Der Bayerische Landtag hat hat wie erwartet mehrheitlich eine Teillockerung der 10-H-Regelung beschlossen. Die Regierungsparteien der CSU und Freien Wähler stimmten geschlossen für den Änderungsantrag. Die Opposition lehnte die Änderung ab. Ein Antrag der SPD zur ersatzlosen Streichung der 10-H-Regel kam erwartungsgemäß auch nicht auf die nötigen Stimmen.
Reduzierter Mindestabstand
Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte angesichts der Energiekrise als Ziel ausgegeben, dass in Bayern mehr als 1.000 neue Windräder gebaut werden sollen. Nach der Änderung sollen vom 16. November an neue Windkraftanlagen mit einem einheitlichen Mindestabstand von 1.000 Metern zu Wohngebäuden gebaut werden können. Zudem gebe es sechs Ausnahmen, in denen der Bau von Windrädern vereinfacht wird, wie etwa in sogenannten Vorranggebieten zur Erzeugung von Windenergie, längs von Eisenbahnstrecken, Autobahnen, in Gewerbegebieten oder im Wald. In allen anderen Fällen gelte die 10-H-Regelung aber weiter.
"Wir müssen beim Ausbau der Windenergie neue Maßstäbe setzen", betonte Bauminister Christian Bernreiter (CSU). "Unser Abstand von 1.000 Meter kann die Verfahren vereinfachen." So halte seine Partei grundsätzlich an den Abstandsregelungen fest, wolle sie aber weiterentwickeln. Auch Hans Friedl von den mitregierenden Freien Wählern sieht die Teillockerung als kleinen Schritt in die richtige Richtung. Dennoch müssten die Belange des Naturschutzes bei allen Entscheidungen berücksichtigt werden.
Kritik der Opposition
SPD, Grüne und FDP kritisierten die Teillockerung als nicht ambitioniert genug. Der energiepolitische Sprecher der Landtagsgrünen, Martin Stümpfig, bemängelte, dass die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien in Bayern zurückgehe. Mit der Blockadepolitik von CSU und Freien Wählern müsse daher "Schluss sein". Auch Albert Duin von der FDP sah die 10-H-Regelung als überflüssig an.
Kritik kommt auch vom Bundesverband für Windenergie (BWE), der den Beschluss der Regierungsparteien für halbherzig hält. "Eine Änderung war längst notwendig", erklärte der Landesvorsitzende des BWE, Bernd Wust. "Sie kommt aber viel zu spät und bleibt weit hinter dem zurück, was möglich und angesichts der akuten Energiekrise erforderlich wäre. Ein großes Standortpotenzial bleibt ungenutzt."
Die 10-H-Regel
Die umstrittene 10-H-Regel schreibt bisher vor, dass der Abstand eines Windrades zur nächsten Wohnsiedlung in der Regel mindestens das Zehnfache der Bauhöhe betragen muss - bei 200 Metern Rotorhöhe also zwei Kilometer. Die auf Ex-Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zurückgehende Vorschrift hat den Ausbau der Windenergie in Bayern in den vergangenen Jahren praktisch zum Erliegen gebracht.
Wie wichtig der Ausbau der Windkraft in der aktuellen Energiekrise für Bayern ist, zeigt sich in den ersten offiziellen Zahlen zur Bruttostromerzeugung im Freistaat. Demnach ist der Anteil der erneuerbaren Energien im vergangenen Jahr deutlich zurückgegangen. Wasser, Wind, Sonne, Biomasse und Co lieferten 2021 37,4 Terawattstunden (TWh) Strom. Dies sind 1,5 TWh weniger als 2020 (38,9) und 1,3 TWh weniger als 2019.
Dagegen ist die Stromproduktion in Bayern 2021 aber insgesamt gestiegen: Mit 78,5 Terrawattstunden lag sie deutlich über den Vorjahren. 2018 waren es 73,8 TWh, 2019 und 2020 je 74,9 TWh. Im Gegensatz zu den rückläufigen Erneuerbaren verzeichnet die Statistik für 2021 bei der Kernenergie ein Plus von 2,5 TWh auf 23,5 TWh (2020: 20,8), bei Erdgas ein Plus von 1,7 TWh auf 13,7 TWh (2020: 12,0) und bei Kohle ein Plus von 0,6 TWh auf 2,4 TWh (2020: 1,8). Die Zahlen des Wirtschaftsministeriums basieren auf der Energieschätzbilanz, da die finalen Werte noch nicht vorliegen.
Mit Material von dpa
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