Corinna Duhr und Isabell Möhrenschlager bei der Arbeit als Klinikclowns
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Corinna Duhr und Isabell Möhrenschlager bei der Arbeit als Klinikclowns

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Lachen als Medizin: 25 Jahre Klinikclowns in Bayern

1998 traten im Haunerschen Kinderspital in München zum ersten Mal zwei Klinikclowns auf. Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten: Mittlerweile sind 70 Clowns in ganz Bayern unterwegs, um Kindern im Krankenhaus ein Lachen ins Gesicht zu zaubern.

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

Es ist kurz vor 14 Uhr als Corinna Duhr und Isabel Möhrenschlager sich die rote Nase anstecken und damit den beiden Clowninnen "Dr. Mücke Mücke" und "Ilsebill" Leben einhauchen. Jeden Mittwochnachmittag sind die Klinikclowns auf der chirurgischen Station der Haunerschen Kinderklinik unterwegs.

1998 traten dort zum ersten Mal zwei Klinikclowns in Bayern vor ihr kleines Publikum. Das Lachen und die staunenden Kinderaugen die ihr Premieren-Auftritt hervorrief, ebnete den Clowinnen und Clowns rasch den Weg in andere Krankenhäuser.

Bunte Abwechslung im tristen Klinikalltag

Kaum sind Duhl und Möhrenschlager in der Station angekommen, erhöht sich die Lautstärke hörbar. Luftballons werden zu Hunden geformt, bunte Tücher werden durch die Luft jongliert und Clownsnasen werden verteilt. Dazwischen ist befreiendes Kinderlachen zu hören. Andere schauen dem Treiben auf der Station mit einem Grinsen zu oder genießen einfach nur die Abwechslung.

So schnell wie an diesem Nachmittag geht es aber nicht immer. Corinna Duhr erinnert sich an einen jungen Langzeitpatienten, bei dem es Monate dauerte, bis die Clowns in die Nähe seines Bettes durften. Immer wenn die Duhr und ihr damaliger Kollege an der Zimmertür erschienen, erklang ein entschiedenes "Nein" aus dem Kinderbett. Es dauerte Wochen, bis die Klinikclowns auch nur einen Fuß ins Zimmer setzen durften.

Auch dafür sind Clowns da: Endlich mal "nein" sagen

Jede Woche arbeiteten sie sich Meter für Meter näher an das Bett, bis wieder das entschiedene "nein" des Kindes erklang. "Das war für den Jungen ein wahnsinnig wichtiges Spiel" erinnert sich Duhr mit einem Lachen im Gesicht. "Der Junge musste zu jeder Therapie, zu jeder Spritze "ja" sagen und es war so toll zu sehen, wie sehr er es genoss, zu jemandem endlich "nein" sagen, etwas selbst bestimmen zu dürfen. Nach rund zwei Monaten durften die Klinikclowns dann in das Zimmer.

Assistenzärztin kam auf die Idee

Astrid Simader, die in der Haunerschen Kinderklinik das Kulturprogramm gestaltet, organisierte 1998 den ersten Auftritt der Clowns auf der chirurgischen Station. Eine junge Assistenzärztin habe dazu den Anstoß gegeben, erinnert sie sich. Simader kontaktierte den damals gerade frisch gegründeten Verein "Klinikclowns Bayern". So wurde aus der Idee Wirklichkeit.

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Seifenblasen, Luftballons und bunte Tücher heben die Stimmung auf der Station

In all den Jahren, die seit dem ersten Auftritt vergangen sind, ist Simader besonders ein verstorbenes Mädchen in Erinnerung geblieben, das sich immer wahnsinnig auf den Besuch der Klinikclowns gefreut habe. Auch die Mutter, mit der Simader immer noch in Kontakt ist, erinnere sich bei jedem Gespräch immer an das Lachen ihres verstorbenen Kindes. "Das hat für mich so einen bewegenden Eindruck hinterlassen, dass ich davon immer noch Gänsehaut bekomme, wenn ich diese Geschichte erzähle", sagt Simader und man merkt, wie nah ihr diese Erinnerung noch geht.

Es gibt kaum einen, der nicht auf die Clowns reagiert

Aber nicht nur kleine Kinder sind Fans der Clowns. Auch 17- oder 18-Jährige, die manchmal aus bestimmten Gründen im Kinderkrankenhaus behandelt werden, genießen teilweise die Auftritte der Klinikclowns, erzählt Isabel Möhrenschlager alias Clownin "Ilsebill". Einmal seien sie in ein Zimmer gestolpert in dem zwei Jungs im Teenageralter lagen. Die beiden hatten gerade Besuch von ihren Müttern und trotzdem ergab sich eine ziemlich witzige Stimmung, "weil die eben auch ein bisschen Abwechslung gut gebrauchen konnten" .

Die Idee kam ursprünglich aus Wien

Die Auftritte der mittlerweile 70 Clowns werden in ganz Bayern vom Verein "Klinikclowns Bayern" koordiniert. Elisabeth Makepeace gründete den Verein zufälligerweise kurz vor dem ersten Auftritt der Clowns in der Haunerschen.

Makepeace kannte das Konzept aus Wien und war sehr verwundert, als sie feststellte, dass es in Bayern kein ähnliches Projekt gab. Also gründete sie schnurstracks den Verein "Klinikclowns Bayern". Makepeace hatte die richtige Idee zum richtigen Moment, denn nur kurz nachdem der Verein eingetragen war, meldete sich Astrid Simader von der Haunerschen Kinderklinik mit der ersten Anfrage. Mittlerweile treten die Klinikclowns in 108 Einrichtungen in ganz Bayern auf.

Aus anfänglich zwei Clowns wurden 70

"Nie hätten wir mit so einem Erfolg gerechnet", erzählt Elisabeth Makepeace. Mittlerweile sind die Clowns nicht nur in Kinderkrankenhäusern aktiv, sondern auch auf Palliativstationen und Hospizen. Aus den anfänglichen zwei Clowns sind nun 70 geworden, die von Aschaffenburg und Coburg, bis runter nach Traunstein und Garmisch aktiv sind. Ihre Arbeit wird nur durch Spenden finanziert und davon könne man nie genug haben, so Makepeace.

Auch einer der besten Kinderchirurgen Deutschlands will auf die Klinikclowns nicht mehr verzichten. Professor Dr. Oliver Muensterer leitet die Chirurgie in der Haunerschen und stellt immer wieder fest, dass sich Kinder leichter untersuchen lassen, wenn sie von den Clowns abgelenkt werden. Außerdem lockern sie den tristen Klinikalltag auf, so Muensterer und darüber seien auch die Pflegenden und Ärzte froh. Deswegen sind Klinikclowns in der Haunerschen auch einmal im Monat bei der Chefvisite des Professors dabei.

 Seit 25 Jahren versuchen die Klinikclowns, Zuversicht zu geben - und ein Lächeln
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Seit 25 Jahren versuchen die Klinikclowns, Zuversicht zu geben - und ein Lächeln.

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