In Oberbayern ist die Gesamtzahl der Straftaten 2022 im Vergleich zum letzten Vor-Corona-Jahr 2019 leicht gesunken. Das geht aus den veröffentlichten Kriminalstatistiken der Polizeipräsidien in Ingolstadt und Rosenheim hervor. Wie schon in den vergangenen Jahren gilt: Wer in Oberbayern lebt, hat ein niedrigeres Risiko, Opfer einer Straftat zu werden als im Landesdurchschnitt.
In nördlichen Oberbayern ist die Zahl der Straftaten (ohne ausländerrechtliche Verstöße) von 56.280 im Jahr 2019 auf 55.724 gesunken (Minus ein Prozent), im südlichen Oberbayern im selben Zeitraum von 48.155 auf 46.926 (Minus 2,5 Prozent). Zum Vergleich: In Bayern ging die Zahl um 1,2 Prozent zurück. Der Trend zeigt also in dieselbe Richtung.
Weniger Verbrechen, höhere Aufklärungsquote
Die Kriminalitätsbelastung in Oberbayern (ohne München Stadt und Landkreis) liegt abermals mehr als 15 Prozent unter dem Landesdurchschnitt. Während die Statistik für Bayern 4.260 Straftaten je 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner ausweist, sind es im südlichen Oberbayern nur 3.626 und im nördlichen Oberbayern sogar nur 3.513. Gleichzeitig ist die Aufklärungsquote im Regierungsbezirk höher (Obb. Nord: 65,5 Prozent, Obb. Süd: 68,5 Prozent, Bayern: 64,4 Prozent).
- Zum Artikel: Kriminalität in Bayern: Die wichtigsten Zahlen 2022
Schockanrufe steigen
Als besonders problematisch wird im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord (Landkreise zwischen Eichstätt und Landsberg am Lech beziehungsweise Ebersberg) die Entwicklung bei der Betrugsmasche der sogenannten Schockanrufe gesehen. Dabei täuschen die Täter am Telefon die Notlage eines nahen Verwandten vor, um die gutgläubigen, häufig älteren Opfer zur Zahlung von hohen Bargeldsummen, alternativ zur Herausgabe von wertvollem Schmuck oder Gold zu drängen. 2022 nutzten die Betrüger vermehrt Messengerdienste wie WhatsApp statt des Telefons. Mehr als 7.500 Anzeigen gingen diesbezüglich (Telefon und WhatsApp) vergangenes Jahr bei der Polizei im nördlichen Oberbayern ein, mehr als doppelt so viele wie 2021. Leider fiel auch die Beute mit 4,6 Millionen Euro deutlich höher aus (Plus 800.000 Euro).
Mehr Vergewaltigungen
Sorgen bereitet dem Polizeipräsidium in Ingolstadt der Anstieg der Fallzahlen bei Vergewaltigungen und besonders schweren sexuellen Nötigungen. Hier wurde 2022 mit 183 angezeigten Straftaten ein Höchststand erreicht (2021: 145). Dabei gilt der langfristig steigende Trend bei den Vergewaltigungen ausschließlich Taten im privaten Bereich. In den allermeisten Fällen (knapp 80 Prozent) war das Opfer mit dem Täter verwandt, befreundet oder bekannt.
Oberbayern Süd: Gestiegene Online-Kriminalität
Im Gegensatz zu Ingolstadt (minus 7,5 Prozent) beklagt das Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim einen starken Anstieg der Fallzahlen im Bereich der Internetkriminalität um plus 25 Prozent. (2022: 2.110 Anzeigen, 2021: 1687). In den Bereich fallen typischerweise Betrugsdelikte im Zusammenhang mit Online-Shops oder Online-Auktionen. Die Schadenszahlen sind regelrecht explodiert: Von 1,7 Millionen Euro 2021 auf 8,4 Millionen im letzten Jahr.
350 mal Alarm für alpine Einsatzgruppen
Als Besonderheit in der Kriminalstatistik weist das für das südliche Oberbayern (Landkreise zwischen Mühldorf, Garmisch-Partenkirchen und Berchtesgadener Land) zuständige Polizeipräsidium in Rosenheim auch noch die Einsatzzahlen der drei Alpinen Einsatzgruppen aus. 2022 starben in den bayerischen Bergen 47 Menschen bei Unfällen, acht weniger als 2021. Dafür verletzten sich mit 122 Personen deutlich mehr als das Jahr davor (2021: 85). Die Spezialeinheiten mussten von ihren Standorten Traunstein, Rosenheim und Weilheim zu 350 Einsätzen ausrücken (2021: 277).
München bundesweit sicherste Großstadt
Die Landeshauptstadt verzeichnete 2022 deutlich weniger Straftaten als im letzten Vor-Corona-Jahr 2019 und behauptet damit im bundesweiten Vergleich den ersten Platz im Sicherheitsranking der deutschen Großstädte. Das geht aus der Kriminalstatistik des Polizeipräsidiums München hervor.
Polizeipräsident Thomas Hampel zeigte sich am Freitag (17.03.) über die Gesamtbilanz des Sicherheitsreports "sehr zufrieden und stolz". Gemessen an der Häufigkeitszahl (Delikte je 100.000 Personen) sank die Zahl der Straftaten in München (Stadt und Landkreis) im Vergleich zu 2019 um 7,1 Prozent auf 4.951 (2019: 5.331) und damit deutlich stärker als im bayernweiten Duchschnitt (Minus 1,9 Prozent). Unter den deutschen Großstädten (über 200.000 Einwohner) behauptet München wieder den ersten Platz, zum 47. Mal in Folge. In den anderen Millionenmetropolen (Berlin, Hamburg, Köln) ist die Kriminalitätsbelastung etwa doppelt so hoch.
Großereignisse waren personalintensiv
Das Jahr 2022 war für die Münchner Polizei sehr einsatzintensiv. Die Zahl der betreuten Veranstaltungen und Versammlungen nahm um 70 Prozent gegenüber 2021 zu. Großereignisse wie das 187. Oktoberfest, der G7-Gipfel auf Schloss Elmau, die 58. Münchner Sicherheitskonferenz und die European Championships erforderten viel Personal. Die Zahl der aufgelaufenen Überstunden habe deshalb mit 700.000 einen Höchststand erreicht, so Polizeipräsident Hampel, das seien rund ein Viertel mehr als im Vorjahr. Eine große Stellschraube, die Belastungen für die über 6.000 Beschäftigten beim Polizeipräsidium München zu reduzieren, gibt es nach seinen Worten nicht.
Gestiegene Gewalt: Ein Drittel der Täter unter 18 Jahre
Sorgen bereitet der Münchner Polizei die Entwicklung im Bereich der Gewaltkriminalität, in dem die Fallzahlen 2022 im Vergleich zum Vorjahr um knapp ein Drittel angestiegen sind (Plus 29 Prozent). Besonders schwerwiegend: Schwere und gefährliche Körperverletzungen haben daran einen großen Anteil (etwa dreiviertel). Und: Ein Drittel der Tatverdächtigen sind Kinder und Jugendliche. Hier will die Münchner Polizei mit einem Maßnahmenbündel, u.a. den Einsatz von Jugendbeamtinnen und -beamten, stärkerer Präsenz und Prävention sowie einer intensiven Zusammenarbeit mit städtischen Behörden eine Trendwende erreichen.
Die Zahl der versuchten und vollendeten Tötungsdelikte ging 2022 auf 37 zurück (2021: 46). Nur ein einziger Fall konnte bislang nicht aufgeklärt werden, in den übrigen 36 Fällen wurden Tatverdächtige ermittelt, zumeist Männer.
Weniger "falsche Polizisten", aber acht Millionen kassiert
Im Verbrechensbereich des Callcenter- und Trickbetrugs gab es unterschiedliche Entwicklungen. Die Straftaten nach der Masche "Falsche Polizisten" gingen deutlich zurück (Minus 13,6 Prozent). Der Grund: Im Herbst wurde in der Türkei eine große Bande zerschlagen, die von dort aus agiert hatte. Über 30 Millionen Euro Vermögenswerte sind bei der Razzia beschlagnahmt worden. Das sei ein "ganz wichtiger Schlag" gewesen, so Hampel.
Die sogenannten Schockanrufe haben dagegen dramatisch zugenommen (Plus 60 Prozent), im Vergleich zu 2019 haben sich die Zahlen mit 593 Anzeigen sogar verdoppelt. Bei der Masche überreden die Täter ihre Opfer wegen der angeblichen Notlage eines nahen Angehörigen zur Zahlung einer hohen Bargeldsumme oder der Übergabe von Wertgegenständen wie Schmuck oder Geld. Nach Erkenntnissen der Polizei sitzen die verantwortlichen Täterbanden ,meist in Osteuropa.
Über alle Callcenter-Betrugsarten hinweg (falsche Polizisten, Schockanrufe, u.a.) erbeuteten die Täter mehr als acht Millionen Euro von ihren Opfern, mehr als eineinhalb Mal so viel wie 2021 (Plus 167,9 Prozent).
Halb so viele Einbrüche wie 2019
Wenig überraschend aus Polizeisicht haben sich die Zahlen bei den Wohnungseinbruchsdiebstählen entwickelt. Nach dem Wegfall von Ausgangssperren und anderen Beschränkungen durch die Corona-Pandemie gab es hier 2022 einen Zuwachs von einem Drittel im Vergleich zu 2021. Mit 553 Einbrüchen liegt die Zahl aber um die Hälfte unter dem Niveau von 2019, also vor Corona.
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