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Junger Mann versucht in Bahn zu telefonieren

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Löcher im Mobilfunknetz: Keine Besserung für Bahnkunden in Sicht

Bayern will im Bereich der Digitalisierung europaweit führend werden. Zunächst muss der Freistaat aber die Mobilfunklöcher stopfen. Ein Sofortprogramm des Wirtschaftsministeriums sollte das bis 2020 erreichen. Von Lorenz Storch

Selbst Ministerpräsident Horst Seehofer beschwert sich gelegentlich darüber, dass er beim Autofahren nicht in Ruhe mit der Kanzlerin telefonieren kann ohne dass dauernd die Verbindung abbricht. Dabei ist das Netz an den Autobahnen noch vergleichsweise gut.

Löcher an Löcher und Löcher auf Bahnstrecken

Wer dagegen in Bayern öfters Bahn fährt, führt sehr häufig Gespräche, die eigentlich nicht wirklich welche sind, denn ständig bricht die Verbindung ab oder man hört sich abschnittsweise kaum oder gar nicht. Selbst am Hauptbahnhof München kann jeder Pendler von Mobilfunklöchern erzählen.

Die Werbung verspricht wie immer viel

Nachfrage beim Münchner Netzbetreiber Telefonica, der unter anderem mit der Marke O2 um Kunden wirbt. Rein rechnerisch alles super, heißt es hier.

"Kunden von Telefónica Deutschland verfügen bundesweit über eine Netzabdeckung von knapp 100 Prozent außerhalb von Gebäuden." Mitteilung Telefónica Deutschland

Aber dann folgt doch der Nachsatz: "Uns ist jedoch bewusst, dass wir speziell an Bahnstrecken noch nicht an unserem Ziel einer Netzversorgung angelangt sind, die den Kunden ein sehr gutes Nutzererlebnis bieten soll."

Die Bahn kennt die Schwachstellen

Das ist noch deutlich untertrieben. Auch wenn sich der Sprecher der Deutschen Bahn, Michael Schmidt, vorsichtig ausdrückt.

"Wir wissen um die Wünsche unserer Kunden, die natürlich surfen wollen, die telefonieren wollen und darum haben wir das Streckennetz in Bayern sehr genau mal ausgemessen und haben mal ein bisschen die Schwachstellen aufgezeigt." Michael Schmidt, Deutsche Bahn

Die Techniker der Deutschen Bahn haben Karten erstellt – und die zeigen an praktisch allen bayerischen Bahnstrecken und für alle Mobilfunkanbieter die Farbe rot, also, schlechter Empfang. Dass inzwischen zumindest im ICE die Datenverbindung per WLAN ganz gut funktioniert, liegt daran, dass die Deutsche Bahn hier mit großem Aufwand alle Funknetze bündelt. Jedes einzelne würde unterwegs, selbst auf den Hauptstrecken, immer wieder abreißen. Die Bahn versucht die Situation durch Verhandlungen mit den Mobilfunkunternehmen zu bessern.

"Wir sind guter Dinge, dass sich in absehbarer Zeit mit sehr konstruktiven Gesprächen wirklich da noch mal was bewegen wird, eben, weil auf Seiten der Netzbetreiber, da sind Kunden, die zahlen natürlich auch Telefongebühren, wenn sie im Zug telefonieren." Michael Schmidt, Deutsche Bahn

Wer will, der könnte...

Die Staatsregierung verfolgt ihr Ziel, bis 2020 die Mobilfunklöcher im Freistaat zu stopfen, seit einem Jahr mit einem so genannten "Sofortprogramm“. Sie bietet dabei die Sendemasten des Behördenfunknetzes an, das der Freistaat in den vergangenen Jahren für Polizei und Feuerwehr aufgebaut hat. Auf den 460 Masten wäre noch Platz für Antennen von Telekom und Co. Doch deren Interesse hält sich in Grenzen. Bisher nutzen sie nur sieben Behördenfunkmasten in ganz Bayern für ihre Zwecke. Für 35 weitere haben die Mobilfunknetzbetreiber zumindest konkretes Interesse angemeldet.

In Regionen mit dünner Besiedlung lohnt es sich für die Netzbetreiber offenbar ganz einfach nicht, die Mobilfunklöcher zu stopfen.

Telefónica etwa schreibt auf BR-Anfrage: "Beim Ausbau gehen wir konsequent nutzenorientiert vor. Unser Fokus liegt hierbei weiterhin auf den Regionen, in denen unsere Kunden leben und arbeiten."

Also eben nicht auf dem flachen Land und entlang von Regionalbahnstrecken. Das bayerische Wirtschaftsministerium hat deshalb ein mit fünf Millionen Euro dotiertes Förderprogramm für neue Mobilfunkmasten angekündigt. Das ist aber noch nicht fertig und auch noch nicht vom Landtag genehmigt, geschweige denn von der Europäischen Union. Und so gibt letztlich auch das Bayerische Wirtschaftsministerium in einer Stellungnahme an den BR zu, dass eine "vollständige Versorgung der Bahnstrecken voraussichtlich bis 2020 nicht werden" kann.

Die Hoffnung ruht auf der nächsten Versteigerung von Mobilfunk-Frequenzen. Dann sollen die Mobilfunknetzbetreiber strengere Auflagen für eine flächendeckende Versorgung bekommen. Die käme dann allerdings erst deutlich nach 2020. Einstweilen sind Bahnfahrer gut beraten, mit den Mobilfunklöchern unterwegs gelassen umzugehen.