Ein älterer Lkw-Fahrer mit Brille sitzt am Steuer und lenkt.
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Der Seniorchef einer Spedition aus Lichtenfels hat keine Fahrer gefunden. Deshalb setzt er sich mit 75 Jahren nochmal selbst ans Brummi-Steuer.

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Lkw-Fahrermangel: Wenn der 75-jährige Chef am Steuer sitzt

In der Speditionsbranche fehlt Personal. Der Seniorchef eines Betriebs aus Lichtenfels hat potentiellen Fahrern sogar den Führerschein bezahlt – ohne Erfolg. Deshalb setzt er sich mit 75 Jahren noch selbst ans Steuer seines Lkw.

Eigentlich wollte Werner Schad morgens um halb acht schon mit seinem Lkw unterwegs sein. Doch stattdessen steht er gerade noch neben einem defekten Elektrohubwagen in seiner Spedition in Lichtenfels. Auch mit 75 Jahren kümmert sich der Seniorchef um viele Aufgaben noch selbst, packt an und sucht nach Lösungen. Da ihm die Fahrer für die Lastwagen fehlen, fährt er noch selbst.

Seit 55 Jahren hinterm Steuer: Seniorchef als Vorbild

Für seine etwa 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist Schad ein Vorbild. Er sei immer ansprechbar, hilfsbereit und habe ein offenes Ohr für Probleme, erzählt Logistiker Heinrich Lang in der Halle der Spedition. Mit seinen 75 Jahren habe der Chef jahrzehntelange Erfahrung in der Branche, von der alle profitieren könnten.

Inzwischen hat Schad den Hubwagen wieder zum Laufen gebracht und kann sich seinem eigentlichen Auftrag des Tages widmen. Für Schad geht es heute mit seinem Lkw von Lichtenfels aus nach Mitterteich in den Landkreis Tirschenreuth. Die Ladung: eine sechs Tonnen schwere Bäckereimaschine. Für den Seniorchef ist das nichts Besonderes, das Unternehmen transportiere so gut wie alles, erklärt er, während er mit den Frachtpapieren in das Führerhaus steigt. Seit 55 Jahren ist Schad auf den Straßen in Europa unterwegs. Inzwischen fährt er vorwiegend nationale Routen.

Anreize verpuffen – Führerscheine umsonst bezahlt

Rund zwei Stunden Fahrt liegen vor dem Seniorchef. Zuerst geht es über kurvenreiche Landstraßen und dann über drei Autobahnen bis in die Oberpfalz. Die Antwort auf die Frage, warum er sich die Arbeit mit 75 Jahren immer noch antue, fällt einfach aus: "Es fehlen einfach Lkw-Fahrer." Und da der Betrieb weiterlaufen müsse und es ihm immer noch Spaß mache, fahre er eben noch selbst.

Schad führt die Spedition zusammen mit seinem Sohn Christian als Familienunternehmen. Das solle auch so bleiben, erzählt Schad. Um Fahrer zu gewinnen, habe man sogar schon die Kosten von bis zu 12.000 Euro für Lkw- und Staplerführerschein bezahlt sowie weitere Gefahrenscheine finanziert. Allerdings ohne Erfolg: Die Fahrer hätten kurz danach das Weite gesucht oder seien nicht mehr zum Dienst erschienen. Für Schad ist solch eine Einstellung nicht nachvollziehbar.

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Lkw-Fahrer aus Überzeugung

Wenn die Familie mitmache, sei der Job als Lkw-Fahrer in seinem Unternehmen schön und abwechslungsreich, die Bezahlung sei gut. Stress gebe es auch in anderen Branchen und wenn man privat mit dem Auto unterwegs sei, komme man auch immer wieder in Staus, ist Schad überzeugt. Er hängt am Fahren, kommt nicht davon los und hat Freude daran, immer wieder Neues zu erleben.

Routine auf der Straße zahlt sich aus

Nach knapp zwei Stunden hat Schad sein Ziel in Mitterteich pünktlich erreicht. Die Bäckerei liegt an einer engen Straße, beim Entladen packt Schad mit an. Und auch wenn sich die Autos auf beiden Seiten stauen – ihn bringt nichts aus der Ruhe. Die Fahrt durch die schöne Landschaft sei für ihn fast wie Urlaub, erklärt er lachend auf der Ladefläche seines Lasters. Ein paar Jahre will der 75-Jährige noch dranhängen, wenn es die Gesundheit zulässt. Dennoch gibt er die Hoffnung nicht auf, dass sich zuverlässige Lasterfahrerinnen und Lasterfahrer finden lassen.

Werner Schad sitzt am Steuer eines Lastwagens.
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Hat trotz Fahrermangel in der Lkw-Branche sein Lachen nicht verloren: Werner Schad.

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