Der Verband "Klinik Kompetenz Bayern", kurz KKB, äußert sich nur selten politisch. Aber jetzt, angesichts der von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) angestrebten Krankenhausreform, meldet sich die Vereinigung zu Wort.
Die KKB mit Sitz im mittelfränkischen Weißenburg vertritt 60 überwiegend kommunale Kliniken im Freistaat. Auch ein paar kirchliche Krankenhäuser sind darunter. In erster Linie versteht sich die KKB als Dienstleister für ihre Mitgliedskliniken. Etwa, wenn es darum geht, neue Rechtsvorschriften in die Praxis umzusetzen oder kostengünstig medizinische Produkte einzukaufen. In der aktuell angespannten wirtschaftlichen Lage geht es auch um politische Interessenvertretung. Insgesamt gibt es in Bayern rund 400 Krankenhäuser.
"Krankenhausreform dringend nötig, aber mit anderem Zuschnitt"
Der Geschäftsführer der KKB, Benjamin Stollreiter, sagt im Gespräch mit BR24, eine Reform zur soliden Finanzierung der Krankenhäuser sei dringend notwendig. Sie müsse jedoch anders zugeschnitten werden als es der bisherige Entwurf der Regierungskommission ist. Und KKB-Vorstand Manfred Wendl urteilt: "Die Herangehensweise ist nach wie vor aus meiner Sicht falsch." Die von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach eingesetzte Kommission erntet seit der Veröffentlichung ihres Entwurfs viel Kritik. Insbesondere der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) lässt kaum ein gutes Haar am ersten Eckpunktepapier.
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Vorhalteleistungen für Klinikbetrieb reichen nicht aus
In dem Papier finden sich durchaus weitreichende Veränderungen: So soll die Fallpauschale, die Behandlungen nach Krankheitsarten abrechnet, weitgehend wegfallen. Dafür sollen Vorhalteleistungen eingeführt werden, die die Fixkosten der Kliniken absichern. Manfred Wendl, einer der Vorstände der KKB, begrüßt die Idee der Vorhalteleistungen. Sie seien aber nicht ausreichend, um den Grundbetrieb einer Klinik aufrecht zu erhalten, bemängelt er. Da helfe es auch nicht, dass das Pflegebudget seit 2020 ausgegliedert und weitgehend staatlich finanziert ist, meint Wendls Vorstandskollege Martin Rederer.
"Auch größere Krankenhäuser rutschen ins Minus"
Im KKB-Verband gebe es immer mehr Kliniken, die vor finanziellen Herausforderungen stünden, berichtet Riederer, der auch Manager der Kreisklinik Wörth an der Donau ist. Seien in den vergangenen Jahren vor allem kleinere und mittlere Krankenhäuser stärker von Defiziten betroffen gewesen, treffe es inzwischen auch größere Häuser. "Das ist vollkommen trägerunabhängig. Wir haben auch große Kliniken, die vor zwei Jahren Plus hatten und jetzt in zweistellige Millionenbeträge Minus reinrutschen", so Rederer.
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Räumliche Nähe für medizinische Grundversorgung wichtig
Eine Reform der Krankenhausfinanzen ist also wichtig, ist man sich bei der KKB einig. Doch statt eine Reformstruktur vom Expertentisch aus vorgeben zu wollen, sollte man Veränderungspläne besser vom Bedarf vor Ort her denken, meint Verbandsgeschäftsführer Stollreiter. Dann würde deutlich, dass es bestimmte medizinische Fachabteilungen gibt, die für Patientinnen und Patienten im Ernstfall schnell genug erreichbar sein müssen. Doch würden die von der Regierungskommission vorgesehenen Grundversorgungskliniken nur noch ambulant-stationär arbeiten und in vielen Fällen auch keine Notfallversorgung vorhalten. Dann nämlich, wenn kleine Land-Krankenhäuser als Grundversorgungsklinik im sogenannten "Level 1i" eingestuft würden, kritisiert Wendl.
"Man muss ganz klar sagen, 1i sind keine Krankenhäuser mehr, auch wenn Krankenhaus draufsteht. Denn es wird dort vor Ort keine medizinische Versorgung rund um die Uhr geboten werden und sowie die Finanzierung ausgestaltet ist, werden diese Level 1i-Krankenhäuser nach unserer Auffassung auch nicht betrieben werden können." Manfred Wendl, KKB-Vorstand
Ob Notaufnahme, Entbindungsstation oder Fachversorgung bei Herzkrankheiten und Schlaganfällen – sie alle wären nur in sogenannten Level 2-Kliniken garantiert. Doch nach einem Gutachten des bayerischen Gesundheitsministeriums würden im Freistaat insgesamt gerade noch knapp 100 Krankenhäuser diese Versorgung anbieten. Wendls Vorstandskollege Martin Rederer fordert, dass dort, "wo die Expertise da ist bei den jetzigen Grund- und Regelversorgern" sie an den jeweiligen Kliniken bleiben kann. Es müsse hier vor allem darum gehen, "dass der Qualität gefolgt wird", so Rederer.
KKB-Vorwurf: "Riesen-Lücke" bei Krankenhaus-Investitionen
Die KKB-Vorstände mahnen Nachbesserungen am Reformentwurf nicht nur von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach an, sondern auch von Bayerns Minister Klaus Holetschek. Und zwar, wenn es um Zuschüsse für Investitionen in Kliniken geht. So fordert Manfred Wendl, der auch Chef des Klinikums Amberg ist: Eine Klinik, die im Krankenhausplan des Freistaats Bayern als bedarfsnotwendig eingestuft ist, müsse die dafür notwendigen Investitionsleistungen auch in voller Höhe bezuschusst bekommen. Das aber sei seit Jahren nicht der Fall, erklärt KKB-Geschäftsführer Stollreiter. Der Freistaat würde nur halb so viel Investitionsgelder zahlen wie laut bayerischem Krankenhausplan eigentlich vorgesehen. KKB-Mann Rederer nennt das ein "Riesen-Gap", eine riesige Lücke.
Bayerisches Gesundheitsministerium: "Wir zahlen vorbildlich"
Das bayerische Gesundheitsministerium teilt dazu auf BR-Anfrage mit, es gebe keine auf den Umsatz bezogenen Kennwerte für staatliche Investitionszahlungen. Der Freistaat erfülle seine Finanzierungsverpflichtung "seit jeher – gemeinsam mit den Kommunen – vorbildlich". Alle dringlichen Bauprojekte der Krankenhäuser in Bayern würden vom Freistaat "zeitgerecht finanziert".
Wendl: "Ohne schnelles Hilfspaket erleben viele Kliniken die Reform nicht mehr"
Derweil drückt die Finanznot die Kliniken immer mehr. "Wir müssen die nächsten zwei Jahre überleben", sagt KKB-Vorstand Wendl. Er meint nicht den Verband, den er vertritt, sondern "die Kliniken". Denn vor allem die Inflation, hohe Energiepreise und der Wegfall der Corona-Ausgleichszahlungen machen den Krankenhäusern zu schaffen, sagt Wendl und fordert: "Wir brauchen ganz dringend ein Hilfspaket, weil sonst erleben viele Krankenhäuser diese Reform gar nicht."
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