Freie Plätze im Biergarten, und trotzdem heißt es: Entschuldigung, Sie müssen leider wieder gehen. Der Grund ist fehlendes Service- und Küchenpersonal. Das ist im Lockdown in andere Branchen abgewandert. Gaststätten und Biergärten können ihre Lokale deshalb nicht so lange öffnen, wie sie gerne möchten.
Landgasthof führt zweiten Ruhetag ein
Karl Kirschner betreibt einen Landgasthof nahe Ansbach. Er bräuchte fünf bis sechs Mini-Jobber, damit er seinen normalen Betrieb aufrecht erhalten kann, denn zum normalen Betrieb im Sommer kommen viele Familienfeste und Hochzeiten. Weil er das Personal, das er noch hat, schonen will, hat er einen zweiten Ruhetag eingeführt. Mittagessen kann man bei ihm außerdem nur noch am Wochenende.
Viele Gaststätten sind am Mittag geschlossen
Es ist kein Einzelfall, dass Gastronomiebetriebe wegen fehlender Servicekräfte mittags nicht mehr geöffnet haben, bestätigt Christian Unbehauen, Kreisvorsitzender im Bayerischen Hotel- und Gaststättenverband Dehoga im Landkreis Ansbach. Er betreibt selbst ein Restaurant mit Hotel und öffnet tagsüber nur seine halbe Terrasse, weil er zu wenige Servicekräfte hat. Zu einem gewissen Grad habe er Verständnis, dass sich seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihren Lebensunterhalt sichern müssen, "aber die kommen natürlich nicht mehr zurück", so Unbehauen.
Im Lockdown in andere Bereiche abgewandert
Laut Unbehauen hat die Industrie mit Werbung gezielt Servicepersonal im Lockdown abgeworben. Bedienungen, Köche und Küchenhelfer seien, neben der Industrie, auch im Einzelhandel untergekommen. Stammpersonal hat der Gastronom zwar teilweise halten und beschäftigen können. Dennoch hätten seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Einnahmen aus Trinkgeldern gefehlt, weil er über Monate nur Essen zum Mitnehmen anbieten konnte.
Der Personalmangel in Gastronomiebetrieben spitzt sich immer weiter zu.
Große Feiern sind Herausforderung
Der Ansbacher Gastronom Jens Blank hatte Glück: Er hat gerade noch genug Leute. Allerdings ist der Großteil seines Service-Teams neu. Da viele Hochzeiten oder große Feiern nachgeholt werden, stellt das ihn und sein Team vor eine große Herausforderung. "Es ist spannend", bestätigt er. Gleichzeitig sind seiner Meinung nach die Ansprüche der Gäste gestiegen. Natürlich vor allem im Bereich Hygiene und den Coronaregeln.
Personalmangel nicht nur wegen Corona
Fehlendes Service- und auch Küchenpersonal ist in der Gastronomie nicht neu, das räumen alle drei Gastronomen ein. Allerdings habe sich die Situation im Lockdown zugespitzt. Ein Grund für den Personalmangel schon vor Corona ist nach Ansicht von Laura Schimmel von der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) in Mittelfranken klar: Hotellerie und Gastronomie zählen zum Niedriglohnsektor. Auch langjähriges Servicepersonal hatte laut Laura Schimmel im Lockdown Zeit abzuwägen, ob Arbeitsbedingungen und Löhne zusammenpassen. "Da ist bei manchen Leuten dann irgendwann das Fass voll, und das ist offensichtlich jetzt passiert", meint die Gewerkschafterin.
NGG: Tarifgebundene Löhne und Schutzschirm als Lösung?
Eine Lösung wären aus Schimmels Sicht tarifgebundene Löhne und ein Schutzschirm für Mini- und Midi-Jobber. Dieser Schutzschirm könnte im Fall eines weiteren Lockdowns finanzielle Unterstützung bieten. Steigende Löhne bedeuten aber auch höhere Preise, und die müssen die Gäste wiederum akzeptieren. Gastronomiebetriebe fürchten jedoch , dass die Gäste eher wegbleiben als mehr zu zahlen. Ein Teufelskreis.
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