Archivbild: Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (li.) und Ministerpräsident Markus Söder, beide CSU
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Ein Bündnis um die Linke hat Anzeige gegen Ministerpräsident Söder, zwei Minister und den MünchnerGeneralstaatsanwalt gestellt.

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Bündnis um Linke zeigt Söder und Herrmann wegen Klima-Razzia an

Ein Bündnis um die Linke hat Anzeige gegen Ministerpräsident Söder, zwei Minister und Generalstaatsanwalt Röttle gestellt. Bei den Razzien gegen die "Letzte Generation" seien die Unschuldsvermutung verletzt und die Klimaaktivisten verleumdet worden.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Die Razzien gegen die sogenannte "Letzte Generation" in der vergangenen Woche könnten ein juristisches Nachspiel haben – und zwar nicht nur für die Klimaaktivisten selbst, sondern auch für die Staatsregierung.

Anzeigen gegen bayerische Regierungsmitglieder

Am Mittwoch hat ein bayerisches Bündnis aus den Parteien Die Linke, Mut und Die Urbane sowie der Organisation noPAG nach eigenen Angaben Strafanzeige gegen mehrere Spitzenpolitiker erstattet – konkret gegen Ministerpräsident Markus Söder, Justizminister Georg Eisenreich, Innenminister Joachim Herrmann und den Münchner Generalstaatsanwalt Reinhard Röttle. Die Durchsuchungen der Objekte selbst sind nicht Gegenstand der Anzeigen. Das Bündnis wirft den CSU-Politikern sowie dem Generalstaatsanwalt Verleumdung und Beleidigung vor.

Der Hintergrund: Die Staatsanwaltschaft München und das bayerische Landeskriminalamt (LKA) hatten vergangene Woche deutschlandweite Razzien gegen die "Letzte Generation" veranlasst. Insgesamt waren rund 170 Beamte in sieben Bundesländern im Einsatz. Im Zuge der Durchsuchungen beschlagnahmten die Ermittler unter anderem die Webseite der Klimaaktivisten. Staatsanwaltschaft und LKA versahen die Seite anschließend mit folgendem Sperr-Text: "Die Letzte Generation stellt eine kriminelle Vereinigung gemäß § 129 StGB dar! (Achtung: Spenden an die Letzte Generation stellen mithin ein strafbares Unterstützen der kriminellen Vereinigung dar!)"

Sperr-Text auf Webseite: Staatsanwaltschaft rudert zurück

Für die Landessprecherin der Linken, Adelheid Rupp, ist das Vorgehen von Generalstaatsanwalt Röttle ein klarer Fall von Vorverurteilung: "Er hat hier nicht bedacht, dass die Unschuldsvermutung zu gelten hat. Es ist absolut unzulässig, im Wege einer derartigen Äußerung die Letzte Generation zu verleumden und zu beleidigen." Der als Tatsachenbehauptung formulierte Hinweis diene dazu, die "Letzte Generation" verächtlich zu machen. Dies sei vorsätzlich und wider besseres Wissen geschehen, so Rupp, schließlich wisse ein Staatsanwalt, dass die Unschuldsvermutung zu berücksichtigen ist.

Später wurde der Hinweis von der Webseite entfernt. Die Generalstaatsanwaltschaft München ruderte zurück, sprach von einem "missverständlichen" Hinweis und erklärte, dass die Frage, ob die "Letzte Generation" eine kriminelle Vereinigung sei, erst gerichtlich geklärt werden müsse – auf Basis der laufenden Ermittlungen.

Warum auch Söder, Eisenreich und Herrmann angezeigt wurden

Die Anzeigen gegen die Politiker Söder, Eisenreich und Herrmann begründete Rupp mit der Tatsache, dass Staatsanwaltschaften in Deutschland weisungsgebunden sind. Im Gerichtsverfassungsgesetz heißt es: "Die Beamten der Staatsanwaltschaft haben den dienstlichen Anweisungen ihres Vorgesetzten nachzukommen." Die Münchner Generalstaatsanwaltschaft untersteht dem Justizministerium.

"Es liegt sehr nahe nach dem politischen Druck, der erzeugt wurde, dass dies eine Anweisung gewesen sein könnte", sagte Rupp mit Blick auf die Razzien. Politisch sei das "durchaus vorstellbar" und müsse geprüft werden. In diesem Fall trage Ministerpräsident Söder und Justizminister Eisenreich Verantwortung, durch das beteiligte Landeskriminalamt gelte das auch für den Innenminister.

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Die Landessprecherin der Linken, Adelheid Rupp.

Herrmann: Anzeigen sind "absurd"

Eben jener Innenminister – Joachim Herrmann – sagte am Mittwoch zu BR24, er halte die Anzeigen für "absurd", er habe sich stets sachlich zur "Letzten Generation" geäußert. Die Klimaaktivisten würden sich nicht nur auf Straßen festkleben, sondern versuchten auch Start- und Landebahnen an Flughäfen zu blockieren und Energieleitungen zu stören. "Das sind erhebliche Straftaten", sagte Herrmann und fügte hinzu: "Wie die dann zu bewerten sind, ist Sache der Justiz."

Auch Herrmanns Kabinettskollege Georg Eisenreich äußerte sich: "Eine Weisung an die Generalstaatsanwaltschaft München oder eine andere Einflussnahme ist durch das Justizministerium nicht erfolgt." Der Warnhinweis auf der Webseite sei durch die Staatsanwaltschaft "umgehend korrigiert" worden. Die bayerische Justiz nehme die Unschuldsvermutung sehr ernst. Die strafrechtlichen Vorwürfe der Linkspartei nannte Eisenreich einen "Schmarrn".

Auch Teile der Opposition im Landtag kritisierten die Anzeigen des Bündnisses – sie seien "nicht zielführend" und würden zur Polarisierung beitragen, sagte der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion Horst Arnold. Es brauche eine sachliche Ermittlung zur "Letzten Generation". Gleichwohl kritisierte Arnold die Generalstaatsanwaltschaft München und das LKA: Mit der Behauptung auf der Webseite hätten sie "ihre gesetzlichen und rechtsstaatlichen Kompetenzen bei Weitem" überschritten.

Wer sich um die Anzeigen kümmert, ist noch unklar

Kriminelle Vereinigung oder nicht? In den Augen von FDP-Fraktionschef Martin Hagen müssen Gerichte die "Letzte Generation" beurteilen. Ihre Aktivisten würden jedoch immer wieder systematisch Straftaten begehen. "Deshalb ist es richtig, dass der Rechtsstaat konsequent gegen diese Leute vorgeht", so Hagen.

Das Bündnis um die Linkspartei verteidigte das Vorgehen der Klimaaktivisten. Ziel der "Letzten Generation" sei es, Institutionen zu mehr Klimaschutz anzuhalten. Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte auf Anfrage mit, dass sie wohl nicht gegen sich selbst ermitteln werde, aus diesem Grund stehe noch nicht fest, wer sich um die nun gestellten Strafanzeigen kümmern wird.

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