In Nürnberg-Langwasser ist eine Beratungsstelle für Geflüchtete aus der Ukraine geschaffen worden. In den Behörden der Stadt wie etwa im Jobcenter hängt die Info dazu aus. Die Beratung ist im Haus der Heimat angesiedelt. Das Haus dient Deutschen aus dem osteuropäischen Raum als Treffpunkt und Veranstaltungsort, dazu gehören die Siebenbürger Sachsen oder die Russlanddeutschen. In dem Stadtteil mit vielen Zuwanderern aus Osteuropa ist es ein Ort der Integration und des Zusammenkommens. Hier gibt es Deutschkurse, Aussiedlerberatung und Tanz- und Schachkurse für Kinder und Jugendliche.
Haus der Heimat ist ideal für die Beratung
Das Bayerische Sozialministerium finanziert zwei Vollzeitstellen für die Beratung im Haus der Heimat. Die Anfrage sei kurzfristig gekommen, erklärt Haus der Heimat-Chefin Doris Hutter. Hier sei genau der richtige Ort, weil durch die Sprachkurse viele Menschen im Haus sind, die Russisch sprechen können. Der Kultur-, Kurs- und Veranstaltungstreff liegt in einem Stadtteil, in dem viele Zuwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion leben. Nun arbeiten drei Frauen mit sehr viel Herzblut in der Beratung, so Hutter. Dass diese selbst Migrationserfahrung hatten, ist für die Arbeit von Vorteil, findet sie. Denn bei der Arbeit gehe es nicht nur darum, Formulare auszufüllen. Es gebe ein Verständnis für den Neuanfang in einem fremden Land, das man als Zugewanderter habe.
Vom Ehrenamt in den Job
Auf dem Weg zum Schachkurs ihres Sohnes hat Julia Steba die Stellenanzeige für die Beratungsstelle für ukrainische Geflüchtete im Haus der Heimat gesehen und sich beworben. Die Mutter der 32-Jährigen ist Ukrainerin, ihr Vater Russlanddeutscher. Julia Steba spricht fließend Russisch, also die Sprache, die fast jeder Ukrainer und jede Ukrainerin spricht. Sie hat Verwandte in der Ukraine, dem Land, das am 24. Februar von Russland angegriffen wurde. Der Krieg habe sie getroffen, berichtet Julia Steba. Er habe eine tiefe Wunde hinterlassen. Sie wollte helfen und hat ehrenamtlich für Geflüchtete aus der Ukraine gearbeitet. Nun ist die Beratung von Ukrainerinnen und Ukrainern ihr Hauptjob.
"Die Deutschen lieben Formulare“
Im Büro von Beraterin Julia Steba sitzt die 33-Jährige Yulia, eine Frau mit roter Brille und kurzen, dunklen Haaren. Vor ihr liegt eine dicke Mappe mit Formularen und Behördenbeschreiben. “Die Deutschen lieben Formulare“, sagt sie auf Englisch und lacht. Ihre Freundin Julia Steba helfe ihr weiter, sagt sie. Die beiden unterhalten sich auf Russisch, zwischendurch fallen Begriffe wie ‘Sozialhilfe‘ und ‘Jobcenter‘. Yulia ist mit ihrem siebenjährigen Sohn nach Deutschland gekommen. Ihr Mann ist tot. Die Familie stammt aus Irpin, dem Vorort von Kiew, in dem die russische Armee schlimmste Kriegsverbrechen begangen haben soll.
"Nur Menschen, die im Krieg waren, verstehen die Situation“
In der Beratung im Haus der Heimat arbeitet auch Maryna Glushko. Die 63-Jährige kam selbst vor vier Jahren aus der ostukrainischen Stadt Donezk, in der seit 2014 Krieg zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Truppen herrscht. In ihre Wohnung sei eine Bombe eingeschlagen, berichtet Maryna Glushko. In der Ukraine war sie als Lehrerin für Russisch und Ukrainisch und als Psychologin tätig. Seit sie in Deutschland ist, hat sie nicht gearbeitet. Den Job in der Beratung hat ihr Lehrer des Deutschkurses vorgeschlagen. Ihre sprachlichen und fachlichen Kompetenzen kann sie nun einbringen. Denn die Geflüchteten, die zu ihr kommen, brauchen eben mehr als Beratung bei Behördengängen. “Nur Menschen, die im Krieg waren, verstehen die Situation“, sagt Maryna Glushko. Die Geflüchteten hätten Angst, berichtet sie. Viele sprechen mit ihr über Kriegserlebnisse und darüber, dass ihre Väter oder Ehemänner weiterhin in der Ukraine sind. “Diese Arbeit ist sehr wichtig für Geflüchtete aus der Ukraine“, sagt Maryna Glushko.
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