Bildrechte: pa/dpa

Verwaltungsgericht München zum Dieselfahrverbot

Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Kein Diesel-Fahrverbot: Gericht watscht den Freistaat ab

Die Staatsregierung lehnt ein Diesel-Fahrverbot in München ab. Richterliche Vorgaben, es zur Verbesserung der Luft zumindest zu planen, hat sie ignoriert. Das Verwaltungsgericht zeigt sich empört und verhängt erneut ein Zwangsgeld.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Infoblock am .

Im Prozess um die Vorbereitung eines Dieselfahrverbots für München hat das Verwaltungsgericht ein Urteil gefällt: Der Freistaat Bayern muss 4.000 Euro Zwangsgeld zahlen. Eine Zwangshaft gegen Bayerns Umweltministerin Scharf (CSU) wurde nicht verhängt. Die Deutsche Umwelthilfe hatte den Freistaat erneut vor Gericht gebracht. Zudem drohte die Richterin ein weiteres Zwangsgeld in gleicher Höhe an. Damit will das Gericht den Freistaat in die Pflicht nehmen, ein vollzugsfähiges Konzept zur Fortschreibung des Luftreinhalteplans zu veröffentlichen.

"Aus diesem Konzept muss sich ergeben, dass Verkehrsverbote für Fahrzeuge mit Dieselmotor für bestimmte Straßen und Straßenabschnitte in den Luftreinhalteplan aufgenommen werden," so das Gericht. Nach Ansicht der Vorsitzenden Richterin, Martina Scherl, missachtet der von der Regierung von Oberbayern im Auftrag der Staatsregierung veröffentlichte Entwurf eines Luftreinhalteplans die einschlägigen Verwaltungsgerichtsurteile. Die getroffenen Maßnahmen würden nicht ausreichen, um die Überschreitung der Grenzwerte in den Griff zu kriegen.

"Es sind viele Schlagworte dabei, denen aber keine konkreten Maßnahmen gegenüberstehen. Mit diesem allgemeinen Blabla im Entwurf des Luftreinhalteplans genügen sie nicht den Vorgaben des Gerichts." Martina Scherl, Richterin Verwaltungsgericht München

Auf den Einwurf der Vertreterin des Bayerischen Umweltministeriums, dass ein Dieselfahrverbot nur schwer kontrollierbar sei, entgegenete Scherl: "Nur weil ein Dieselfahrverbot schwer kontrollierbar ist, ist kein Argument, auf dessen Vorbereitung zu verzichten."

Keine Zwangshaft für Umweltministerin Scharf

Bereits im Vorfeld des Verfahrens hatte sich abgezeichnet, dass es wohl keine Zwangshaft für Bayerns Umweltministerin Scharf oder andere Vertreter des Freistaats geben werde. Das Gericht sieht den Freistaat derzeit noch nicht als "renitente Behörde" an: Es sei noch nicht klar, dass der Freistaat nicht einlenken werde. Immerhin habe er eine Fortschreibung des Luftreinhalteplans für München entworfen. Möglicherweise werde er später in Abstimmung mit der Landeshauptstadt die Umweltzone erweitern , so die Begründung.

"Ein Novum und auch ein Unding nach Meinung des Gerichts"

Die Vorsitzende Richterin Martina Scherl sprach gleich zu Beginn des Verfahrens deutliche Worte: "Es ist eigentlich üblich, dass öffentlich-rechtliche Körperschaften Gerichtsurteile vollziehen".

Dass sich das Gericht nun mit einer Zwangsvollstreckung gegen den Freistaat beschäftigen müsse sei "ein Novum und auch ein Unding nach Meinung des Gerichts. Das dürfte nicht sein". Zwar gebe es seit 2010 eine Verbesserung bei den Stickstoffdioxidwerten in München. Die getroffenen Maßnahmen reichten dennoch nicht aus, um die Überschreitung der Grenzwerte in den Griff zu kriegen. "Es sind viele Schlagworte dabei, denen aber keine konkreten Maßnahmen gegenüberstehen", kritisierte Scherl. Es fehlten konkrete Realisierungszeiträume und quantifizierte Maßnahmen. "In den Augen des Gerichts ist das eher eine Alibiveranstaltung als konkrete Maßnahmen", so die Richterin.

Richterin rügt Verhalten des Freistaats

Die Vertreterin des Freistaats entgegnete, es gehe um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die Rechtslage sei nicht geklärt. Die Richterin antwortete:

"Ich glaube, Sie verkennen den Ernst der Lage. Mit diesem allgemeinen Blabla im Entwurf des Luftreinhalteplans genügen sie nicht den Vorgaben des Gerichts." Martina Scherl, Vorsitzende Richterin

Unzufriedenheit bei Deutscher Umwelthilfe

Man könne dem Freistaat nicht komplette Untätigkeit vorwerfen. Deshalb bleibe das Vollstreckungsverfahren bei den vergleichsweise milden Vorgaben des Verwaltungsrechts und gehe nicht zu den strengeren der Zivilprozessordnung über, die direkte Zwangshaft ermöglichen würden, so die Richterin. Der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe sprach von einem "Optimismus des Gerichts, den ich als Naivität begreifen würde".

Weil ein Zwangsgeld die Staatsregierung nicht bewegen konnte, die Verwaltungsgerichtsurteile zu befolgen, hatte die Deutsche Umwelthilfe Zwangshaft gegen Ministerin Scharf beantragt.