Im Medizinischen Versorgungszentrum Dr. Renard & Kollegen im Nürnberger Stadtteil Neukatzwang klingelt das Telefon derzeit ununterbrochen. Täglich melden sich dort 30 bis 50 Menschen und bitten um eine Krankmeldung, erzählt die medizinische Fachangestellte Nadine Böhm. Die meisten von ihnen litten unter Halsschmerzen, Husten oder grippeähnlichen Symptomen, erzählt sie. Es seien viele, doch im Vergleich zur Zeit vor ein paar Monaten seien die Krankmeldungen schon weniger geworden.
Ärztin: Krankheitswelle kein Grund zur Panik
Die Allgemeinmedizinerin Charlotte Kinateder vermutet, dass es sich bei der aktuellen Krankheitswelle um eine Mischung aus Covid-Erkrankungen, RS-Viren, Influenza und weiteren Erkältungsviren handelt. Trotz der hohen Anzahl an Krankmeldungen gebe es aber keinen Grund zur Besorgnis, meint sie, da Anfang März immer noch eine typische Erkältungszeit sei.
Corona-Infektionen bleiben so oft unentdeckt
Ob die Erkrankten Corona haben oder nicht, bleibe in vielen Fällen ungeklärt, betont Allgemeinmedizinerin Charlotte Kinateder. Zumal sich viele Patienten per Telefon krankschreiben lassen und gar nicht in die Praxis kommen. "Die Symptome sind halt diffus, da kann man auf den ersten Blick einen grippalen Infekt nicht von einer Covid-Infektion unterscheiden. Und wenn sich jemand nicht testen will, dann kann man denjenigen auch nicht dazu zwingen", so Kinateder. Um Sicherheit zu haben, müsste man aber auf die genannten Erreger testen, so die Ärztin.
Es wird viel weniger getestet
Doch das mit dem Testen ist nicht mehr so einfach wie es noch vor wenigen Tagen war oder gar zur Corona-Hochzeit. Denn: Seit 1. März gelten neue Regeln. Fast alle Corona-Schutzmaßnahmen sind gefallen. Für Arztpraxen bedeutet das: "Aktuell dürfen wir keine Tests mehr anbieten. [...] Die Patienten müssen sich in der Apotheke oder im Supermarkt selbst einen Test kaufen und den zuhause dann selbstständig durchführen“, sagt die medizinische Fachangestellte Stephanie Harz. Vielen Patientinnen und Patienten sei das zu umständlich oder zu aufwändig.
Gesundheitsministerium: Keine Zahlen zu Infektionen
Weil weniger bis gar nicht mehr getestet wird, fehlt es auch an belastbaren Zahlen zu Corona- oder anderweitigen Infektionen. Das räumt auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) auf BR24-Anfrage ein. "Nachdem ja jetzt die Testverpflichtungen des Bundes ab 1. März entfallen, können wir davon ausgehen, dass tatsächlich die Dunkelziffer noch höher ist. Es lässt sich, glaube ich, nicht mehr auf genaue Zahlen fixieren", sagte er. Trotzdem verteidigt der Gesundheitsminister das Wegfallen von Test- und Maskenpflicht und verweist darauf, dass aktuell eben noch Erkältungszeit sei.
Ärztin rät zu mehr Vorsicht
Allgemeinärztin Charlotte Kinateder bewertet die Lage dagegen aus medizinischer Sicht. Sie hält es für falsch, dass die Schutzmaßnahmen so umfassend gelockert wurden. Sie plädiert dafür, das Tragen von Masken in öffentlichen Räumen und Verkehrsmitteln wieder zu empfehlen, "weil einfach die Infektionsgefahr dadurch deutlich gemindert ist". Außerdem appelliert sie: Wer sich krank fühle, solle zuhause bleiben. Charlotte Kinateder bittet alle Kranken darum, Rücksicht auf andere zu nehmen. "Ich glaube einfach, dass wir die Erkrankungswellen zumindest eindämmen könnten, wenn sich alle – oder zumindest der Großteil – an die Hygienemaßnahmen hält.
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