Im Bayerischen Landeskriminalamt (LKA) sind Daten gelöscht worden, die man aufgrund eines Löschmoratoriums nicht hätte löschen dürfen. Das bestätigte der Präsident des Bayerischen Landeskriminalamts, Harald Picker, in einer Sitzung des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses im Bayerischen Landtag. Während CSU und Freie Wähler die Transparenz des LKA loben, verlangt die Opposition genaue Aufklärung.
LKA: Löschfunktion wurde unabsichtlich aktiviert
Die Datenlöschung sei unbeabsichtigt gewesen, so Pickert. Beim Einspielen eines Updates des betroffenen Programms sei die Löschfunktion wieder aktiviert worden. Diese Funktion sei eigentlich momentan wegen des Löschmoratoriums deaktiviert. Das Problem sei wenige Stunden später aufgefallen, die Funktion wieder deaktiviert worden. Allerdings sei der Vorfall hausintern nicht weitergegeben worden.
In der Zeit seien Daten zu rund 29.000 Personen gelöscht worden – mindestens eine dieser Personen war im Fokus des NSU-Untersuchungsausschusses. Die Löschung sei erst jetzt, durch eine Daten-Anfrage des Untersuchungsausschusses aufgefallen. Das Landeskriminalamt sieht allerdings keine größeren Probleme für die Aufklärungsarbeit des Ausschusses: Es handele sich um ein Spezialprogramm, das auf Papierakten basiert – diese Akten seien noch vorhanden, man gehe davon aus, dass die gelöschten Daten so vollständig wiederhergestellt werden können.
Freie Wähler loben vorbildliche Aufklärung
CSU und Freie Wähler im Landtag lobten die Transparenz des Landeskriminalamts und bezeichneten die Affäre als misslichen Vorfall. Technische Probleme im Umgang mit Daten und im Betrieb von Datenbanken seien immer ärgerlich, sagte etwa Wolfgang Hauber, innenpolitischer Sprecher der Freien Wähler-Landtagsfraktion und Mitglied des zweiten NSU-Untersuchungsausschusses. "Vorliegend hat das Landeskriminalamt aber vorbildlich versucht, den Fehler aufzuklären und den Untersuchungsausschuss über das Ergebnis transparent informiert. Ich bin zuversichtlich, dass alle wesentlichen Daten mit Bezug zum NSU-Geschehen wiederhergestellt werden konnten."
Opposition spricht von "Skandal"
Die Opposition sieht das ganz anders: Es sei nicht hundertprozentig klar, ob alle Daten wiederhergestellt werden können. Außerdem sei heikel, dass die Daten ausgerechnet dann gelöscht wurden, als bekannt wurde, dass es einen zweiten NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag geben soll, sagte Matthias Fischbach, FDP-Mitglied im zweiten NSU-Untersuchungsausschuss. "Dieses hochsensible Thema verlangt es nun aber immer noch, dass der Untersuchungsausschuss die Umstände und Verantwortlichkeiten genauer aufklärt. Dazu werden auch Zeugenbefragungen nötig sein", so Fischbach weiter.
Der sicherheitspolitische Sprecher der AfD-Fraktion im Landtag, Richard Graupner, sprach von einem weiteren "Skandal in einer langen Reihe von Unzulänglichkeiten und Ungereimtheiten." Er befürchte, dass die Aufklärung des NSU-Komplexes im Untersuchungsausschuss nachhaltig erschwert werde. "Das Vertrauen der Bürger in die Sicherheitsbehörden wird durch derartige Vorfälle erschüttert. Angesichts diverser Fälle von Daten- und Aktenvernichtungen glauben viele Beobachter kaum noch an Zufall", so Graupner.
Aktenvernichtung durch den Verfassungsschutz
Im Zuge der Aufarbeitung des NSU-Komplexes war in der Vergangenheit bekannt geworden, dass Geheimdienste und Polizei in ganz Deutschland hunderte Akten geschreddert hatten. Teilweise war das erwiesenermaßen geschehen, um Vorgänge rund um den Nationalsozialistischen Untergrund zu vertuschen.
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