 Seiten starke Schlussbericht, den Bausback vorlegt, wird aller Voraussicht nach mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern abgesegnet. Die Ausschussmitglieder von Grünen, SPD und FDP legen gemeinsam einen "Minderheitenbericht" vor, die AfD kündigte ein "Sondervotum" an.

CSU: Keine Interessensverquickung

Als Erster hatte schon vor zehn Tagen Bausback die Presse über seine Ausschuss-Bilanz informiert. Nach Meinung des CSU-Politikers hat die Beweisaufnahme gezeigt, dass die Masken-Beschaffungen "nach Recht und Gesetz", "ohne politische Einflussnahme oder Interessensverquickungen" erfolgt seien.

Bei bestimmten Angeboten habe es zwar einen "Vertrauensvorschuss" gegeben, der zu einer schnelleren inhaltlichen Prüfung geführt habe. Alle Entscheidungen seien aber "in der Sache getroffen worden".

Bausback: Vorwürfe der Opposition "schäbig"

Bausback betonte, dass zu Beginn der Pandemie der Bedarf an Schutzausrüstung immens gewesen sei. Bei der politischen Bewertung der Masken-Käufe müssten auch die konkreten Umstände zur damaligen Zeit berücksichtigt werden. Wenn die Opposition nun Handlungen vom März 2020 nach heutige Maßstäben bewerte, sei das "schäbig".

Mit Blick auf die Millionenprovisionen, die die CSU-Politiker Alfred Sauter und Georg Nüßlein sowie die PR-Unternehmerin Andrea Tandler für die Vermittlung von Masken-Geschäften kassiert hatten, sagte Bausback: "Leider haben einzelne Personen diese Krise genutzt, um sich persönlich zu bereichern." Der Staatsregierung seien diese Provisionszahlungen aber damals nicht bekannt gewesen. Durch die Arbeit des Untersuchungsausschusses stehe zudem fest, dass es keine vergleichbaren zusätzlichen Fälle einer persönlichen Bereicherung bei Abgeordneten gegeben habe.

SPD: "Klassisches Hoflieferantentum"

Dagegen sieht Markus Rinderspacher von der SPD durch den Ausschuss belegt, dass bei Masken-Geschäften häufig nur Anbieter mit CSU-Kontakten zum Zug gekommen seien. Die Amigo-Wirtschaft in Bayern blühe, sagte er vor wenigen Tagen bei einer gemeinsamen Pressekonferenz von SPD, Grünen und FDP.

"Es gibt klassisches Hoflieferantentum." Was Bausback als "Vertrauensvorschuss" bezeichnet habe, sei Vetternwirtschaft. Während Hunderte Anbieter vergeblich auf eine Antwort gewartet hätten, seien "Schrottmasken zu weit überteuerten Preisen" gekauft worden.

Grüne: Steuergeld zurückholen

Ausschussvize Florian Siekmann (Grüne) verwies darauf, dass einzelne Masken-Geschäfte "gegen jeden fachlichen Rat" durchgedrückt worden seien, notfalls per SMS von Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der Untersuchungsausschuss habe eine Reihe neuer "Deals" aufgedeckt sowie Qualitätsmängel bei bestellten Masken ans Licht gebracht. Das alles zeige, dass das Versprechen der Staatsregierung, die Maskenaffäre selbst aufzuklären, wertlos gewesen sei.

Das Gesundheitsministerium habe sich selbst bei Qualitäts- oder Lieferproblemen weder um Nachverhandlungen bemüht noch an eine Vertragskündigung gedacht. Siekmann verlangt, es müsse so viel Steuergeld wie möglich zurückgefordert werden. Nötig sei auch eine Anti-Korruptions-Offensive in der Staatsregierung sowie ein bayerisches Transparenzgesetz.

FDP: "Spitze des Eisbergs"

FDP-Finanzexperte Helmut Kaltenhauser bemängelte, dass es sich die CSU sehr einfach mache, wenn sie die Schuld auf einzelne Personen schiebe. Seiner Meinung nach sind Sauter, Nüßlein und Tandler "leider nur die prominente Spitze des Eisbergs". Dass die CSU das Ergebnis des Masken-Ausschusses nun kleinreden wolle, zeige, "dass entweder keine Sensibilität für politische Einflussnahme besteht oder man am 'System politische Verbindung' festhält".

AfD: Vertuschungsaktion

AfD-Fraktionsvize Gerd Mannes beklagte auf BR24-Anfrage, dass der Masken-Ausschuss seine eigentliche Aufgabe verfehlt und in wichtigen Fragen kaum neue Erkenntnisse gebracht habe. Er machte dafür Ausschusschef Bausback verantwortlich, der "eindeutig zulässige" Fragen an CSU-Politiker blockiert habe.

Schnell sei klar geworden, dass es der Staatsregierung "um Schadensbegrenzung für die Söder-Administration und nicht um ehrliche Aufklärung geht". Die AfD spiele bei dieser "Vertuschungsaktion des CSU-Amigo-Sumpfes" jedoch nicht mit.

Ministerium weist Kritik zurück

Das Gesundheitsministerium wies die Kritik der Opposition als "reine Wahlkampftaktik" zurück. Weder habe es eine Vorzugsbehandlung bestimmter Anbieter gegeben, noch seien überwiegend "Schrott"-Masken gekauft worden, sagte eine Ministeriumssprecherin. Mangelhafte Masken seien gar nicht erst gekauft worden - oder die Verträge würden rückabgewickelt. "Zudem ist die Forderung überflüssig, soviel Steuergeld wie möglich zurückzuholen. Dies geschieht bereits."

Fest steht, dass ein Untersuchungsausschuss der Superlative war. 3.451 digitalisierte Akten mit einem Umfang von zusammen mehr als zwei Millionen Blatt wurden laut Bausback ausgewertet, 150 Zeugen seien befragt worden. Die heutige Sitzung ist die 45. und letzte. Opposition und Regierungsfraktionen werden dabei genauso Uneinigkeit feststellen wie demnächst im Landtagsplenum, wo es auch noch einmal eine Aussprache zu den Ergebnissen geben wird.

Bildrechte: Petr Jerabek/BR
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Der Ausschussvorsitzende Bausback mit dem Abschlussbericht

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